Unter Drogen geriet ein Senior in eine Verkehrskontrolle. Im Kofferraum weitere Cannabis-Produkte. Jetzt stand er vor Gericht.
Er hat zwar ein Zimmer in Berlin, aber er ist viel unterwegs, besucht oft Freunde in Frankreich und reist durch ganz Europa. Vor fast genau 50 Jahren hat er seinen Führerschein gemacht, fuhr stets unfallfrei, doch bald wird er ihn für einen Monat abgeben müssen. Denn der 67-Jährige, der wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz vor dem Kissinger Amtsrichter stand, muss insgesamt 5900 Euro Strafe bezahlen, plus die Kosten des Verfahrens und bekommt ein Fahrverbot.
Der Lehrer, der Anfang letzten Jahres in Ruhestand ging, war kurz vor Weihnachten 2018 in Hammelburg in eine Verkehrskontrolle geraten. Als die Polizisten die Fahrertür öffneten, strömte ihnen der Geruch von Marihuana entgegen. Er sei kooperativ gewesen und habe keine großen Ausfallerscheinungen gehabt, auch die Sprache sei deutlich gewesen, erinnerte sich der Polizeibeamte in seiner Zeugenaussage.
Kooperativ war der 67-Jährige auch jetzt vor Gericht und das sprach für Richter Reinhard Oberndorfer am Ende auch unter anderem für den Angeklagten. Zudem habe er den Grenzwert mit 56,8 Gramm Canabis-Produkten nur leicht überschritten, wie die Gutachten zeigten, die der Grund dafür waren, dass sich die Verhandlung so lange verzögert hatte.
Und der gebürtige Heidelberger konnte auch glaubhaft versichern, dass er keinen Handel mit den Drogen getrieben hat, sondern diese nur für den Eigenkonsum und "als Weihnachtsgeschenk für eine Freundin" waren. Er habe früher viel Sport getrieben, sich als Handball-Torwart die Hüften kaputt gemacht. Das führte immer mehr zu gesundheitlichen Problemen. Vor rund acht Jahren bekam der 67-Jährige dann zwei künstliche Hüftgelenke, hatte aber durch die jahrelange Fehlhaltung massive Rückenschmerzen. "Ich habe starke Schmerzmittel genommen, bis mir ein Freund vor drei oder vier Jahren Cannabis empfohlen hat", erzählte der Angeklagte vor Gericht.
Neue Rechtslage
Das habe er ausprobiert, konnte seine Schmerzmittel reduzieren und schließlich ganz darauf verzichten. Und auch seine Übungen konnte er wieder machen. Damals habe er mehr oder weniger regelmäßig Cannabis genommen. Darüber wie er an die Drogen gekommen ist, schwieg der Senior. "Heute wäre das nicht mehr notwendig, heute könnte man es sich verschreiben lassen, da hat sich ja die Rechtslage zum Glück geändert", so der 67-Jährige.
Das gefundene Öl sei ein Experiment seines Händlers gewesen. Das konnte man inhalieren , in der Hoffnung, damit den Körper nicht zu schädigen, aber "das Zeug war ungenießbar", versicherte der Angeklagte. Als er auch die negativen Nebenwirkungen des Cannabis-Konsums erfuhr, wie zum Beispiel seine Vergesslichkeit, habe er aufgehört. "Seit über einem halben Jahr konsumiere ich nichts mehr und bin trotzdem weitestgehend schmerzfrei", sagte er aus.
Nach Marihuana habe es damals gerochen, weil er von Bad Neustadt bis Hammelburg einen Tramper mitgenommen hatte, der sich einen Joint gedreht hat. "Und ich hab' blöderweise auch mal gezogen", gestand der Angeklagte in seiner Aussage. Bei der Kontrolle war der Tramper bereits ausgestiegen. Inzwischen sei er durchaus selbstkritisch. Er wisse, dass Drogenkonsum kein Heilmittel ist, aber "es hat mir damals geholfen, das Leben lebenswert zu machen", verteidigte sich der frischgebackene Opa vor Gericht.