Das Altenheim in Euerdorf bekommt einen neuen Betreiber. Zuvor ist ein Umbau des Hauses geplant. Bewohner und Angehörige müssen sich um einen Ausweichplatz kümmern.
Den Bewohnern des Altenheims steht ein Umzug bevor. Ende des Jahres schließt das Haus für voraussichtlich sechs Monate. Nach einer Umbauphase öffnet es unter einem neuen Betreiber wieder.
Der Vertrag mit der Haus der Familie Martin-Schnapp GmbH, dem jetzigen Betreiber des Altenheims, läuft zum 31. Dezember 2015 aus. Die Philippi'sche Stiftung, der die Sozialeinrichtung gehört, hatte den Pachtvertrag im Dezember 2013 fristgerecht gekündigt, wie Stiftungsratsvorsitzender Pater Sony Kochumalayil und Stiftungsratsmitglied und Bürgermeisterin Patricia Schießer (CSU) bei einem Informationsabend erklärten.
Zu dem hatte die Philippi'sche Stiftung die überraschten Ortsbewohner geladen, um die Hintergründe mitzuteilen.
Laut Pater Kochumalayil gab es in der Vergangenheit Unstimmigkeiten darüber, wer für Reparaturen - zum Beispiel des Aufzugs - verantwortlich ist, die Philippi'sche Stiftung oder der Betreiber. Grund seien ungenaue Vertragsformulierungen gewesen, weshalb mit der Kündigung eine neue vertragliche Basis geschaffen werden solle.
Weniger Betten
"Überall um Euerdorf herum entstehen neue Häuser. Diese konkurrieren mit uns", sagte Schießer. Sie begründete den geplanten Umbau mit der neuen Heimverordnung. Die schreibt unter anderem eine höhere Anzahl an Einzelzimmern vor. Daher wird sich die Aufteilung ändern: Das Euerdorfer Heim wird nach der Baumaßnahme neun statt 15 Doppelzimmer und elf statt acht Einzelzimmer bieten. Dazu kommt noch ein Reservezimmer. Somit verringert sich die Bettenzahl von 38 auf 30.
Die Umbaupläne umfassen aber noch mehr Änderungen.
Stiftungsratsmitglied Joachim Kaiser zählte unter anderem die Erneuerung des Brandschutzes, die Erweiterung des Speisesaals und einen Wintergarten auf. Die Philippi'sche Stiftung rechnet zurzeit mit Kosten von 700 000 Euro. Der Umbau soll nach Möglichkeit nur sechs Monate dauern. Für diese Zeit müssen die Bewohner das Haus allerdings verlassen.
Die rund 80 Teilnehmer des Infoabends - Angehörige von Heimbewohnern oder zumeist ältere Menschen aus dem Ort - reagierten überwiegend mit Unverständnis auf die Ankündigung. Die Äußerungen fielen teils sehr emotional aus. Sie kritisierten, nicht schon früher über die Situation informiert worden zu sein.
"Man hätte das vorher diskutieren müssen", meinte Gemeinderat Elmar Hofmann (Bürgerblock Euerdorf), der sich ebenfalls überrascht zeigte.
Viele zweifelten den Sinn des Umbaus auch deshalb an, weil sie nach der Sanierung höhere Preise für die Pflegeplätze befürchteten. Der Vorwurf der "Luxussanierung" stand gar im Raum. Nicht zuletzt offenbarte sich bei den Angehörigen ein großer Beratungsbedarf, wie sie jetzt am besten vorgehen sollten. Die Heimbewohner müssen sich aus ihrem individuellen Vertrag mit dem jetzigen Betreiber lösen und zumindest für eine Übergangszeit einen neuen Pflegeplatz suchen.
Schießer versprach, dass die Philippi'sche Stiftung 50 Prozent - maximal 250 Euro - der Verlegungskosten nach Vorlage von Belegen übernehmen werde, denn die Verlegung wird von den Pflegekassen nicht bezahlt.
Die Bürgermeisterin verteidigte den Zeitpunkt der Information als den frühest möglichen: Am 5. August ist die Entscheidung dem jetzigen Betreiber mitgeteilt worden. Die Philippi'sche Stiftung habe erst an die Öffentlichkeit gehen können, nachdem der Vertrag mit dem neuen Betreiber feststand.
Es ist die Carl von Heß'sche Sozialstiftung Hammelburg. An sie geht der Betrieb des Euerdorfer Altenheims zum 1. Juli 2016 über. Da das Haus zu klein sei, um alleine wirtschaftlich geführt zu werden, wie Stiftungsvorstand Marco Schäfer sagte, wird es an das Probst-Heim in Hammelburg angegliedert. Von dort kommt zum Beispiel künftig das Essen. Ein analoges Modell verfolgt die Heß'sche Stiftung bereits in Oberthulba: Das dortige Seniorenhaus Thulbatal ist dem Haus Waldenfels in Bad Brückenau angegliedert.
Aussicht auf Rückkehr
Auch Schäfer betonte, dass der
Umbau aufgrund der gesetzlichen Vorgaben notwendig ist. Er erklärte: "Nur wenige Menschen wollen heutzutage in ein Doppelzimmer." Es entstehe "kein Luxusaltenheim". Ein saniertes Haus habe allerdings andere Preise als ein altes Haus. Die vom Umzug betroffenen Heimbewohner sollen nach dem Umbau in das neueröffnete Euerdorfer Haus bevorzugt zurückkehren können.
Für den künftigen Betrieb des Euerdorfer Heims gab es laut Schießer zwei Angebote: neben dem des bisherigen Betreibers, der Martin-Schnapp GmbH, das der Heß'schen Stiftung. Den Ausschlag für die Heß'sche Stiftung gab die längere Vertragslaufzeit von 20 Jahren und offenbar auch eine höhere Pacht. Die Pachteinnahmen sind die Ertragsquelle der Stiftung.
So begründete Schießer die Entscheidung für die Heß'schen Stiftung damit, dass die Sicherung der Einrichtung "unabdingbar" sei.
Pfarrer Kochumalayil erwähnte, dass beim jetzigen Betreiber in der Vergangenheit "finanzielle Differenzen" aufgetaucht waren. Der Betreiber habe vor einigen Jahren mit Pachtzahlungen im Verzug gestanden, wobei alle Rückstände mittlerweile gezahlt worden seien.
Auf Nachfrage sagte Peter Martin, er habe erwartet, dass der Vertrag wieder mit der Martin-Schnapp GmbH geschlossen werde. Der Geschäftsführer der GmbH und stellvertretende Heimleiter äußerte sich überrascht über die Entscheidung der Stiftung und ihre Mitteilung vom 5. August.
Es sei normal, dass Verträge auch einmal Interpretationsspielraum lassen und an neue Gegebenheiten angepasst werden müssen.
Aber letztlich sei der, nun gekündigte, Vertrag damals von der Stiftungsaufsicht geprüft worden.
Die früheren Pachtrückstände erklärte Martin damit, dass bei einzelnen Bewohnern aufgrund der kurzfristigen Unterbringung die Kostenübernahme durch die Pflegekassen noch nicht geklärt gewesen sei. Außerdem sei die GmbH in der Anfangsphase in Vorleistung gegangen, um die Einrichtung am Laufen zu halten.
Martin bezeichnete die Schließung als dramatisch für die Heimbewohner. Derzeit sind es laut dem Geschäftsführer 34. Er hatte bereits vor wenigen Tagen in einem offenen Brief an die Angehörigen Unterstützung bei der Suche nach einem neuen Pflegeplatz angekündigt.