"Klinken putzen" für guten Zweck

2 Min
Auch 70 Jahre nach Ende des zweiten Weltkrieges: In Russland und anderswo in Osteuropa werden immer noch die sterblichen Überreste deutscher Soldaten geborgen, identifiziert und auf einen Friedhof umgebettet, damit die Nachkommen einen Ort zum Trauern haben. Archivfoto: Edgar Bartl
Auch 70 Jahre nach Ende des zweiten Weltkrieges: In Russland und anderswo in Osteuropa werden immer noch die sterblichen Überreste deutscher Soldaten geborgen, identifiziert und auf einen Friedhof umgebettet, damit die Nachkommen einen Ort zum Trauern haben. Archivfoto: Edgar Bartl
Im Lager Hammelburg gibt es zwei Soldatenfriedhöfe. Auf diesem ruhen 269 Tote beider Weltkriege. Quasi nebenan wurden 3031 russische Gefangene beigesetzt. Auch um diese Anlagen kümmert sich der Volksbund. Foto: Edgar Bartl
Im Lager Hammelburg gibt es zwei Soldatenfriedhöfe. Auf diesem ruhen 269 Tote beider Weltkriege. Quasi nebenan wurden 3031 russische Gefangene beigesetzt. Auch um diese Anlagen kümmert sich der Volksbund. Foto: Edgar Bartl
 
n den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts ist der Soldatenfriedhof Quero in Italien gebaut worden. Er birgt 3434 deutsche und österreichisch-ungarische Tote. Bayerns Landesvorsitzender Wilhelm Weidinger macht sich auf unserem Foto gerade ein Bild von der Gedenkstätte. Foto: Edgar Bartl
n den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts ist der Soldatenfriedhof Quero in Italien gebaut worden. Er birgt 3434 deutsche und österreichisch-ungarische Tote. Bayerns Landesvorsitzender Wilhelm Weidinger macht sich auf unserem Foto gerade ein Bild von der Gedenkstätte. Foto: Edgar Bartl
 
Polizieidirektor Thomas Lehmann. Foto: Edgar Bartl
Polizieidirektor Thomas Lehmann. Foto: Edgar Bartl
 

Jetzt schwärmen sie wieder aus: Soldaten, Bundespolizisten, Reservisten und andere Freiwillige beteiligen sich an der Herbstsammlung des Volksbundes deutsche Kriegsgräberfürsorge. Denn der Verband ist auf die Einnahmen angewiesen.

Magdalena Woloszyk und Fabian C., zwei angehende Polizeimeister der Bundespolizei, engagieren sich, wie viele ihrer Kollegen, an der Herbstsammlung der Kriegsgräberfürsorge. Sie schwärmen in Raum Oerlenbach aus, putzen Klinken und bitten um eine Spende. Freiwillig und in ihrer Freizeit. Denn sie sind von dem Verband und dessen Arbeit überzeugt, auch wenn sie keine persönlichen Beziehungen dazu haben.
Alle Jahre wieder unterstützt die Oerlenbacher
Bundespolizei, wie früher schon der Bundesgrenzschutz, die Aktion des Volksbundes. Das sei eine gute Tradition, sagt Polizeidirektor Thomas Lehmann, der Leiter des Aus- und Fortbildungszentrums. Er wolle die Arbeit des Verbandes fördern. Mehr noch: Er, so Thomas Lehmann, habe die Beteiligung an den Sammlungen zu einem Teil der Polizeiausbildung gemacht.


Immer höflich

Denn "es ist nicht gewöhnlich, dass jemand an eine Türe klopft und um etwas bittet". Das erfordere "schon eine gewisse Demut". Die jungen Beamten erklärten den Bürgern etwas, würden um Spenden angehen. Sie übten dabei auch, angemessen und höflich aufzutreten.
Noch nie, so Lehmann, hätten die Polizisten dabei negative Erfahrungen gemacht. Die Lehrgangsteilnehmer würden im Unterricht auf die Sammlungen gezielt vorbereitet und über die Volksbund-Arbeit informiert. Sie machten es gerne, würden dazu aber nicht gezwungen.
Von diesem Engagement profitiert der Volksbund. Die von ihm praktizierte Erinnerungskultur auf hohem Niveau gibt es nicht zum Nulltarif. Dass die deutschen Soldatenfriedhöfe in Europa und Nordafrika sich immer in einem sehr guten Zustand befinden, erfordert eine Menge Geld.
Landesgeschäftsführer Gerd Krause - "der Volksbund lebt von den Spenden" - nennt Beispiele: Zehn Euro pro Jahr fallen für die Pflege eines Kriegsgrabs an, mindestens 15 Euro werden fällig, wird der Name eines Gefallenen in Stein verewigt. Und rund 100 Euro kostet die Bergung, Identifizierung und Umbettung eines Toten in Osteuropa. Die Arbeit hier sei längst noch nicht abgeschlossen, werde aber immer schwieriger. Immer seltener wird hingegen der Bau einer neuen Gedenkstätte wie derzeit in Podgorica in Montenegro. Sie soll die sterblichen Überreste von 800 Soldaten aufnehmen.


Immer noch Tote geborgen

Auch nach Ansicht des Landesvorsitzenden Wilhelm Weidinger sind die Sammlungen unabdingbar. Nur mit dem Erlös daraus könne die Arbeit fortgesetzt werden. Viele Vorhaben müssten zurückgestellt werden, weil die Mittel dafür fehlen. Und auch 70 Jahre nach Ende des zweiten Weltkrieges würden Jahr für Jahr rund 35 000 Tote geborgen. "Keineswegs" habe sich daher die Volksbund-Arbeit erledigt. Es gebe noch viele Gräber zu ermitteln und die dort Beerdigten in eine Gedenkstätte umzubetten.
Für Wilhelm Weidinger ist es "ein Hauptproblem", dass die "Generation der Kriegskinder" langsam aussterbe. Daher müsse die Jugend für den Volksbund und seine Aufgaben gewonnen werden. Allerdings suchen auch immer mehr "Familienforscher" nach den Gräbern ihrer Vorfahren. Auch hier sieht der Vorsitzende ein durchaus vielversprechendes Potenzial.
Ein großes Anliegen ist dem Landesvorsitzenden, dem rechten Gedankengut rechtzeitig und erfolgreich entgegen zu wirken. Da helfe nur eine ganz konsequente und harte Friedenspolitik, um die Jugend zu "impfen".


Begegnungsstätten ausbauen

Hier spielen die vier Begegnungsstätten des Volksbundes eine wichtige Rolle. Der Verband will sie ausbauen, modernisieren und noch attraktiver machen.

Auf Spenden dringend angewiesen:

Zwei Euro
gibt jeder Bürger bei der alljährlichen Sammlung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge im Durchschnitt. Nach Angaben von Landesgeschäftsführer Gerd Krause kommen so in Bayern rund zwei Millionen Euro zusammen. Diese Einnahmen plus Spenden finanzierten mehr als 50 Prozent der vorgesehenen Ausgaben.

Zeitraum Die flächendeckende Herbstsammlung läuft vom 16. Oktober bis 1. November. Sie gilt auch als ein Instrument der Öffentlichkeitsarbeit.

Der Volksbund mit Sitz in Kassel ist ein gemeinnütziger Verein. Er kümmert sich um 832 Soldatenfriedhöfe mit mehr als 800 000 Toten in 32 Ländern. Gegründet wurde er 1919. Präsident ist der SPD-Politiker Markus Meckel. Er ist der letzte und einzige frei gewählte Außenminister der damaligen DDR. Die Organisation hat 400 000 Förderer, 560 haupt- und mehr als 9000 ehrenamtliche Mitarbeiter. In jedem Bundesland gibt es einen Landesverband.

Bayern Der bayerischer Landesverband hat acht Bezirks-, 80 Kreis- und 2208 Ortsverbände mit rund 83 000 Mitgliedern. Weitere Informationen unter www.volksbund.de. ed