Kissinger Sommer: Goethes hermetische Kästen

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Foto: Symbolfoto
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"Goethe und die Musik" - ein Thema, das schon die Zeitgenossen des Dichterfürsten beschäftigt hat, und das auch die LiederWerkstatt 2014 des Kissinger Sommers beschäftigt:

Uraufführungen von Goethevertonungen von Aribert Reimann, Wolfgang Rihm, Manfred Trojahn, Moritz Eggert, Bernhard Lang und Jan Müller-Wieland stehen in diesem Jahr neben Liedern des klassischen Repertoires.

In einer Vorab-Diskussionsrunde im Salon Fontane stellte Christian Kröber (München) zunächst einige Aspekte des Themas vor. Er berichtete von Goethe und Gluck, die nie zusammenkamen, weil erst der eine nicht wollte, dann der andere, weil sich erst die Verse verweigerten, dann die Zeit. Er zitierte aus Briefen, die Zeugnisse waren für die verständnisvolle Achtung, die Goethe für Beethoven empfand: "Er spielt köstlich", schrieb Goethe, als er Beethoven das erste Mal in Teplitz gehört hatte. Und er ging darauf ein, dass Goethe Schubert erst zur Kenntnis nahm, als er 1830 Wilhelmine Schröder-Devrient mit dessen "Erlkönig"-Vertonung hörte.

Als Tonsetzer habe er immer einen Bogen um Goethe gemacht, gestand Aribert Reimann: "Die Dichtung ist so in sich abgeschlossen, dass ich mit meiner Musik nicht hineingekommen bin. Das sind hertmetische Kästen." Ein kurzer Kontakt habe sich über Mendelssohn ergeben. Auch als er vor einem Jahr gefragt wurde, hat er abgelehnt. Er hat die Goethe-Gedichte noch einmal gelesen, "aber alle blieben stumm." Erst bei Stellas zweitem Monolog blieb er hängen, fand er Lücken zwischen den abgerissenen Sätzen, in die er hineinstoßen konnte. So ist ein musikalischer Bogen oder Überbau entstanden, in den der Text gesenkt wurde. Sehr geholfen habe ihm, so Reimann, dass er genau wusste, für wen er komponierte: Caroline Melzer und Axel Bauni: "Man kann sich auf die Interpreten verlassen."

Bei Manfred Trojahn - "ich bin Bläser, mit ist das Klavier eigentlich fremd" - waren es identifikatorische Gründe, die ihn zu Goethe-Texten brachten. Und dann ganz einfach der Umstand, dass ihn der Tenor Daniel Behle um weitere Lieder für ein neues Album bat. So ist ein Zyklus entstanden, der der Frage nachgeht, "ob es so etwas wie Kontinuität in der Liebe gibt." Trojahn: "Ich wusste nicht, wer singen würde." Er halte sich auch bei Proben weitgehend raus.Wichtiger als der Komponist sei letztlich der Interpret.

Christian Kröber wies auf die Einzigartigkeit der Kissinger LiederWerkstatt hin: "Darin zeigt sich die Bandbreite des zeitgenössischen Schaffens, denn es kommen alle Kategorien zu Wort. Ideologisch sinbd wir nur in Qualitätsfragen." Es sei auch nicht selbstverständlich, dass sich sechs Komponisten gemeinsam auf einen Dichter einlassen. Und: "In der LiederWerkstatt gibt nicht nur Zeitgenössisches, sondern den großen Schatz des Liedgutes."