Das Danish Dance Theatre Copenhagen riss mit seiner fulminanten Performance "Love Songs" beim Theaterring im Bad Kissinger Kurtheater das Publikum zu Beifallstürmen hin.
Atemlos waren am Ende nicht nur die Tänzer, sondern atemlos hinterließ das Danish Dance Theatre Copenhagen auch das Publikum im ausverkauften Bad Kissinger Kurtheater nach seiner fulminanten Performance zum Thema "Love Songs".
Seit die Truppe mit diesem Programm 2011 im Königlichen Theater Kopenhagen Premiere hatte, wurde sie in der Alten und Neuen Welt, aber auch bei einem Gastspiel in Peking und Shanghai mit diesem abendfüllenden Programm gefeiert.
Über eine Stunde lang sind die Tänzer fast ständig auf der Bühne, wenn sie nicht tanzen, sitzen sie auf einer langen Stuhlreihe im Hintergrund. Vor ihnen ist bei den Aufführungen zu Hause die Band der Jazz-Sängerin Caroline Henderson platziert, bei Gastspielauftritten kommen ihre Interpretationen eigener Kompositionen und des Repertoires klassischer Jazz-Tunes vom Band.
"Jazz ist an sich bereits ein kraftvolles Statement", stellt der Leiter und Hauschoreograph des "Dansk Danseteater", der mit vielen internationalen Preisen ausgezeichnete Brite Tim Rusthon, fest. Und die Musiker um Caroline Henderson mit ihrer festen und dennoch weich konturierten Stimme lösen dies ein mit überzeugenden Interpretationen von so unterschiedlichen Jazz-Klassikern wie Richard Rodgers' berühmtem "My Funny Valentine" bis zu James Sheltons "Lilac Wine" oder Dusty
Springfields "I'm gonna leave you".
Schon die Musikauswahl zeigt, dass es Rushton darum ging, in seiner hochkonzentrierten Zusammenstellung unzählige Facetten eines der Hauptthemen der Kunst überhaupt, der Liebe, darzustellen. Obwohl der Abend klar zweigeteilt ist, verträgt er keine Pause, denn der einmal entfachte Tanz ums Thema muss nahtlos weitergehen.
Allerdings gibt es einen Ruhepunkt etwa in der Hälfte, bei dem die Musik weiterspielt, die Tänzer auf die Vorderbühne kommen, wo sie ich von hinten beleuchtet als Schattenrisse ihrer Kleider entledigen - und die eigentlich gleichen Alltagsklamotten wieder anziehen.
Während im ersten Teil nur eine Art Sternenhimmel die Rückwand gibt, die Tänzer meist alle oder in größeren Gruppen tanzen, wird nun vor einer an Jazzlokale der 60-er Jahre erinnernden
Fläche aus unterschiedlich golden glänzenden runden Scheiben getanzt, von der sehnsüchtigen Romantik der jungen Liebe geht es zu real existierenden Paarbeziehungen, Pas-de-deux mit ihren jeweils unterschiedlichen Ausprägungen des menschlichen Zusammenseins. Da stolziert eine Aufmerksamkeit heischende aufgetakelte Blondine auf die Tanzfläche und löst den bislang still mit seiner Partnerin tanzenden jungen Mann von dieser, da blüht ein Mauerblümchen durch
die Zuwendung eines Tänzers auf, da gibt es heftige und zärtliche Begegnungen, aber da rennt auch mit hektisch-verzweifelten Bewegungen der unendlich biegsame Luca Marazia als Außenseiter immer wieder entgegen den Tanzbewegungen der anderen um die Paare und Einzeltänzer herum, zeigt seinen Sixpack, zieht sich aus, ständig auf der Suche nach einem männlichen Partner.
Die anderen finden sich auf viele unterschiedliche Weisen, trennen sich auch am Ende zu "I'm gonna leave you".
Ein witziges Zwischenspiel gibt es zu der kritischen Frage aus dem Lautsprecher: "Björn, was that a kiss?" Da sitzt "Björn" auf der Vorderbühne mit dem Rücken zum Publikum und erhält Unterweisung, wie das Küssen vorzubereiten und effektvoll auszuführen ist, die Truppe kommentiert, indem sie zum Teil genau das Gegenteil von dem tut, was da so
schön theoretisch geraten wird.
Die Compagnie aus Kopenhagen, die mit zwölf Tänzern den beschränkten Raum im Kurtheater fast zu sprengen drohte, zeigte mit dieser raschen Abfolge von ständig neuen Möglichkeiten menschlicher Liebesbeziehungen - das Kissinger Publikum musste sich kleine Pausen zum Applaudieren regelrecht erkämpfen - einen nicht selten an Akrobatik grenzenden wilden, aber immer schön und ungemein flüssig getanzten Reigen.
Keineswegs wurden die Songtexte da nur illustriert, vielmehr zeigte Tim Rushton mit aufmerksam der Realität abgeschauter und in überzeugende Bewegungen aus dem Repertoire des Jazzballetts, des klassischen Balletts, des modernen Tanztheaters übertragener Präzision, wie im Kontext Liebe das Ruppige, das Sanfte, das Bizarre, die angeberische Anmache der jungen Kerle und die Schüchternheit der Novizinnen und Novizen nebeneinander ihren Platz haben.
Und eins ums
andere Mal staunte das Publikum, wie beweglich, wie konzentriert, wie präzise da mit teils enormer Geschwindigkeit und fast mühelos scheinender Beherrschung schwierigster Bewegungen getanzt wurde. Ein Parforce-Ritt, der die Zuschauer mitriss und schon beim Zwischenapplaus, vor allem aber am Ende mit vielen Bravorufen und langen Ovationen mit rhythmischem Klatschen gefeiert wurde.