Die Kantorei Bad Kissingen und das Mitteldeutsche Kammerorchester begeistern mit Bachs Weihnachtsoratorium.
von unserem Mitarbeiter Werner Vogel
Bad Kissingen — "Jauchzet, frohlocket, auf, preiset die Tage!" Mit einem jubelnden Chor, festlichen Trompeten und Paukenwirbeln im Orchester beginnt das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach. In unterschiedlichsten musikalischen Ausdrucksformen wird verkündet: Freut Euch, die Zeit des Wartens ist vorbei, der Herr ist nahe.
Der Weihnachtsklassiker eroberte seit seiner Erstaufführung in Leipzig Konzertsäle und Kirchen weltweit.
Nachhaltiges Erlebnis Bad Kissingen ist da keine Ausnahme, und doch gelingt Burkard Ascherl mit der Kantorei Bad Kissingen, dem Mitteldeutschen Kammerorchester und den Solisten Brigitte Ascherl, Stefanie Rhaue, Maximilian Argmann und Simon Tischlerein ein besonders nachhaltiges Erlebnis, denn es passt viel
zusammen: Vorfreunde auf die Festtage, Festivalstimmung, weil das Konzert eingebunden ist in den Kissinger Winterzauber. Erwartung, dass der einzigartige Große Saal Max Littmanns wieder alle Klänge intensiviert und ein wenig Stolz, dass der große Chor so viele Freunde hat. So wird das Foyer des Regentenbaus zu einer Art Begegnungsstätte für festlich gestimmte Kissinger, die "ihre Kissinger Kantorei", die sie kennen und schätzen, in einem großen Konzert
erleben wollen.
Burkhard Ascherl vermochte es, den großen, harmonisch runden Klangkörper der Kissinger Kantorei nach intensiver Probenarbeit im Konzert zur Höchstleistung zu führen. Es war eine Vorstellung wie aus einem Guss, eine professionelle Gestaltung der Choräle, und selbst schwierige Chorsätze gerieten harmonisch, ausdrucksstark, aber nie überladen.
Hinter dem ausgefeilten Klangbild vermutet man den Perfektionisten, der schwierige Passagen auch ein zehntes Mal wiederholen lässt, wenn ihm die neunte Fassung noch nicht gefallen hat. So geschult, gelangen die Einsätze äußerst präzise, blieben Bögen über alle Stimmen hinweg hörbar, verhauchte das piano nicht und klang das fortissimo nicht bemüht, sondern mit starker Strahlkraft.
Mit dem Mitteldeutschen Kammerorchester, dessen besonderes Verhältnis zu Oratorien in der Zusammenarbeit mit dem Thomanerchor Leipzig begründet liegt, hatte das Konzert ein überaus tragfähiges Fundament, auf dem auch die Sängerinnen und Sänger glänzen konnten. Welch versierte Musiker das Orchester in seinen Reihen hatte, zeigte sich, wenn einzelne Instrumente in einen Dialog mit den Solisten traten.
"Schließe, mein Herze, dies selige Wunder" wurde so zu einem tiefempfundenen Zwiegespräch der Altistin Stefanie Rhaue mit der ersten Geige des Konzertmeisters. Die gebürtige Kitzingerin hat in Würzburg bei Ingeborg Hallstein studiert, ist am Städtebundtheater Hof engagiert und überzeugte auch mit warmer Intonation bei "Schlafe, mein Liebster...". Mühelos folgte sie der fließenden Melodie, und ihre ausgesungenen Bögen fanden sich mit dem Orchester
zu exakten Ausrufezeichen.
"Fürchtet Euch nicht...", verkündet der Engel die frohe Botschaft und tritt mit den Hirten in einen Dialog. Die schwierige Bravourarie meisterte Brigitte Ascherl glänzend. Mit ihrem starken, selbst in höchsten Höhen klaren Sopran ließ sie als Engel die Heilsgeschichte fast lebendig werden, führte mit der Oboe als einem der Hirten ein Zwiegespräch, während die Altistin, unsichtbar hinter der Bühne, das
überraschende Echo sang. So wollte Bach wohl sein Oratorium sehen: Die Gemeinde erlebt die Krippe. Hirten und Weise aus dem Morgenland werden hörbar, erlebbar.
Auch beim Duett mit Bass Simon Tischler glänzte die Kissingerin beim ergreifenden "Herr, Dein Mitleid, dein Erbarmen", war einfühlsame Partnerin des gefragter Oratoriensängers. "Großer Herr, oh starker König" sang Tischler ganz ausdrucksstark, ohne in die Nähe des Pathos abzugleiten.
Der junge Tenor Maximilian Argmann scheint prädestiniert für Lieder und auch Oratorien. Seine äußerst präzise gesungenen Rezitative führten verständlich in die Heilsgeschichte ein. Seine Tenorarie "Frohe Hirten, eilt.." unterstrich, dass Argmann sein Potential, das er derzeit als "Symon" im Bettelstudent in Meiningen unter Beweis stellt, noch längst nicht ausgereizt hat.
Das Publikum feierte die Künstler mit starkem Beifall und etlichen Bravorufen.