Matinee: Enorm kreatives Konfliktpotenzial

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Fazil Say und Nicolas Altstaedt suchten die Reibungen. Foto: Ahnert
Fazil Say und Nicolas Altstaedt suchten die Reibungen. Foto: Ahnert

Man durfte gespannt sein auf das Aufeinandertreffen - oder Aufeinanderprallen von zwei so eigenwilligen Köpfen wie von Nicolas Altstaedt und Fazil Say.

Aber wie so oft: Wenn beide etwas zu sagen haben, dann wird auch viel gesagt. Sogar bei Leos Janaceks "Pohadka", das man tatsächlich ein bisschen naiv wie ein Märchen erzählen kann. Man kann aber auch, wie Altstaedt und Say, hinter die Dialoge des Zarensozhns und der Prinzessin schauen, die die beiden ersten Sätze bestimmen und über einen ungemein differenzierten Anschlag und eine höchst variable Bogen- und Pizzicatotechnik in die Tiefen der Seele graben, wenn man, wie die beiden es taten, die Musik ernst nimmt.

Auch wenn sie letztlich Vorbild waren: Mit Bachs Suiten hat die Suite op. 87 für Violoncello solo eigentlich nichts zu tun, und Nicolas Altstaedt machte das deutlich. Er zielte in seiner Interpretation nicht aufdie Darstellung von Strukturen, sondern auf ein ungemein reiches Spektrumn von lebendigen Klangfarben, mit denen Britten drei russische Volkslieder im vermeintlich barocken Gewand verarbeitete. Nur bei den ruhigen, fast flüsternden Arpeggien der Barcarolle war Altstaedt pötzlich ganz nah bei Bach.

Schostakowitschs d-moll-Sonate op. 40 reduzierten die beiden Musiker nicht, wie es gerne geschieht, auf den motorischen Aspekt. Sie ließen ihr ihre lyrischen Momente, zeigten, dass das Werk, vor allem im Largo, eigentlich ein Kind der Spätromantik ist. Aber mit ihrem stark konfrontativen Spiel holten und phantastischen Klangfarben holten ssie die Musik auch immer wieder in die Realität, gaben ihr eine große Assagekraft und Spannung.
Die F-dur-Klaviersonate KV 332 spielte Fazil Say mit einer verblüffenden Naivität, allerdings auf höchstem Niveau, mit einer so liebevollen Zuwendung und so viel Einfallsreichtum zwischen kindlichem Trotz und herrischem, nicht so ganz ernst gemeinten Aufbegehren. Da war es schön, dass immer mal der Jazzer Say durchkam,der das Spiel ungemein auflockerte.

César Francks Violinsonate A-dur ist in ihrer statischen Themenverarbeitung und ihren Wiederholungen zwar schon immer bewundert, aber nie sehr spannende gewesen. Hier, in der Fassung für Violoncello, wurde sie allerdings auch ein Opfer ausgerechnet der großen Musizierlaune und dem Zugriff von Altstaedt und Say. Denn die Sätze klangen alle mehr oder weniger gleich in ihre kraftvollen, mitunter aggressiven Auslage und wurden dadurch austauschbar. Aber: Eine Violine hätte in dem Klima keine Chance gehabt.