Meisterduo: Hyeyoon Park und Nareh Arghamanyan knüpften da an, wo vor drei Wochen Ning Feng und Igor Levit aufgehört hatten: an einem konfrontativen und fesselnden Musizieren.
Bad Kissingen — Es wirkt, als wäre es eine Ewigkeit her, dabei war es erst vor drei Wochen: Da setzten zwei junge Männer im Kloster Maria Bildhausen ein kammermusikalisches Ausrufezeichen, das lange nachwirkte: der Geiger Ning Feng und der Pianist Igor Levit. Vor allem ihre Schostakowitsch-Sonate sorgte für Furore. Jetzt gaben zwei junge Frauen im Rossini-Saal die kongeniale Antwort: die Geigerin Hyeyoon Park und die Pianistin Nareh Arghamanyan.
Man versteht ja nicht
immer, warum der eine oder andere Musiker den Münchner ARD-Wettbewerb gewinnt. Diese Frage konnte man sich auch schon dieses Jahr im Kissinger Sommer stellen. Aber bei Hyeyoon Park, die 2009 als 17-Jährige und damit als jüngste Gewinnerin in die Annalen des Wettbewerbs einging, verstand man die Entscheidung der Jury sofort. Denn die Geigerin ist eine Musikerin, die etwas zu sagen hat, die genau weiß, wo sie hin will, die nichts im Vagen, Unentschiedenen lässt und die
auch die spieltechischen Möglichkeiten hat, ihre Ziele umzusetzen.
Kongeniale Partner In der Pianistin Nareh Arghamanyan, KlavierOlympionikin von 2011, hat sie eine Partnerin gefunden, die genau auf ihrer Linie ist, die absolut zupackend musiziert. Das sind zwei Musikerinnen, die sich in bester Eintracht nichts schenken, die sich provozieren und die die Musik in höchst spannender Weise vor sich hertreiben.
Robert
Schumanns 1. Sonate a-moll war ein Einstieg, der mitten rein in diese spannende Auseinandersetzung führte. Da musizierten die beiden mit einem engagierten Vortrieb bis zur Ungemütlichkeit, da ließen sie den leidenschaftlichen Ausdruck auch in den knappen leisen Passagen nicht abreißen - auch nicht im etwas ruhigeren Allegretto. Einen wirklich langsamen Satz hat die Sonate ja nicht.
Und das rasende Staccato, mit dem die beiden den zerklüfteten Schlusssatz spielten, weckte Verständnis, dass der gute Herr von Wasiliewski bei der Erstaufführung ins Schwitzen kam.
Auf Klangfarben und agogische Raffinesse zielte die Interpretation von Ravels G-dur-Sonate, auf leichthändige Sanglichkeit und geheimnisvolle Grundierung im ersten Satz, auf eine substanzielle Verdichtung des Klangs im zweiten.
Das kompromisslose Perpetuum mobile wurde in einer enormen Konzentrationsleistung von Hye- yoon Park und Nareh Arghamanyan zu einem atemlosen Finale.
Selten zu hören sind Karol Szymanowskis "Mythen" nach antiken Gestalten - für die beiden eine gute Gelegenheit, mit trockenem, unverstelltem Ton wunderbare Klangfarben und Abmischungen zu erzeugen, die große Leuchtkraft entfalteten.
Interessanter Vergleich Es war
kein Zufall, dass Hyeyoon Park und Nareh Arghamanyan zum Abschluss, wie drei Wochen zuvor ihre Kollegen, die A-dur-Sonate von César Franck spielten. Die gehört ganz einfach zum Pflichtrepertoire. Da zeigten die beiden Frauen, dass sie nicht nur ausgesprochen spannend musizieren können, was bei diesem Werk gar nicht so oft vorkommt, sondern dass sie auch die durchgehende musikalische Architektur plastisch werden lassen können.
Der Schluss war phänomenal musiziert, mit noch stärkerem Zugriff als bei Ning Feng und Igor Levit.
Möge dem Duo ein langes Wirken beschieden sein. Und möge es noch oft zum Kissinger Sommer kommen. Beim zweiten Mal trennen sich vielleicht auch die Kissinger von dem einen oder anderen Bravoruf.