Gautier Capuçon und Yuja Wang spielten Sonaten von Claude Debussy, Sergej Prokofieff und Sergej Rachmaninoff.
Bad Kissingen — Mit einem Sonatenabend für Violoncello und Klavier haben Gautier Capuçon und Yuja Wang das Abschlusswochenende des Kissinger Sommers 2014 eingeläutet. Die beiden spielen schon seit einiger Zeit als Duo regelmäßig zusammen, und da sie auch dem Kissinger-Sommer-Publikum bereits als eigenwillige musikalische Köpfe mit hoher Konfliktbereitschaft bekannt sind, durfte man sich auch an diesem Abend im Rossini-Saal eine Auseinandersetzung auf
höchstem Niveau erwarten.
Dass es dazu nicht durchgehend kam, lag nicht an den beiden Musikern, sondern am Programm. Denn Claude Debussys Sonate d-moll ist zwar kraftvolle Musik, aber keine Muskelspielerei, die die Musiker gegeneinander führt. Gautier Capuçon und Yuja Wang versuchten das auch gar nicht erst, sondern zielten in ihrem Spiel auf die Entwicklung von höchst differenzierten Klangfarben, wie zu Beginn des ersten Satzes, an dem die beiden Instrumente in
leisen, angenehm trockenen Tönen erst einmal das gemeinsame Thema suchten. Es waren die Kontraste des Poetischen, dabei keineswegs immer Leisen, die den Reiz der Interpretation ausmachten. Wobei Gautier Capuçon immer wieder genüsslich mit der etwas schnarrenden sonoren Tiefe seines Instruments spielte.
Mit Hang zum Grotesken Der zweite Satz wurde eher zum Nocturne als zur Serenade, in deren Einleitung sich das
Pizzicato des Cellos und das Staccato des Klaviers bis zur Unkenntlichkeit der Klangquelle vermischten. Und die gezielte Irritation setzte sich fort in einer gespenstischen Kette von Wahrnehmungsfetzen, in einem deutlich artikulierten Hang zum Grotesken, der sich in den brüchigen Passagen des Finalsatzes fortsetzte, bis die Musik mit einigen harten Schlägen und Akkorden an ihr Ende geriet.
Auch in Sergej Prokofieffs C-dur-Sonate op.
119 müssen sich die beiden Instrumente erst finden - das Cello mit einer kraftvollen, sonoren Kantilene, das Klavier mit einer kleinen, hohen Melodie. Das Ergebnis war eine Sanglichkeit, die bei Prokofieff durchaus überraschte, der sich einen Namen als Motoriker gemacht hatte, als Konfrontationen Suchender. Dass dieser Aspekt bei aller Friedlichkeit trotzdem im Hintergrund immer mitschwang, gab der Interpretation zusätzliche Tiefe.
Wunderbar leichthändig war auch das kleine Kinderlied angestimmt, das das Andante prägt. Aber gerade weil es so kindlich klang, war klar, dass die Musik so nicht weitergehen konnte. Aber die Erwartungen gingen in die Irre, und zwar gründlich. Denn auch das zweite Thema offenbarte einen bei Prokofieff nicht unbedingt erwarteten Humor. Erst im letzten Satz brach in grellen Klangfarben die Auseinandersetzung der beiden Instrumente los.
Da wurde Yuja Wang so zupackend heftig, dass sich Gautier Capuçon wirklich wehren musste.
Pure Spätromantik Spätromantik reinsten Wassers war schließlich die frühe g-moll-Sonate op. 19 von Sergej Rachmaninoff. Dem Eindruck des Pathetischen, das der Sonate gerne und nicht ganz zu Unrecht vorgeworfen wird, widerstanden die beiden durch eine sehr schlanke Tongebung.
Die kam wiederum dem melodischen Reichtum dieses Werkes zugute, insbesondere dem lyrischen Trio im zweiten Teil des Allegro scherzando, das so einen wunderbaren Kontrast zu dem nervösen Tremolo und den harten, kantigen Akkorden des Hauptteils erzeugte.
Zwei ebenso populäre wie delikate Zugaben gab es zum Schluss noch: die berühmte Vocalise op. 34/14 von Sergej Rachmaninoff und "Le cygne" ("Der Schwan") aus "Le carnaval des animaux" von Camille Saint-Saëns.