Mindestlohn: Wertschätzung für Zusteller

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Detlef Liehr ist einer der vielen zuverlässigen Austräger der Saale-Zeitung. Foto: Benedikt Borst
Detlef Liehr ist einer der vielen zuverlässigen Austräger der Saale-Zeitung. Foto: Benedikt Borst
Detlef Liehr trägt seit Jahren die Saale-Zeitung, aber auch andere Tageszeitungen und Briefe für einen Logistikunternehmer aus. Foto: Benedikt Borst
Detlef Liehr trägt seit Jahren die Saale-Zeitung, aber auch andere Tageszeitungen und Briefe für einen Logistikunternehmer aus. Foto: Benedikt Borst
 
Liehr wirft eine Zeitung ein. Foto: Benedikt Borst
Liehr wirft eine Zeitung ein. Foto: Benedikt Borst
 
Im Kofferraum stehen Boxen mit täglich rund 250 Briefsendungen. Foto: Benedikt Borst
Im Kofferraum stehen Boxen mit täglich rund 250 Briefsendungen. Foto: Benedikt Borst
 

Ab Januar werden Zeitungsausträger anders bezahlt. Sie erhalten ab sofort ihr Geld nicht mehr pro Zeitung, sondern pro Stunde. Die Änderungen haben große Folgen für die deutschen Verlage.

Detlef Liehrs Arbeitstag beginnt um 2 Uhr in der Nacht und dauert bis zwölf Uhr mittags. Von Montag bis Samstag trägt der 59-Jährige Zeitungen in Garitz und in Bad Kissingen aus. "Du bist bei jedem Wetter unterwegs", sagt er. Bei Eisglätte, bei Schnee, Sturm und Hagel. "Die Zeitung wird immer im Sinne des Kunden zugestellt."
Bis sechs Uhr morgens ist er mit seinen Zustellbezirken fertig.
Darauf legt Liehr wert, denn die Leser sollen ihre Lektüre zum Frühstück lesen können. 330 Zeitungen verschiedener Titel - von der Saale-Zeitung über die Süddeutsche bis zur Bild - liegen dann in Zeitungsrollen und Briefkästen.

Als hauptberuflicher Zusteller ist Liehr noch für vier Briefbezirke zuständig und verteilt rund 250 Briefsendungen täglich. Sein Arbeitgeber, ein regionales zu einem Zeitungsverlag gehörendes Logistikunternehmen, setzt ihn außerdem als Nachlieferungsfahrer ein. Moniert beispielsweise ein Abonnent eine fehlende Zeitung, sorgt Liehr bis spätestens 12 Uhr mittags für Ersatz. "Das funktioniert alles super. Wir Zusteller liefern eine Top-Qualität", sagt er und schaut zum Beweis auf seine Uhr. "Bis um 10.30 Uhr hatte ich heute nur eine Nachlieferung. Das ist doch sehr gut."

Zuverdiener profitieren

Liehr ist einer der wenigen Zeitungszusteller, die die Arbeit hauptberuflich machen und ausschließlich damit ihren Lebensunterhalt bestreiten. Der Großteil der Austräger, etwa Hausfrauen und Rentner, ist im Niedriglohnsektor bis 450 Euro monatlich tätig, um sich etwas hinzuzuverdienen. Sie alle sollen vom Mindestlohn profitieren, der ab Januar in Kraft tritt.

"Ich bin für den Mindestlohn", sagt Liehr. Bislang wurden die Zusteller pro Zeitung bezahlt, ab Januar wird die Zeit erfasst, die sie unterwegs sind. Zustellbezirke sind unterschiedlich, erklärt er. Ein Austräger in der Stadt mit großen Wohnblocks hat in kürzerer Zeit mehr Zeitungen ausgetragen, als einer, der mehrere kleine Dörfer in der Rhön abfährt. "Ich finde die neue Regelung schon gerechter ", denkt er.

Für die Verlage und die Leser heißt die Einführung des Mindestlohns: Die Zeitung wird teurer, die Saale-Zeitung um etwa zehn Cent je Ausgabe. Den Mindestlohn einzuführen, ist "eine gute Entscheidung, weil einer großen Zahl von Menschen eine höhere Wertschätzung für die geleistete Arbeit zukommt", sagt Alexander Subat, Geschäftsführer der Kissinger Verlagsgesellschaft (KVG). Die Gesellschaft gehört zur Mediengruppe Oberfranken und steht hinter der Saale-Zeitung. "Für die Verlage in Deutschland bedeutet die Umstellung der Vergütung erhebliche finanzielle Belastungen, die wir zum Teil unseren Kunden weiter berechnen müssen", erklärt er die angekündigte Preiserhöhung.

Arbeit an der frischen Luft

Subat erwartet nicht, dass die Preissteigerung Leser verprellt. Er rechnet mit deren Akzeptanz, weil sich mehrere 100 Mitarbeiter für ein gutes Produkt einsetzen. "Die Leser unserer Zeitung erhalten einen hohen Gegenwert für ihr Abonnement. Unsere Inhalte haben hohe Relevanz für den Leser", sagt der KVG-Geschäftsführer.

Liehr persönlich findet seine Entlohnung bisher fair, er sei gut ausgekommen. "Ich persönlich mag die Arbeit und kann mir nichts besseres vorstellen." Er läuft Marathon und ist froh, an der frischen Luft zu sein. "Bei einem Bürojob und in der Industrie würde ich verrückt werden. Vor allem wenn dir die ganze Zeit der Meister auf die Finger schaut", meint er. Liehr genießt die Unabhängigkeit, die ihm die Arbeit bietet. Das gilt auch für die Uhrzeit: "Ich arbeite lieber nachts."


Hintergrund zum flächendeckenden Mindestlohn: