Die Mitglieder des Förderver- eins Kissinger Sommer waren im Jubiläums- festival zu einer Soiree in das Kurtheater geladen.
Es war der Abend des Fördervereins im Kurtheater. Aus Anlass des 30. Kissinger Sommers hatten Intendantin Kari Kahl-Wolfsjäger und das Festivalteam eigens ein Konzert für die Mitglieder organisiert und arrangiert. Der Dank ist durchaus begründet: Der Verein hat, wie Schatzmeisterin Martha Müller in der Begrüßung mitteilte, der Stadt seit 1993 insgesamt zwei Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus hat er bereits 17 Mal den mit 5000 Euro dotierten Luitpoldpreis vergeben und seit 2003, also schon zwölf Mal, den Kissinger KlavierOlymp aus Spenden der Mitglieder und Einnahmen aus dem Kartenverkauf finanziert.
Beziehungen zum Förderverein Kari Kahl-Wolfsjäger hatte konsequenterweise sechs junge Künstler eingeladen, die mit einer Ausnahme über die beiden Förderschienen bereits mit dem Verein zu tun hatten. Den Auftakt spielte Kit Armstrong, der damals 14-jährige Gewinner der Kissinger KlavierOlympiade 2006. Der studierte Pianist, Komponist, Physiker und Mathematiker hat im letzten Jahre im nordfranzösischen Hirzon in der Nähe der belgischen Grenze eine stillgelegte Kirche gekauft und die Société Musicale de Sainte-Thérèse gegründet, um sich und anderen musikalisch-künstlerischen Projekten eine Heimstatt zu bieten.
Das Unterbewusste blieb fern Schon angesichts eines deratigen idealistischen Einsatzes hatte man sich von dem Zögling von Alfred Brendel eigentlich eine ganze Menge erwartet. Aber Kit Armstrong blieb einiges schuldig. Er hatte ein paar kleinteilige Kompositionen von Mozart und Liszt ausgewählt, die nur selten auf den Programmzetteln auftauchen, "Werke, deren Ausdruck auf der Ebene des Unterbewusstseins liegen, die nicht wie Mozart oder Liszt klingen", wie er sagte. Aber den Weg auf diese Ebene trat er nicht an. Er war durchaus nicht schlecht, wenn es um konstruktive Musik im Sinne Bachs ging, wie in der "Kleinen Gigue" KV 574 oder den zwei Sätzen aus der Klaviersuite KV 399. Da kam ihm sein analytischer Geist des komponierenden Mathematikers entgegen. Aber andere Werke wie das D-dur-Menuett oder Adagio und Allegro KV 549 waren ziemlich herunterdekliniert.
Noch starker galt das allerdings bei Liszt, den er absolut emotionslos spielte. Bei dem Mephisto-Wlazer Nr. 3 oder der Mephisto-Polka hätte er ruhig einmal hinlangen können, die "Nuages gris" hätten dafür etwas körperloser, wolkiger sein können. Ans Unterbewusstsein musste man da nicht denken.
Dann ging's erst einmal ans Pausenbüffet, praktisch auf der Bühne, nüchterner im Erdgeschossumgang, stimmungsvoller präpariert im Oberen Foyer. Stärkung war angesagt, denn der Abend hatte gerade erst begonnen.
Perfektes Opernpaar Als wieder Ordnung in den Töpfen herrschte, luden Luitpoldpreisträgerin Julia Novikova und der Bariton Heeyun Choi - er hatte vorher noch keinen Kontakt zum Förderverein. Dass Julia Novikova eine bewegliche, warm timbrierte, treffsichere Stimme hat, war schon bekannt und sie bestätigte das als Gounods Juliette und Donizeittis Lucia di Lammermoor. Die Überraschung war Heeyun Choi. Wenn man sich an seine gelegentlich recht klare Artikulation gewöhnt hatte, war das Ohr frei für eine souverän geführte Stimme mit einer sehr guten Emotionalität als Verdis Rigoletto und Rossinis Factotum. Dass die beiden bestens im Duett, allen voran bei "La ci darem la mano", zusammenpassten, erstaunte nicht. Und Konstantin Shamray, KlavierOlymp-Gewinner 2011, machte deutlich, dass man Opernarien auch sehr differenziert, fordernd, aber auch sensibel begleiten kann.
Drei Tänze spielte mit Verve, brillanter Bogentechnik und phantastischen Klangfarben der Cellist Kian Soltani, Luitpoldpreisträger 2014. Bei ihm lagen eine Gigue von Bach, eine katalanische Jota von Gaspar Cassadó und ein persischer Feuertanz von ihm selbst gar nicht so weit auseinander.
Zum Abschluss kam Michail Lifits, Olympionike von 2007. Er war kurzfristig für den erkrankten Igor Levit eingesprungen. Er spielte nur ein Werk, aber das hatte es in sich: die auch "Fantasie" genannte Sonate G-dur D 894. Er hatte die Emotionen, die man am Beginn des abends vermisst hatte. Lifits zeigte die großen emotionalen Spannungen, die dieses Werk transportiert, die wirken wie der Versuch einer Weltflucht, die er im Menuetto allerdings mit ziemlicher Kraft erdete. Dem Eindruck der "himmlischen Längen" wirkte Lifits nicht mit kontrastierender Schwarzweißdynamik, sondern mit spannenden Entwicklungen entgegen. Als die Vereinsmitglieder das Theater verließen, stand der neue Tag schon vor der Tür.