Bernd Weipert fährt seit fast 20 Jahren mit dem Zug zur Arbeit. Seit 2008 ärgert er sich schon darüber, dass er für sein Fahrrad zahlen muss, jetzt kostet auch noch der Hund - und braucht zudem offiziell einen Maulkorb.
Nelson ist elf Monate alt und hat den Knuddelfaktor eines Teddy-Bärs. Deshalb ist der Bearded Collie im Wasserwirtschaftsamt, der Arbeitsstelle seines Herrchens Bernd Weipert, gerne gesehen. Als Welpe war er auch oft mit im Büro, seit März überlegt es sich Weipert allerdings zwei Mal, ob er ihn mitnimmt: 3,85 Euro für die einfache Fahrt von Bad Neustadt nach Bad Kissingen muss er für den Hund zahlen. "Dabei blockiert er keinen Sitzplatz und keinen Zugang, sondern liegt zu drei Vierteln unter meinem Sitz", ärgert er sich.
Eigentlich zufriedener Kunde "Ich bin grundsätzlich mit der Bahn zufrieden", betont Weipert. Seit 1994 pendelt er auf Schienen zur Arbeit, erst nach Schweinfurt, seit dem Umzug des Wasserwirtschaftsamtes nach Bad Kissingen. Zunächst wurde es auch besser: Die Verbindungen wurden optimiert, die Fahrt ist für Weipert Entspannung. "Man lernt Menschen kennen, ich lese gerne und es ist umweltfreundlich", fasst Weipert die Vorzüge zusammen. Auch den Service lobt er: "Ich bekomme meine Dauerkarte seit Jahren per Post."
Erst seit Anfang 2008 beschäftigt sich der 49-Jährige wieder genauer mit dem Tarif-Dschungel der Bahn - mit wachsendem Frust: "Als Radfahrer ist man ja schon kein gern gesehener Gast, aber mit einem Vierbeiner gibt es ganz merkwürdige Erfahrungen", lautet seine Bilanz. Und: "Viele Tarife sind für Touristen und Gruppen attraktiv, aber für Berufspendler kontra-produktiv, ich betrachte das als Ungleichbehandlung."
Bayern kündigte Vertrag auf Der Reihe nach: Bis 2007 konnte Weipert sein Fahrrad kostenlos mit auf die Arbeit nehmen und am Abend heimfahren. Seit 2008 ist das nicht mehr möglich: "Wir sollen was für die Gesundheit tun, aber ausgerechnet das reiche Bayern spart sich den Pauschalbetrag", kommentiert Weipert die Abschaffung der Befreiung für Fahrräder. Neidvoll schaut er sich um: In Thüringen seien Fahrräder nach wie vor frei, in anderen Bundesländern zumindest außerhalb der Stoßzeiten. Und: Für die Strecke Bad Neustadt-Bad Kissingen zahlt Weipert 3,85 Euro (wie für den Hund) - "obwohl ich ja dafür am Abend die mit der Dauerkarte eigentlich bezahlte Fahrt nicht wahrnehme". Dagegen können Touristen für fünf Euro pauschal ihr Fahrrad (und das von anderen Reisenden) in ganz Bayern mitnehmen.
Erst Ticket, dann Maulkorb Im vergangenen Jahr ist Bernd Weipert dann "auf den Hund gekommen": Mit neun Wochen kam Nelson in die Familie, gut einen Monat später fuhr er zum ersten Mal als Welpe mit ins Wasserwirtschaftsamt. Auf die Idee, in der Bahn eine Karte zu lösen, wäre Weipert nie gekommen. Am Anfang sahen das auch die Zugbegleiter so, im März wurde der 49-Jährige dann zum ersten Mal angesprochen. "Seitdem löse ich jedes Mal einen Fahrschein."
Mittlerweile hat Nelson eine Schulterhöhe von 55 Zentimetern und wiegt rund 23 Kilogramm. Also kam die nächste Einschränkung: Maulkorb. Besonders bitter: Den ersten Schaffner, der auf den Maulkorb bestand, traf Weipert auf dem Heimweg: Mit Hund per Bahn zur Arbeit, dann aber abholen lassen, hätte das fast bedeutet. Zum Glück kannte er den Schaffner des nächsten Zuges, der ein Auge zudrückte.
Teurer als eigene Fahrt "Unser Hund wird als sehr freundlich aufgenommen", ärgert sich Weipert über den Maulkorb-Erlass. Vor allem: "Mit Maulkorb sieht ein Hund immer gleich viel gefährlicher aus." Dass sein Hund harmlos ist, hat Weipert sogar schwarz auf weiß: Seine Frau nehme Nelson regelmäßig in eine soziale Einrichtung mit, in der er mit Kindern spiele. "Deshalb haben wir eine Unbedenklichkeitserklärung." Weshalb die nicht auch der Bahn ausreicht, das beantwortet das Unternehmen auf unsere Anfrage allerdings nicht. Stattdessen gibt es aus der Pressestelle nur den Hinweis auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (siehe Info-Kasten rechts). Bernd Weipert ärgert sich indes weiter: "Wenn ich so oft Rad fahren würde wie früher und meinen Hund einmal in der Woche mit zur Arbeit nehme, würde mich das mehr als meine Dauerkarte kosten."
Aus den Bestimmungen der Bahn: Tiere
Laut den Geschäftsbedingungen der Bahn werden "lebende Haustiere, die bis zur Größe einer Hauskatze, ungefährlich und in geschlossenen Behältnissen (zum Beispiel Tierboxen) wie Handgepäck untergebracht sind", unentgeltlich mitgenommen. Bei den Behältnissen müssen Beeinträchtigungen für Personen und Sachen ausgeschlossen sein. Ohne Käfig werden Hunde nur mitgenommen, wenn sie "angeleint und mit einem für sie geeigneten Maulkorb versehen sind". Diese Hunde werden zum halben Normal- oder Sparpreis befördert. BahnCard-Rabatt gibt es keinen.
Fahrrad
Die Mitnahme von Fahrrädern ist im Regionalverkehr in so genannten Mehrzweckabteilen möglich, die von außen sichtbar mit einem Fahrradsymbol markiert sind. Grundsätzlich gibt die Bahn keine Mitnahmegarantie: "Wenn es eng werden sollte, leidet jedoch die Sicherheit", begründet die Bahn dieses Vorgehen auf ihrer Homepage. Zusammenklappbare Räder und Fahrräder mit einer Reifengröße bis zu 20 Zoll zählen zu Handgepäck und sind damit kostenlos. Für Strecken bis zu 50 Kilometer einfache und 20 Kilometer Hin- und Rück-Fahrt gibt es ein Kurzstrecken-Ticket, das dann auch für die Räder sämtlicher mitfahrender Kinder bis 15 Jahren gilt. Für weitere Fahrten mit beliebiger Länge in Bayern gibt es die Fahrrad-Tageskarte, die pauschal fünf Euro kostet.
rr