Hammelburg gewinnt ab 1. Oktober einen neue Facharzt. Sein medizinisches Gebiet war in der Stadt bisher noch nie vertreten.
Er ist schon nach
Hammelburg umgezogen und hatte Zeit sich in der Stadt etwas umzusehen. Die Gegend gefalle ihm, sagt Dr. Bogdan Radu. Zum Beweis zückt er sein Smartphone, um einige Fotos von der Altstadt zu zeigen, die er gemacht hat. Ab 1. Oktober praktiziert Radu als Urologe in Hammelburg. Es ist das erste Mal, dass ein Arzt dieses Fachgebiets in der Stadt sitzt.
Das betonen Dr. Fuat Edgü und Dr. Marius Barbuia nicht ohne Stolz. "Damit wird die Versorgungssituation in Hammelburg gestärkt", sagt Edgü. Die beiden Mediziner haben den Kollegen schließlich auch an ihr Ärztezentrum geholt. Sie haben einen Urologen gesucht, erklärt Barbuia, als Ergänzung zur Gynäkologin, die in der Einrichtung schon arbeitet.
Radu stammt gebürtig aus Rumänien. Er arbeitete zuletzt in einem Krankenhaus im Ruhrgebiet. Der 34-Jährige hat auch eine Zulassung für Frankreich, wo er einige Monate verbrachte.
Er hätte sogar eine Stelle in Toulouse annehmen können, schlug sie aber zugunsten von Hammelburg aus. Edgü findet das besonders erwähnenswert.
Nicht nur die Überschaubarkeit der Stadt hat für Radu für Hammelburg gesprochen. Er habe nicht mehr in einem Krankenhaus arbeiten wollen, was auch in Frankreich der Fall gewesen wäre. Und die Organisationsform des Ärztezentrums, das im Gebäude des Hammelburger Krankenhauses zu finden ist, hat ihn ebenfalls angesprochen: Radu muss nicht in eine eigene Praxis investieren und hat ein Team um sich. "Als Facharzt allein anzufangen ist schwierig", sagt der Urologe.
Edgü betont ebenfalls die Vorteile, in einem Team zu sein. Er und Barbuia können sich in ihrer Entscheidung, ein Ärztezentrum zu bilden, bestätigt fühlen. Denn der Urologe ist schon der zweite Fachmediziner, den sie dank dieser Kooperationsstruktur gewinnen konnten.
Die erste Neuanwerbung war die Gynäkologin Dr. Barbara Wehr. Seit rund anderthalb Jahren praktiziert sie im Ärztezentrum und äußert sich zufrieden. Mit ihrem neuen Kollegen könne sie nun fachübergreifend arbeiten.
Dass ein neuer Arztsitz in Hammelburg geschaffen werden kann, liegt an der bisherigen Versorgungslücke im Bereich der Urologie. Der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen, der für die Bedarfsplanung zuständig ist, stellte bereits vor einiger Zeit eine drohende Unterversorgung im Landkreis Bad Kissingen fest, wie von der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) zu erfahren ist. Der aktuelle Versorgungsatlas der KVB nennt für den Landkreis einen Versorgungsgrad von 86 Prozent - es gibt zwei Urologen in Bad Kissingen und einen in Bad Brückenau.
Die allgemeinmedizinische Versorgung sieht im Raum Hammelburg dagegen noch gut aus.
Allerdings deuten sich angesichts des hohen, über dem Landesschnitt liegenden Durchschnittsalters der Hausärzte Probleme für die kommenden Jahren an.
Daher nimmt sich seit Frühjahr die Allianz Fränkisches Saaletal des Themas an. Zwei Büros haben im Auftrag des Verbunds die derzeitige Situation und die Befindlichkeiten der Hausärzte untersucht. Die Ergebnisse werden den Bürgermeistern und Medizinern am 9. November vorgestellt. Auf Nachfrage fasst Allianzmanager Matthias Bickert vorab kurz zusammen, was die Ärzte fordern: Sie erwarten von den Kommunen infrastrukturelle Unterstützung, zum Beispiel bei Parkplätzen.
Bei der Gesprächsrunde am 9. November sollen die Teilnehmer über mögliche künftige Kooperationsformen diskutieren. Ein Beispiel für Modelle jenseits des traditionellen, niedergelassenen Einzelarztes ist zum Beispiel das Ärztezentrum.
Edgü und Barbuia sehen ihre Einrichtung noch nicht ganz als komplett an: Nach Gynäkologie und Urologie wollen sie ein drittes Fachgebiet abdecken. Sie suchen einen HNO-Arzt. In diesem medizinischen Bereich gilt der Landkreis Bad Kissingen ebenfalls als unterversorgt.