Nach zwei Betrugsfällen und der Veruntreuung von Sozialleistungen entging eine Geschäftsfrau in der Berufung dem Gefängnis.
Ungewöhnlich persönlich und offen sprach der Vorsitzende Richter am Ende der Berufungsverhandlung der Verurteilten ins Gewissen: "Machen Sie keinen Quatsch mehr, bleiben Sie realistisch", gab er der 59-Jährigen als Rat mit auf den Weg in die Bewährungszeit. Zudem berichtete er, dass er den ersten Betrugsfall damals noch als Staatsanwalt behandelt habe. Vorher seien mindestens drei Anzeigen nicht weiter verfolgt worden.
"Die erste Anklage kam zu spät", sagte der Richter, und: "Das war ein falsches Signal, da hätte schon eher mal ein Strafbefehl rausgehen müssen."
Trotz der eindringlichen Worte blieb die Kleine Strafkammer milde in ihrem Urteil: Das Amtsgericht Bad Kissingen hatte die Geschäftsfrau noch ins Gefängnis stecken wollen, sah "keine positive Sozialprognose" und deshalb keinen Anlass für eine Bewährung.
"Schickt man eine Frau, die mit Mitte 50 ohne Vorstrafen und geständig ist, ins Gefängnis?" Diese Frage beantworteten der Richter und die Schöffen mit "Nein". Wenn alle Fälle "in einem Aufwasch" behandelt worden wären, wäre sicherlich die Strafe auch zur Bewährung ausgesetzt worden.
Was war passiert? Der Verteidiger sprach in seinem Plädoyer von der "typischen strafrechtlichen Karriere, wenn man selbstständig ist und in Schieflage
gerät". Zunächst zahlte die Angeklagte aus dem Norden des Landkreises von November 2011 bis Oktober 2012 die Krankenkassen-Beiträge für Mitarbeiter nicht mehr. Der Gesamtschaden betrug 7637 Euro. Wegen Vorenthaltens und Veruntreuung von Arbeitsentgelt und Beiträgen zur Sozialversicherung wurde sie im April 2014 zu 120 Tagessätzen verurteilt.
Das Amtsgericht Bad Kissingen stellte in mehreren Urteilen fest, dass die Geschäftsfrau "spätestens Anfang
2011 zahlungsunfähig" war. Trotzdem überredete sie noch im Sommer 2011 eine Frau, ihre unbefristete Stelle zu kündigen und bei ihr zu arbeiten. Die Gehaltszahlungen blieben jedoch fast alle aus, nur einzelne Teilsummen flossen. Der ehemaligen Mitarbeiterin entstand ein gerichtlich festgestellter Schaden von 19 070 Euro. Anfang 2012 pumpte sie dann ihren Vermieter an und lieh sich bei ihm zunächst 20 000 Euro, im Dezember 2012 schoss er sogar noch weitere 5000 Euro
nach. "Wir haben eigene Projekte hinten angestellt", sagte die Frau des Vermieters als Zeugin, und: "Es hat uns weh getan, auch wenn es nicht überlebensnotwendig war." Enttäuscht vom großen Vertrauensbruch sah sie die Entschuldigung Anfang 2016 als rein taktisches Manöver an.
Ende 2014 verurteilte das Amtsgericht Bad Kissingen die Geschäftsfrau wegen des ersten Betrugs zu 14 Monate Haft ohne Bewährung.
Bereits dieses Urteil wurde in Schweinfurt auf acht Monate mit Bewährung umgewandelt. 120 Stunden soziale Arbeit wurden ihr auferlegt, die sind laut Verteidiger abgeleistet hat. Vor gut einem Jahr verhängte das Amtsgericht dann für den Kredit-Betrug eine neue Gesamtstrafe von 16 Monaten. "Sie sucht die Schuld nur bei anderen", hieß es damals in der Begründung.
Wegen der fehlenden Einsicht und der ausgebliebenden Entschuldigung sah das Amtsgericht keinen Anlass, die Strafe zur Bewährung auszusetzen. Vor allem durch ein Geständnis und ihre Entschuldigung - glaubwürdig oder nicht - sah das Gericht nun eine Bewährung als angemessen. Allerdings rechnete das Gericht eine Gesamtstrafe von 17 Monaten aus.
Als Bewährungsauflage muss sie allerdings vier Jahre lang jeden Monat 50 Euro Schulden zurückzahlen.
"Das waren schreckliche Jahre, und ich bin froh, dass ich das hinter mir gelassen habe", beteuerte die 59-Jährige. Daran kamen aber Zweifel auf: Der Staatsanwalt berichtete, dass noch zwei Strafverfahren in Schweinfurt und Augsburg ausstehen. Ein Zuhörer der Gerichtsverhandlung berichtete, dass sie ihn erst im vergangenen Jahr um 32 000 Euro betrogen habe. Die nächste Verhandlung scheint also vorprogrammiert.