Keine Schonfrist der Polizei

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Lothar Manger, Verkehrssachbearbeiter bei der Bad Kissinger Polizei, kontrolliert nicht nur, ob Warnwesten im Auto sind, sondern empfiehlt auch, dass sie jederzeit greifbar aufbewahrt werden. Fotos: Ralf Ruppert
Lothar Manger, Verkehrssachbearbeiter bei der Bad Kissinger Polizei, kontrolliert nicht nur, ob Warnwesten im Auto sind, sondern empfiehlt auch, dass sie jederzeit greifbar aufbewahrt werden. Fotos: Ralf Ruppert
Simon Lewis von der ATU-Geschäftsstelle Bad Kissingen schätzt, dass nur in gut der Hälfte der Autos Westen liegen.
Simon Lewis von der ATU-Geschäftsstelle Bad Kissingen schätzt, dass nur in gut der Hälfte der Autos Westen liegen.
 

Wer keine Warnweste im Auto hat, muss ab sofort 15 Euro zahlen. Eine Pflicht zum Tragen gibt es jedoch nicht - auch wenn die Polizei das dringend empfiehlt.

Bad Kissingen — Der Chef der Bad Kissinger Polizei, Stefan Haschke, ist ein glühender Verfechter der Warnweste - nicht erst, seit er vor kurzem mit seinem Privatauto auf der Autobahn liegen blieb. "Man hat einfach ein besseres Gefühl", sagt er, schiebt aber gleich hinterher: "Trotzdem muss man natürlich höllisch aufpassen." Seit 1. Juli ist die Warnweste in Privatautos und Lkw endgültig Pflicht. Weil es die Empfehlung schon seit Jahren gibt und die Mitnahmepflicht lange angekündigt war, macht die Polzei auch gleich ernst: "Es gibt keine Veranlassung für eine Schonfrist, Verstöße können sofort geahndet werden", sagt Haschke. Sprich: Wer keine Weste dabei hat, zahlt 15 Euro. "Darauf sollte sich jeder einstellen."
"Warnwesten können Leben retten", sagte auch Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) zur Einführung der Mitnahmepflicht. Umso merkwürdiger ist, dass die Autofahrer die rote, orangene oder gelbe Weste bei einer Panne aber nicht anziehen müssen, wie in vielen anderen europäischen Ländern (siehe Info-Kasten). "Unsere Empfehlung ist natürlich, die Westen auch zu benutzen, vor allem bei schlechter Sicht und in der Dunkelheit", sagt Lothar Manger, Verkehrssachbearbeiter bei der Bad Kissinger Polizei.

Am besten in der Türablage

Deshalb sollte aus Mangers Sicht die Warnweste auch nicht zum Erste-Hilfe-Koffer in den Kofferraum gepackt werden, sondern in die Türablage - und zwar am besten in die Ablage aller Türen. Vorgeschrieben sei zwar nur eine Weste pro Fahrzeug, aber Mitfahrer sollten sich auch schützen können.
Ob gelb oder orange sei bei den Westen zweitrangig, wichtig sei nur, dass sie rundrum Reflektoren haben. Sicherheitsdreiecke, wie sie etwa die Saale-Zeitung an alle Abc-Schützen verteilt, reichten deshalb nicht aus - auch wenn sie bei der Schulweg-Sicherheit gute Dienste leisten.
"Wir empfehlen generell, Warnwesten aus Sicherheitsgründen im Pannenfall anzuziehen, egal in welchem Land", gibt ADAC-Jurist Michael Nissen Reisenden mit auf den Weg, die mit dem Auto in den Sommerurlaub aufbrechen. Polizei-Chef Haschke geht sogar noch einen Schritt weiter: Aus seiner Sicht könnte sogar mancher Unfall mit Fußgängern und Radfahrern verhindert werden, wenn gerade in dunklen Jahreszeiten öfter Warnwesten zum Einsatz kämen. Sichtbar zu sein, bringe Sicherheit.
Eins der vielen Geschäfte, in denen die Westen billig zu haben sind, ist die ATU-Geschäftsstelle Bad Kissingen. Deren Leiter Simon Lewis schätzt, dass nur in gut der Hälfte der Autos Westen liegen. In der eigenen Werkstatt werden bei jedem Check Verbandskasten und Weste kontrolliert und die Fahrer auf die Gesetzeslage hingewiesen. "Das machen wir schon das ganze Jahr so, also bereits vor dem 1. Juli." Dass trotzdem noch zwei von fünf Autos ohne Weste unterwegs sind, wundert auch Lewis, denn: Die Weste kostet gerade einmal zwei Euro. "Bei den meisten liegt sie im Kofferraum", ist eine weitere Beobachtung des Praktikers, aber: "Die, die Westen haben, haben meistens gleich zwei." Viele denken also an ihre Mitfahrer.


Warnwestenpflicht in anderen Ländern



In Österreich ist die Warnweste für den Fahrer verpflichtend. Bei schlechter Sicht müssen die Westen auf der Landstraße übergezogen werden. Die Strafe liegt zwischen 14 und 36 Euro.

In Belgien ist die Warnweste bei Pannen für Auto- und Motorradfahrer Pflicht. Die Geldbuße beträgt mindestens 50 Euro. Wer bei einer Kontrolle keine Weste dabei hat, wird aber nicht belangt.

In Frankreich gibt es die Mitnahme- und die Tragepflicht: Auch Mitfahrer müssen Warnwesten noch vor Verlassen des Fahrzeugs anziehen. Strafe: mindestens 90 Euro. Motorräder und Quads sind ausgenommen.

In Italien sind für den Fahrer außerhalb geschlossener Ortschaften auf der Fahrbahn Westen Pflicht. Strafe bei Nichtbeachtung: mindestens 41 Euro. Motorradfahrer sind ausgenommen. Kontrolliert wird aber nur die Tragepflicht, nicht die Mitnahme.

In Kroatien müssen Auto- und Motorradfahrer außerhalb geschlossener Ortschaften eine Weste dabei haben und bei Pannen überziehen. Verstöße werden aber nicht geahndet.

In Portugal riskieren Auto- und Motorradfahrer, die keine Warnweste dabei haben, Geldbußen von 60 bis 300 Euro. Wer im Notfall auf der Fahrbahn keine trägt, sogar 120 bis 600 Euro.

In Spanien müssen Fahrer von Autos, Omnibussen und Lastwagen Westen tragen, Moped- und Motorradfahrer hingegen nicht. Geldbuße: bis zu 100 Euro. dpa