Der frühere Diebacher Pfarrer Michael Erhart ist schon 54 Mal in die ewige Stadt gereist, und die 55. Fahrt steht bevor. Eines ist sicher: Dem 44-Jährigen wird gewiss "nicht langweilig".
Einige Städte und Gemeinden, auch im Landkreis Bad Kissingen, tun es. Sie ehren Urlauber, die öfters kommen. Beim zehnten Aufenthalt gibt es die ersten Urkunden. Beim 20. Urlaub wird schon etwas größer gefeiert, und 25 Mal in der gleichen Kommune gilt als außergewöhnlich. Der geehrte Urlauber geht fast als Einheimischer durch.
Nach dieser Interpretation ist Michael Erhart kein Zeiler. Auch kein Sander, kein Krumer und kein Ziegelangerer. Die vier Orte bilden die Pfarreiengemeinschaft "Am Weinstock Jesu", deren Pfarrer der 44-Jährige ist. Michael Erhart müsste eigentlich als Ur-Römer angesehen werden. 54 Fahrten in die ewige Stadt, die heutige Hauptstadt Italiens, hat der Priester schon unternommen, der seit 2011 im Pfarrhaus in Zeil wohnt.
Vorher war er sieben Jahre (2004 bis 2011) Pfarrer in Diebach im Landkreis Bad Kissingen (Pfarrgemeinde "Am Sturmiusberg").
Steigerungsfähig
54 Urlaubsfahrten ans gleiche Ziel. 54 Mal Rom. Das wird doch eintönig, oder? Michael Erhart scheint auf diese Frage zu warten, und seine Augen beginnen zu leuchten. Eintönig? Auf keinen Fall. Trotz der 54 Fahrten wird es ihm "nicht langweilig", und wer ihn ein bisschen kennt und einmal an einer Rom-Fahrt mit ihm teilgenommen hat, der weiß, dass die Zahl 54 steigerungsfähig ist. Erheblich steigerungsfähig.
Mitte der 1980er Jahre hat die Leidenschaft für Rom ihren Anfang genommen. Als damals 13-Jähriger wollte Michael Erhart bei der Diözesan-Wallfahrt für die Ministranten nach Rom dabei sein. Das Problem: Aus der Heimatpfarrei in Schweinfurt war er der einzige, der sich für die Fahrt interessierte. Kein anderer Ministrant wollte mit.
Also wurde Erhart kurzerhand einer anderen Pfarrei zugeteilt, die die Rom-Tour mitmachte. Michael Erhart wurde ein Krumer. Der damalige Krumer Pfarrer Klaus Oehrlein nahm Michael Erhart unter seine Fittiche und mit in die ewige Stadt.
Klaus Oehrlein war damals zum neunten Mal schon in Rom. Als Michael Erhart das erfuhr, fragte der 13-Jährige sich: Wie kann man so oft nach Rom fahren? Man kann. Man kann sogar noch viel häufiger. Ein Schlüsselerlebnis in Rom war es, das die Leidenschaft Michael Erharts für die italienische Hauptstadt entzündete: Der 13-Jährige traf den damaligen Papst Johannes Paul II. und schaffte es sogar, dem Oberhaupt der katholischen Kirche die Hand zu schütteln. "Ich war schnell", sagt Erhart heute lachend.
Sicher schneller als andere Ministranten, die nicht so nahe an den Papst aus Polen herankamen.
Nur eine Ausnahme
Die nächste Rom-Reise folgte 1991 (Abitur-Fahrt), und dann ging es jedes Jahr bis heute mehrmals in die Stadt am Tiber. Einzige Ausnahme: das Jahr 2000. Ausgerechnet im "Heiligen Jahr", das der Papst für 2000 ausgerufen hatte, fehlte Michael Erhart in Rom. Der Grund: Beim Besuch 1999, als Rom sich für das "Heilige Jahr" vorbereitete, waren so viele Gebäude in der Stadt eingerüstet, dass dem Priester die Lust vergangen war. Aber 2001 kam sie wieder und ist bis heute ungebrochen. Jetzt im November geht es zum 55. Mal nach Rom.
Was fasziniert ihn so an der Stadt, die einst das Zentrum eines Weltreichs war und heute der Mittelpunkt der katholischen Kirche ist?
Wahnsinnig viel kommt zusammen, erzählt der Seelsorger.
Kultur, Geschichte, Kirchen und Bauten bilden "eine perfekte Kombination", sagt er. Und das alles auf engem Raum. Jede der rund 1000 Kirchen ist für ihn ein Glanzpunkt. Außerdem: Ihm gefällt die Mentalität der Römer. "Die Mischung macht's", fasst der 44-Jährige zusammen.
Seine Begeisterung für Rom springt auf die Menschen über, die ihn bei seinen Reisen begleiten. Es hat sich herumgesprochen, dass Rom-Reisen mit Michael Erhart etwas Besonderes sind. Gruppen sind mit dem Seelsorger unterwegs, oft zu Fuß, viel im Linienbus und in der U-Bahn. Sie erfahren Interessantes über das antike Rom, das Leben in der Stadt und natürlich über die katholische Kirche mit ihren 266 Päpsten.
Nachts auf dem Petersplatz
Neben Johannes Paul II. hat Erhart mittlerweile einen zweiten Papst persönlich getroffen, nämlich Benedikt XVI.
Dabei halfen ein Schweizer und der Zufall. Das kam so: Vor einigen Jahren nahm Michael Erhart an einer Priesterwallfahrt nach Rom teil. Er durfte im Gästehaus des Vatikans wohnen, dem Domus Santa Marta, das direkt neben dem Petersdom liegt und in dem der heutige Papst Franziskus Quartier bezogen hat.
Erhart kehrte damals nach einem Ausflug in die Stadt spät heim. Nachts um drei Uhr lief er über den Petersplatz. Man braucht eine gute Ausrede, um zu dieser Zeit über den weltberühmten Platz zu gehen, denn das Areal wird jeden Tag um 23 Uhr gesperrt und streng bewacht. Erhart hatte eine Ausrede. Er konnte dem Schweizer Gardisten, der als Wache eingesetzt war, den Schlüssel für das Vatikan-Gästehaus vorzeigen.
Der Priester kam mit dem Gardisten ins Gespräch und fragte ihn, ob und wie es möglich sei, den deutschen Papst (Joseph Ratzinger) zu treffen.
Der Papst war im Hof
Die Antwort bekam Michael Erhart am Morgen des gleichen Tages. Auf den Vorplatz des Vatikan-Gästehauses trat Michael Erhart just zu dem Zeitpunkt hinaus, als sich Benedikt XVI. dort aufhielt. Vor lauter Aufregung wusste Erhart nicht, was er sagen sollte. Ein Satz kam ihm doch über die Lippen: "Ich bitte um Segen für mich und meine Gemeinde." Mehr fiel ihm nicht ein. Nur wenige Meter entfernt stand der Schweizer Gardist, schmunzelte und sagte: "War doch ganz einfach."