Auf den ersten Blick provokant: Ein Referent trug im Ausschuss des Kreises eine FFP2-Maske mit brisantem Aufdruck. Warum dies den Ausschussmitgliedern sauer aufstieß.
"Maulkorb" stand auf der Gesichtsmaske von Architekt Christian Teichmann (GKT Architekten Würzburg) zu lesen, als er im Bad Kissinger Kreisausschuss am 8. Februar das Innenraumkonzept für das in der Sanierung befindliche frühere Telekomgebäude vorstellte.
Teichmann versuchte zwar ständig, die FFP2-Maske mit seinem Schal zu kaschieren. Doch als er seinen Vortrag hielt, rutschte das Tuch mehrfach wieder unters Kinn. Zunächst schien man es allseits gelassen zu nehmen. Dann kam Kritik, zunächst aus den Reihen von B‘90/Die Grünen. Auch Landrat Thomas Bold schaltete sich auf. Wollte Teichmann mit seiner Maske provozieren?
Grünen-Kreisrat Tobias Eichelbrönner (B‘90/Die Grünen) fragte in Richtung des Landrats, ob man aus den Beständen des Landkreises nicht eine neue FFP2-Maske für Teichmann zur Verfügung stellen könnte. Aktuell muss man im Ausschuss diese Masken nun mal tragen, sagte Eichelbrönner. Das lasse sich auch durch die Geschäftsordnung der Kreistagsgremien untermauern. Seiner Ansicht nach sind die Gesichtsmasken derzeit für alle das Mittel, Kranke und durch Krankheiten vorbelastete Menschen zu schützen. "Es ist ein Zeichen der Solidarität."
Architekt zeigt Betroffenheit
Als er mit seinen Ausführungen zu Ende war, hörte man hie und da zustimmendes Raunen auch aus den Reihen der anderen Fraktionen. "Sie wissen ja, es herrscht Meinungsfreiheit", sagte Teichmann daraufhin und zurrte erneut das Tuch über der "Maulkorb"-Maske fest.
Landrat Thomas Bold (CSU) ließ jedoch keinen Zweifel an den für die Kreistagsgremien geltenden Bestimmungen. "Das ist so nicht akzeptabel", sagte er in Bezug auf Teichmanns Maske.
Der Architekt reagierte dann doch betroffen. "Das habe ich nicht beabsichtigt", kommentierte er die verhaltene Empörung in der Runde, bevor er die Vergaben für das Telekomgebäude vorstellte. "Ich habe mich bei Landrat Bold entschuldigt und auch am darauffolgenden Tag eine schriftliche Entschuldigung nachgereicht", so Teichmann am Mittwoch im Gespräch mit dieser Redaktion. "Die Maske mit dem Aufdruck war nicht als Provokation an den Kreistag gedacht."
Kritik an staatlichen Maßnahmen
Er habe bis zum Sitzungstag noch keine FFP2-Masken der Bundesregierung erhalten und deshalb mit seinem Tuch als Mundschutz in den Kreisausschuss gehen wollen. Doch als man ihm an der Pforte klar machte, dass er ohne FFP2-Maske nicht eingelassen wird, habe er seine eigene Maske mit dem Aufdruck herausgezogen und das Tuch darüber gebunden, erklärt Teichmann sein Verhalten.
Mit dieser Maske gehe er auch zum Einkaufen, so der Architekt. "Da steht meine Gesinnung drauf." Angesprochen darauf, dass man auch die Anhänger der Querdenker-Bewegung mit den "Maulkorb"-Masken verbindet, wehrt Teichmann ab: "Ich bin kein Querdenker. Aber ich bin Architekt und kann die Zahlen des Robert-Koch-Instituts, die täglich veröffentlicht werden, lesen und interpretieren. Die staatlichen Maßnahmen sind unverhältnismäßig."
"Man kann solch eine Maske als Meinungsäußerung sehen", sagt Grünen-Kreisrat Eichelbrönner später auf Anfrage. Aber im Gremium eines Bauherren könne ein Dienstleister als Gast nicht ohne weiteres durch Kleidung provozieren.
Auch er nehme aber die "diffuse Meinungslage" zum Thema Corona und Masken wahr: Geschäftsleute und Restaurantbesitzer sind frustriert, manch einer ist vom Maskentragen nicht begeistert. "Viele leiden unter den aktuellen Maßnahmen und versuchen, das auszudrücken."
Dennoch erstaunt Eichelbrönner, dass es Leute gibt, die ein "vergleichsweise harmloses Ding wie die Maske" damit verbinden, dass sie "mundtot gemacht werden".
Für Bold ist wichtig, dass sich Teichmann entschuldigte. Er habe schon in der Sitzung Betroffenheit gezeigt und sein Statement "Maulkorb" durch sein Tuch zu verbergen gesucht, sagt der Landrat im Nachklapp zur Sitzung. Dennoch sei Teichmanns Maske von einigen Ausschussmitgliedern als Provokation empfunden worden. Für Bold ist klar: "Das soll sich nicht mehr wiederholen."
Mühevoll: Hygieneschutz am Bau
Es sei richtig gewesen, den Architekten in der Sitzung auf seine Maske anzusprechen, sagt auch Bolds Stellvertreter Gotthard Schlereth (Freie Wähler) im Gespräch mit der Zeitung. Im Kreisausschuss müsse man sich an die Geschäftsordnung halten. "Die Meinungsfreiheit ist trotzdem wichtig", so Schlereth. Er könne auch Teichmann verstehen, der ihm auch von den Schwierigkeiten berichtete, die Bauarbeiter haben, wenn sie mit Masken und im Zwei-Meter-Abstand schwere Heizkörper eine Treppe hochtragen sollen. Isolde Krapf