Tina Teubner definierte bei ihrem Auftritt im Kurtheater die Schwächen der Männer über die Schwächen der Frauen. Dabei kalauerte die Kölner Kabrettistin nicht, sie argumentierte.
Na gut, dann also Kurtheater. Kabarettherbst, haha! "Männer brauchen Grenzen" heißt das Programm. Als ob wir noch keine hätten! Und wer will uns uns erklären? Tina Teubner, Kabarettistin, Kölnerin und, was am schlimmsten ist: Frau! Also wieder nur eine, die von außen kommt, die keine Innensicht kennt, die nur wieder das erzählt, was sie irgendwo aufgeschnappt hat, was irgendwie in die gängigen Klischees passt. Da hat man so seine Erfahrungen gemacht.
Brauchen wir schon lange nicht mehr.
Schon das Plakat weckt Unbehagen: ein Frauenkopf, konfrontativ von vorne, strenge Frisur, noch strengerer Blick, leicht von unten fotografiert. Wer ihr ins Gesicht schaut, muss von unten nach oben schauen. So gestaltet man Demut.
Besser macht's auch nicht der Blick in den vollen Zuschauerraum: Heimspiel für Tina Teubner! Das sieht eher nach Frauenfrühstück als nach Unterhaltung aus.
Die Männer sind in der absoluten Minderzahl, und sie schauen einen an, als wollten sie sagen: "Ich wäre jetzt auch lieber wo anders." Man rutscht in seinem Sessel ein bisschen tiefer - was bei den durchgesessenen Klappstühlen des Kurtheaters auch sehr leicht fällt - zieht den Kopf zwischen die Schultern und wartet auf die Abreibungsdusche.
Und die kommt! "Guten Abend, liebe Frauen!" ruft Tina Teubner ins Publikum - und genießt das immer bangere Warten, wann denn
nun auch die Männer begrüßt werden. Aber Fehlanzeige. Stattdessen bekennt sie sich als alleinerziehende Ehefrau, räumt allerdings ein: "Ich liebe meinen Mann - sehr sogar." Warum betont sie das so? Oder, und da ist dann schon wieder der Widerhaken: "Im Gegensatz zu meinem Mann bin ich sehr glücklich verheiratet." Klar, was sonst? Frauen haben Visionen, Männer brauchen klare Ansagen. Man muss ihnen nur vermitteln, dass die auf ihrem eigenen Mist gewachsen sind.
Sie müssen immer alles selber machen, weil sie Kontrollverlust befürchten.
Biologisch eine klare Sache
Und damit es ganz klar ist: Die beiden Geschlechter unterscheiden sich biologisch: die Frauen stehen für die guten Eigenschaften, die Männer für die schlechten. "Nur Ben ist in der Mitte!" Ben, das ist Ben Süverkrüp. Den kann sie nicht vergraulen, weil sie ihn noch braucht.
Der ist ihr Pianist, und zwar ein verdammt guter.
Damit hat Tina Teubner das hohe Ross der Rollenklischees sogar noch auf lange Stelzen gestellt - ziemlich wacklig, aber es macht die Verzwergung des Mannes natürlich enorm leicht. Und wenn sie Comedian wäre, würde sie auf diesem stark unterhöhlten, instabilen Terrain den ganzen Abend weiterreiten. Aber sie ist Kabarettistin, für Männer sogar eine unangenehm gescheite.
Sie weiß, dass sie von Behauptungen zu Beweisen kommen muss. Sie kalauert nicht, sondern sie argumentiert - auch wenn da erst einmal Sätze fallen wie: "Mein Kinderfreund Torben war so dumm, dass er sogar in der Krabbelgruppe sitzen geblieben ist."
Langsam zeigt sich das Ziel
Aber je länger sie redet und - übrigens wunderschöne - Lieder singt, desto deutlicher wird, dass sie auf etwas anderes hinaus will.
Denn sie definiert die Schwächen der Männer zunehmend über die Schwächen der Frauen, weil an einer Grenze auf jeder Seite jemand stehen muss. Allmählich schmilzt der männliche Argwohn, allmählich traut man sich auch als Mann zu lachen.
Sie hat ja auch so recht in vielem, auch in ihren Aussagen über Männer, die es oft ein bisschen leichter haben: Wenn Sokrates (Mann) sagt: "Ich weiß, dass ich nichts weiß", dann jubelt die Welt und
gründet darauf eine Philosophie. Wenn die Oma (Frau) das sagt, dann heißt e nur: "Schön, Mutti, dass du das auch endlich merkst."
Die Beziehung reformieren
Je weiter der Abend voranschreitet, desto versöhnlicher und poetischer wird er. Der spontan bestiegene Nachtzug nach Paris wird zur Metapher ihrer Absicht: nicht den Mann rund machen, sondern verkrustete Beziehungen aufbrechen und wieder elastisch machen, sie aus
ihrer Gleichförmigkeit und Langeweile herauszuholen. Dass das nicht einfach ist, weiß sie. Davon erzählt ihr außerordentlich tiefgründiges Lied "Das Komplizierte an der Liebe ist das Lieben", dessen letzte Strophe beginnt: "Das Schöne an der Liebe ist das Lieben." Mag ja zugegebenermaßen sein, dass der Mann Grenzen braucht, Frauen brauchen sie ja auch. Aber das mit der Liebe funktioniert halt nur, wenn man Grenzen überschreitet. Gut gelaunt kann Mann das Kurtheater verlassen: Wir sind noch einmal davongekommen.