678 Jahre nach der Gründung schließt das Pflegeheim mitten in der Altstadt. Ende Oktober zog die letzte Bewohnerin aus. Wie es mit der Einrichtung weitergeht, ist vorerst offen. Die Stadt verhandelt aktuell.
Nach der nicht-öffentlichen Entscheidung des Stadtrates, das Pflegeheim im Bürgerspital zu schließen, hatte es im April 2021 noch Proteste gegeben, nun schloss die Einrichtung ganz lautlos endgültig ihre Pforten: Ende September zog die vorletzte, Ende Oktober dann die letzte Bewohnerin aus. Nach Angaben der Carl-von-Heß'schen Sozialstiftung wechselten zwölf der 28 Bewohner ins Hammelburger Dr.-Maria-Probst-Heim und vier ins Euerdorfer Seniorenheim. Von den 31 Mitarbeitern sei bislang einer übernommen worden. Ob weitere folgen, ist offen: "Momentan laufen keine Verhandlungen", teilt die kreiseigene Stiftung auf Nachfrage mit. Bürgermeister Armin Warmuth (CSU) dankte den Beschäftigten des Bürgerspitals zum Abschied für ihre "engagierte, liebevolle Tätigkeit".
Einer der Angehörigen, die sich über Jahre für den Erhalt des Bürgerspitals eingesetzt hatten, ist der Hammelburger Gerd Schäfer. Die Schließung des Pflegeheims mitten in der Altstadt schmerze ihn immer noch, allerdings freut er sich, dass er für seine Schwester Helga ein Einzelzimmer im Dr.-Maria-Probst-Heim bekommen hat. "Ich bin heilfroh, meine Schwester hat die neue Umgebung sehr gut angenommen", zieht Gerd Schäfer rund sechs Wochen nach dem Umzug Bilanz. Schäfer lobt die Atmosphäre und die Versorgung im Pflegeheim der Carl-von-Heß'schen Sozialstiftung. Einziger Haken: Er müsse den Rollstuhl immer den steilen Berg hochschieben, um mit seiner Schwester weiter am öffentlichen Leben in der Innenstadt teilnehmen zu können. "Aber da kann das Probst-Heim natürlich nichts dazu."
Gespräche mit kreiseigener Stiftung
Zur Zukunft des Bürgerspitals sagt Bürgermeister Warmuth auf Nachfrage: "Wir führen mit der Carl-von-Heß'schen Sozialstiftung Gespräche." Eine Zwischennutzung, etwa als Lager, sei nicht geplant. Laut Bürgermeister sorge die Stadtverwaltung in Zukunft für den Unterhalt des Gebäudes. Die Heß'sche Sozialstiftung bestätigt zwar ebenfalls die Gespräche mit der Stadt, nennt allerdings auf Nachfrage keine konkreten Ziele: "Das wird derzeit noch geklärt", heißt es dazu lediglich.
Unklar ist noch, was nach der Schließung an Kosten auf die Stadt Hammelburg zukommt. "Aufgrund der Abwicklung wird die Stadt finanziell unterstützen müssen", erwartet Bürgermeister Warmuth. Das Grundstockvermögen aus der Bürgerspital-Stiftung dürfe dafür nicht herangezogen werden.
Zwischen den beiden Hammelburger Sozialstiftungen gab es auch Kooperationsverträge, etwa bei der Essensversorgung oder der Wäscherei. Die Carl-von-Heß'sche Sozialstiftung versichert jedoch, dass bei ihr keine Arbeitsplätze abgebaut werden müssen durch die Schließung. "Die Entwicklung des Bedarfs an Pflegeplätzen wird allgemein steigen und das Angebot schon aufgrund des Fachkräftemangels sinken", kommentiert die kreiseigene Stiftung die allgemeine Lage in der Stadt. Im Probst-Heim versorgen aktuell 115 Mitarbeiter 106 Bewohner.
"Wehmut, aber auch Dankbarkeit"
"Wehmut, aber auch ganz viel Dankbarkeit" herrschte laut Bürgermeister Warmuth bei der letzten Zusammenkunft der Beschäftigten des Bürgerspitals. Nach dem Umzug der letzten Bewohnerin habe es ein Abschiedsessen gegeben. Warmuth ging dabei auf die lange Geschichte des Bürgerspitals ein (siehe Infokasten). "Ohne Ihren herausragenden Einsatz und die familiäre Atmosphäre, die Sie damit im Bürgerspital erzeugt haben, hätte die Einrichtung nicht so lange bestehen können", dankte er den Mitarbeitern. Am Ende seien es vor allem gesetzliche und bauliche Vorgaben gewesen, die nicht hätten erfüllt werden können.
Der Bürgermeister erinnerte auch noch einmal an die Corona-Pandemie und die bedrückenden Todesfälle im Jahr 2020. Er werde die Situation rund um Ostern 2020 nie vergessen. Alle Mitarbeiter seien damals "an ihre persönlichen Grenzen gegangen".