Zum 30. September schließen die Terletzkis nach 30 Jahren ihren Laden in der Balthasar-Neumann-Promenade am Rosengarten. Mit dem "Kunterbunt" verschwindet eine Bad Kissinger Institution.
Das Wetter ist kühl und unwirtlich, wenige Menschen schlendern über die Balthasar-Neumann-Promenade, doch immer wieder kommen Kunden in den kleinen Laden der Terletzkis. Kaufen eine Blumenvase, eine Postkarte oder eines der legendären Holzbrettchen. Am 30. September wird Thomas Terletzki seinen "Kunterbunt" genannten Laden zum letzten Mal öffnen. Mit 75 Jahren ist es Zeit für den Ruhestand.
"Kunterbunt", das war eine Institution.
Nicht allein wegen des Sortiments, sondern vor allem wegen des Chefs. Kaum vorstellbar, dass er im kommenden Jahr nicht mehr vor seinem Laden sitzt und dort seine Brettchen brennt. Immer bereit für einen launigen Spruch, auf das Brett, zu den Kunden und zu den vielen Bekannten, die hier vorbeischlendern.
"Es hat vom ersten bis zum letzten Tag Spaß gemacht", sagt Thomas Terletzki.
Auch wenn nicht immer alles so einfach gelaufen ist in den 30 Kunterbunt-Jahren.
Seit 1983 Im März 1983 hatten Thomas und Therese Terletzki ihr Lädchen aufgemacht. Ihr Vorgänger hatte ihnen genau drei Tage Zeit zum Überlegen gelassen. Er war auf die Terletzkis zugegangen, weil er wusste, dass sie in ihrer Reinigungs-Annahme in der Hememrichstraße auch Geschenkartikel verkauften.
"Schon nach einer
Woche haben wir aufgemacht", erinnert sich Terletzki. Den Warenbestand ihres Vorgängers hatten sie in Kisten verpackt übernommen - ohne genau zu wissen, was da drin war. "Gleich in der ersten Kiste lag eine venezianische Gondel, Kitsch hoch drei", amüsiert sich Thomas Terletzki. "Die hab ich ganz hinten in eine Ecke gestellt, doch es vergingen keine acht Tage, da kam ein kräftiger Amerikaner, langte hin und hat die Gondel gekauft."
Natürlich lebt das
"Kunterbunt" vor allem von Laufkundschaft aus der Riege der Kissinger Gäste. Während der Geschäftsinhaber erzählt, öffnet sich die Türe. Ein Ehepaar aus Lünen kommt rein, Thomas Terletzki begrüßt sie mit einem "wunderschönen guten Tag". Helene Offermann ist mit ihrem Mann zu Gast in Bad Kissingen, Eine kleine Vase mit Rosen hat es ihr angetan, ein Sitzkissen "für draußen für den Park" kauft sie gleich mit.
Die Kunden
verlassen zufrieden das Geschäft, amüsiert über die Scherzchen, die Terletzki gemacht hat. Dessen Gedanken gehen zurück in die Anfangszeit des "Kunterbunt". Als er anfing, zur Frankfurter Messe zu fahren, um Geschenkartikel und Souveniers zu ordern.
Vor allem Plüschtiere waren es, mit denen die Terletzkis anfangs ihr Geschäft machten.
Daneben standen und stehen heute noch Gläser, Tassen, ausziehbare Trinkbecher, Schneekugeln und Stocknägel mit Kissinger Motiven. Da gab es die kleinen Fernseher, in denen sich ein Rad mit Mini-Dias von der Kurstadt drehte. Aber auch anspruchsvolle Schnitzereien hatten die terletzkis stets im Sortiment, einige sind noch zu haben.
Beliebte Sprüche Und natürlich die Brettchen.
Von Anfang an hat sich Thomas Terletzki dem "Holzbrand" gewidmet. Woher er seine Sprüche nimmt, die er im Holz verewigt? "Ich kann lesen, hören und phantasieren", sagt er, die Sprüche ergeben sich einfach. Beliebt sind Brettchen, Pfannenwender und Grillzangen mit individuellen Sprüchen oder Namen drauf. "Keiner grillt so gut wie....", Grillzangen mit dieser Aufschrift waren heuer der Renner.
Anfangs hat Thomas Terletzki auch Lederherzchen mit einem vom Kunden
gewünschten Vornamen beschriftet. Die ersten 100 Herzchen waren sofort weg, für drei Mark das Stück.
Probleme mit dem Hochwasser Geöffnet hatte das Kunterbunt nur während der Saison. Denn zum einen gibt es im Winter kaum Kunden, zum anderen wurde das Geschäft bis zur Fertigstellung des Hochwasserschutzes regelmäßig von der Saale überflutet. Manchmal bis zu sechs Mal im Jahr.
Das Sortiment hatten die Terletzkis zwar ausgelagert, zuvor natürlich gewusst, dass der Laden im Hochwasserbereich liegt. Aber nach der x-ten Überflutung in ein und dem selben Winter hat er öfter rumgebrüllt: "Aus, fertig!" "Doch wenn die ersten Sonnenstrahlen des Frühjahrs kamen, haben wir uns doch immer wieder entschlossen, weiter zu machen", sagt er.
Es hat Jahre gegeben, da war das "Kunterbunt" überhaupt nicht nutzbar.
Deshalb betrieben die Terletzkis für einige Jahre eine Filiale in der Ludwigstraße. Die war auch im Winter geöffnet. "Wenn wir das nicht gehabt hätten, hätten wir bankrott gemacht", sagt er.
Doch Thomas Terletzki nutzte noch andere Möglichkeiten, um finanziell über den Winter zu kommen. Zum Beispiel auf Weihnachtsmärkten in einem Möbelhaus.
Für den ersten Bad Kissinger Weihnachtsmarkt hat er sämtliche Schilder für die Buden gebrannt. Und er machte und macht Holzbrand auch auf Bestellung - Größe egal. Auch auf große Baumscheiben, auf zwei bis drei Meter lange Bretter, zum Beispiel als Firmenbeschriftung.
Wie viele Schilder Thomas Terletzki in den 30 Jahren wohl gebrannt hat? "Oh, lieber Gott, das kann man so nicht sagen", meint er. Aber eines weiß er.
Auch wenn das "Kunterbunt" am 30. September schließt, der Ausverkauf gerade läuft und der Ruhestand wartet: "Das eine oder andere Brettchen wird noch entstehen", sagt Terletzki. denn: "Der Holzbrand hat mir immer Spaß gemacht."