Menschen mit einer Behinderung haben es nicht leicht im Leben. Maximilian Jäger aus Bad Brückenau kämpft sich durch - und trainiert auf der Weltcup-Skipiste. Sein Ziel: Die Paralympics 2018 in Pyeongchon.
Was etwa bei 300 Schwangerschaften im Jahr in Deutschland passiert, das ist auch Barbara und Thomas Jäger aus Bad Brückenau wiederfahren. Ihr Ungeborenes erlitt aus unbekannten Gründen einen Schlaganfall im Mutterleib und kam schwerbehindert zur Welt. Erst mit zwei Jahren erlernte der kleine Maximilian mühsam das Laufen, denn seine gesamte lin ke Körperhälfte funktioniert nicht. Sie ist spastisch gelähmt.
Diese Behinderung bemerkt man heute aber erst bei genauem Hinsehen, denn Maximilian lebt Sport, mit eisernem Willen und Selbstdisziplin, ja seine ganze Familie lebt Sport für, wegen und mit "Maxi", wie er zumeist genannt wird. Der Junge hat ein großes Selbstbewusstsein - und Eltern, die sich nicht damit zufrieden gaben, ein gelähmtes Kind aufwachsen zu sehen.
Und so stand Maxi trotz Be hinderung bereits mit vier Jahren gemeinsam mit seinen sportlichen Eltern auf Skiern und bezwang die Abfahrt am Zuckerfeld in der Rhön. Der weitere sportliche Weg bis jetzt war aber nicht einfach. So gibt es nur wenige Sportarten, die für diese Art der Behinderung geeignet sind. Und es gibt noch weniger Trainer, die damit nicht überfordert sind und bereit sind, ihr Training auf seine Behinderung einzustellen.
Disziplin, Ehrgeiz und Motivation Derzeit betreibt Maximilian neben dem Skifahren noch Paracanouing, er hat schon beim Biathlon hineingeschnuppert und beim Golf, er fährt Mountainbike, geht Klettern und Joggen.
Aktuell ist er fast jedes Wochenende zum Kadertraining in den Alpen unterwegs. Dank seiner Zielstrebigkeit hat er hier große Fortschritte gemacht und zählt im Slalom und Riesenslalom in seiner Altersklasse zu den Besten in Deutschland. Mit seinen Leitlinien Disziplin, Ehrgeiz und Motivation ist seine Ambition keine geringere als die Teilnahme an den paralympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchong in Südkorea. "Vielleicht auch erst 2022", sagt Maxi selbstbewusst "aber dabei sein werde ich auf jeden Fall."
Olympisches Feeling durfte er bereits im vergangenen Winter schnuppern, als er zur bundesweiten Jugenddelegation der Pa ralympics in Sotchi gehörte. Er erlebte live den Olympiasieg von Anna Schaffelhuber, war beim Sledge-Eishockey dabei, die Abschlussfeier erlebte er auf der Medals-Plaza und beim Heimflug saß er mitten in den Paralympics-Aktiven. Entsprechend stolz ist er auf seine reichhaltige Sammlung aus Pins, Eintrittskarten und den diversen Akkreditierungen mit seinem Photo darauf.
Dank an Sponsoren "Motivation, Ehrgeize und Disziplin sind wichtig fürs ganze Leben, weil ich dadurch mein Handicap überwinde", hat sich Maximilian zum Motto gemacht. Bei seinem Hauptsponsor "Hanse Haus" bedankte er sich unlängst auf außergewöhnliche Art und Weise für ihre Unterstützung. Wie ein erfahrener Motivationstrainer hielt er dort anlässlich einer internen Veranstaltung für die Azubis eine von ihm selbst erstellte Präsentation. Dabei spornte er mit seinem ei genen sportlichen Weg die jugendlichen Azubis an.
Auch andere unterstützen den jungen Sportler, denn der technische Aufwand, die unzähligen Autobahnkilometer zu den Ski pisten der Al pen, der Kanurennstrecke in Schleißheim und den Bundesleistungszentren Kanu und Alpinski, all dies erfordert natürlich auch einen hohen zeitlichen und finanziellen Aufwand. Viele Privatpersonen helfen der Familie finanziell und seit Sommer wird er im EMS-Studio von Sebastian Wurster beim Training unterstützt.
Mit einer Hand Schuhe binden Integration und Inklusion, diese Themen sind für Maximilian nur Schlagworte, die ihn nicht betreffen, der Junge betreibt sei ne eigene Inklusion. So war es für ihn ein Glücksfall, dass er von der Förderschule in Schonungen auf die Montessori-Schule nach Sandberg wechseln konnte. Unter den rund 200 Schülern der 1. bis 10. Klasse ist er voll integriert, gegen die In to leranz manch gesunder Gleichaltriger gegenüber seiner Behinderung kann er sich souverän behaupten. Mit einer Hand Schuhe binden, das macht ihm so leicht keiner seiner Schulkameraden nach, auch wenn es nur mit einigen technischen Kniffen möglich ist.
So tüfteln er und vor allem sein Vater Thomas Jäger immer wieder an kleinen Tricks, um den Alltag zu erleichtern. Auch im Sport ist Improvisation angesagt, um sein Leistungsniveau zu halten und zu verbessern. So wurde zum Halten des Doppelpaddels eine Neoprenorthese ausgetüftelt, damit er das Paddel nicht aus der gelähmten Hand verliert, und am Mountainbike sind spezielle Pedale und Gangschaltungen verbaut.
Die Zielstrebigkeit von Maxi ist beeindruckend. "Da steckt so viel drin in unserem Kind, wir haben es immer noch nicht ganz ergründet", so seine Mutter Barbara Jäger. Im Januar wird er 15 Jahre alt. "2016 will ich am Jugendlager bei den Paralympics in Rio dabei sein", hat sich Maxi ein Nah-Ziel gesteckt. Dass er das Auswahlverfahren wieder meistern wird, scheint ihm selbstverständlich. Und auch für dieses Jahr hat er sich einiges vorgenommen: "Heuer werde ich vor allem im Slalom angreifen, meine Technik ist immer besser", sagt Maxi.