Ist der Biber Glücksfall oder Landplage?

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Biber-Berater und Naturschutzwächter Jörg Hagedorn versucht bei Konflikten mit dem Biber zu vermitteln. Auf dem Bild ist er mit Hund Rico am Biber-Damm im Golfplatz zu sehen. Foto: Ralf Ruppert
Biber-Berater und Naturschutzwächter Jörg Hagedorn versucht bei Konflikten mit dem Biber zu vermitteln. Auf dem Bild ist er mit Hund Rico am Biber-Damm im Golfplatz zu sehen. Foto: Ralf Ruppert
 
 

Jörg Hagedorn hilft bei Konflikten mit dem Nager. 180 Biber gibt es mittlerweile im Landkreis, die ersten wurden "entnommen". Mit Kommentaren.

1867 wurde der Biber in Bayern ausgerottet, 1966 hat der Bund Naturschutz die ersten Tiere wieder neu ausgesetzt. Mit Erfolg: Auf 18 000 Tiere schätzt das Landesamt für Umwelt die Population heute. Rund 180 Biber leben aktuell in 57 Revieren im Landkreis Bad Kissingen. Was Naturschützer als Erfolg feiern, führt aber immer öfter zu Konflikten.


Tägliche Kontrolle nötig

Beispiel Bad Kissinger
Golfplatz: Mitte April ließ sich ein Biber am Lollbach zwischen der Saale und Arnshausen nieder. Wegen seines Dammes floss das Wasser mitten durch die Spielbahn sieben. "Die Spielbahn ist jetzt wieder nutzbar, aber es muss jeden Tag jemand hin und das wegnehmen, was der Biber in der Nacht gebaut hat", berichtet Franz-Josef Schäfer, Präsident des Golfclubs. Für den Verein bedeute das einen "fast nicht mehr zumutbaren Aufwand", für die Spieler ist es ärgerlich: "Unsere Mitglieder haben da ja noch Verständnis, aber die Gäste verlangen natürlich einen bespielbaren Platz."
Noch länger ärgert sich der Angelsportverein Hammelburg bereits mit dem Nager herum: "Der erste Biber kam 2011 in unsere Anlage", berichtet Rudolf Hanke. Biber fressen zwar keine Fische, aber sie hölen mit ihren Gängen den Untergrund aus und schleifen Äste für den Winter in die Teiche. "Die Zufahrt zu unserer Hütte war so unterhöhlt, dass wir sie nicht mehr nutzen konnten", berichtet Hanke, und: "Der Biber wühlt den Schlamm ständig auf, das stört die Winterruhe der Fische." Einen Teich habe der Verein extra ablassen müssen, dabei seien zehn Fluchtgänge und eine Burg ans Tageslicht gekommen. "Wir haben wahnsinnig hohe Unkosten durch den Biber", lautet die Bilanz von Rudolf Hanke. Das wirke sich auch auf das Vereinsleben aus: "Die Mitglieder sind nicht mehr bereit, das Anglerfest abzuhalten, um das Geld dann für den Biber auszugeben."
Wenn solche Konflikte auftauchen, kommt Biber-Berater und Naturschutzwächter Jörg Hagedorn zum Einsatz: Der 54-Jährige ist im Auftrag der Unteren Naturschutzbehörde unterwegs. Für ihn steht zunächst der Nutzen des Bibers im Vordergrund: "Es werden viele Millionen Euro für Renaturierung und Hochwasserschutz ausgegeben, der Biber macht das ganz allein", sagt Hagedorn. Der Biber komme mittlerweile flächendeckend im ganzen Landkreis vor. Zunächst sei er entlang der Sinn im Norden aufgetaucht, aber: "Im Alter von zwei Jahren werden die Jungtiere regelrecht weggebissen", verweist er auf die Ausbreitung. Dann könnten die bis zu 30 Kilogramm schweren Tiere auch weite Strecken über Land laufen. Deshalb seien sie an allen Flüssen und Bächen in der Region angekommen.
"Biber sind sehr genügsam, sie brauchen kein klares Wasser", sagt Hagedorn über den Lebensraum. Deshalb machten sie auch vor Kläranlagen nicht Halt. Wenn Klärbecken oder Hochwasserschutzdämme gefährdet sind, sei auch eine so genannte Entnahme von Bibern möglich. Vorrang habe dabei bislang die Umsiedlung, allerdings gebe es immer seltener geeignete Reviere. "Ein Abschuss kommt so gut wie nie vor", fasst Hagedorn die aktuelle Lage im Landkreis zusammen.


"Als Wildtier eingestuft"

"Der Biber ist als Wildtier eingestuft", betont Lena Pfister, Sprecherin des Landkreises Bad Kissingen. Der Kreis halte die Richtlinien des "Biber-Managements" strikt ein. "Das bedeutet, dass jeder Einzelfall geprüft und hierbei über das weitere Vorgehen entschieden wird." Heuer seien Tiere sowohl zum Fang, als auch zum Abschuss freigegeben worden. Der Abschuss sei auf dem Gelände der Kläranlange in Katzenbach ermöglicht worden. "Zum Abschuss werden Tiere jedoch nur als letztes Mittel und in Ausnahmefällen freigegeben", sagt Lena Pfister.

"Bayern ist bis auf die Hochlagen in den Alpen und in Ostbayern sowie einige Verbreitungslücken in Nordbayern flächendeckend besiedelt", teilt das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) zur Population des Bibers mit. Aktuell leben bayernweit rund 18 000 Biber in 4500 bis 5000 Revieren.


"Werden langsam zur Landplage"

"Aus meiner Sicht ist der Artenschutz überzogen, die Biber werden langsam zur Landplage", sagt Rudolf Hanke, der fast täglich Schäden der Nager rund um die Obereschenbacher Teiche beseitigt. Am meisten ärgert ihn, dass nur gewerbliche Schäden ersetzt werden, der Angelsportverein Hammelburg dagegen bleibt auf seinen zusätzlichen Ausgaben sitzen. Er würde sich wünschen, dass die Biber-Population stärker eingedämmt wird. "Als Golfplatz-Betreiber müssen wir ein Stück weit mit der Natur leben, aber es muss halt handhabbar bleiben", drückt sich Golfclub-Präsident Franz-Josef Schäfer deutlich diplomatischer aus.
Der Biber hat in Bayern keine natürlichen Feinde. Deshalb wird er in vielen Teilen des Freistaates durchaus von Menschenhand dezimiert: Im vergangenen Jahr wurden laut LfU 1435 Biber "entnommen", also umgesiedelt oder zum Abschuss frei gegeben. In der Oberpfalz stimmten die Behörden 2015 in 417 Fällen einer Beseitigung zu, in Niederbayern in 392 Fällen, in Unterfranken laut LfU in keinem einzigen Fall.
"Die Biber-Populationen regulieren sich weitestgehend selbst", begründet das Landratsamt Bad Kissingen sein Vorgehen. "Jeder Landkreis hat sich an die Biber-Richtlinien zu halten", heißt es aus der Behörde. Die unterschiedlichen Zahlen würden sich aus der unterschiedlichen Population ergeben.

Ein Kommentar pro Biberschutz von Jule Albert:

Es lebe der Biber!

Jedes Jahr aufs neue haben die Bad Kissinger mit Hochwasser zu kämpfen, die Saale und ihre Nebenflüsse treten über die Ufer. Die Biberdämme aus Schlamm und Ästen stauen das Flusswasser auf. Durch eine geringere Fließgeschwindigkeit trägt der Biber zur Renaturierung von Flüssen und Bächen bei: Hochwasser wird abgeschwächt. In trockenen Sommern dienen die angestauten Bäche als natürliche Wasserspeicher. Viele Tiere und Pflanzen nutzen die vom Biber errichteten Dämme und die überschwemmten Flussufer als Lebensraum. Von diesen Bedingungen profitieren auch bedrohte Arten, wie der Laubfrosch, der Eisvogel oder die Sumpfdotterblume. Durch abgenagte Bäume entstehen kleinere Lichtungen. So können sich auch lichtliebende Pflanzen verbreiten, und der Wald bleibt durch nachwachsende Bäume jung. Auch wenn die Nager heute weniger Schutz brauchen, schaffen sie neuen Artenreichtum und natürliche Flusslandschaften, die es wert sind, bewahrt zu werden.


Ein Kommentar contra Biberschutz von Ralf Ruppert:

Schutz hat seine Grenzen

Der Biber lebte vielleicht schon vor dem Menschen im Saaletal, hat also ältere Rechte. Trotzdem ist der völlig überzogene Schutzstatus längst nicht mehr aktuell. Der Große Panda wurde international vor kurzem von "stark gefährdet" auf "gefährdet" zurück gestuft, weil es wieder über 2000 Exemplare gibt - weltweit! Wenn alleine in Bayern 18 000 Biber leben, ist das nicht nur ein schöner Erfolg für Naturschützer, sondern auch ein Signal, dass der Schutz gelockert werden kann. Ich würde es jedenfalls als Zumutung empfinden, wenn ich entlang eines Gewässers um meine Streuobstwiese oder meinen Garten bangen müsste. Ein alter Apfelbaum einer aussterbenden Sorte mit Bruthöhlen ist aus meiner Sicht genauso schützenswert. Wilde Natur und überschwemmte Auenwälder freuen mich als Wanderer, aber der Mensch hat sich eine Kulturlandschaft geschaffen und landwirtschaftliche Flächen urbar gemacht, die nicht alle wieder aufgegeben werden können. Hier hat der Biber-Schutz Grenzen!