In der Reihe "Erlebt & Erzählt" reichten diesmal die Plätze nicht aus, auf soviel Interesse stieß das Thema Basaltabbau auf dem Sodenberg.
Der Basaltabbau auf dem Sodenberg lockte im Rahmen der Vortragsreihe "Erlebt & Erzählt" diesmal eine enorme Zuhörerzahl in die Stadtbibliothek Hammelburg. Mit Dr. Hans-Georg Leimbach, dem Enkel des einstigen Besitzers, konnte Initiator Ernst Stross einen kompetenten Zeitzeugen als Referenten gewinnen.
Offensichtlich ein interessantes Thema für viele Menschen aus der Region, reichten die Plätze in der ausgeräumten Bücherei nicht aus, etliche mussten den Vortrag stehend verfolgen. "Wir sind geplättet", staunte Bibliotheksleiterin Karin Wengerter. Altbürgermeister Stross bot sogar einen zweiten Termin zum Thema voraussichtlich im nächsten März an.
Der Basaltabbau aus dem vor 65 Millionen Jahren entstandenen vulkanischen Gipfel des Sodenbergs - einer von vielen "Vulkänchen" in der Rhön - bot in den schwierigen Zeiten des beginnenden 20. Jahrhunderts einen Arbeitsplatz und Verdienst. Denn Basalt brauchte man damals zum Bau von Straßen und Wegen und besonders der noch in den Kinderschuhen steckende Schienenverkehr war auf das Material als Unterbau für das Gleisbett angewiesen.
Leimbach, ein kundiger Führer, ging zunächst auf die Geschichte der Burg Kilianstein ein, die häufig Zankapfel zwischen den politischen Mächten war, aber nach und nach verfiel. Der Abbruch im Krater begann im späten 19. Jahrhundert. Eine Schmalspurbahn transportierte die Steine nach Morlesau, dessen Bewohner um ihre hölzerne Saalebrücke bangten.
Trotz schwerer Arbeit gab es auch fröhliche Phasen auf dem Sodenberg, ein erkorener Ausflugsort für Feiern und Picknicks, der sogar eine eigene vierköpfige Musikkapelle besaß. Hier, an einem Ort, an dem es keine Kirche gab, feierten die Beschäftigten und Menschen aus der Umgebung sogar die Kirchweih. Im Jahr 1903 schloss die Leimbach Company einen Pachtvertrag mit den Besitzern, dem Hause Thüngen, das finanziell vom Gewinn profitierte. Die Pachtzahlungen schwankten zwischen 12 000 und 40 000 Goldmark jährlich.
Die Arbeiter aßen ein "hartes Brot" bei der Behandlung des kompakten Gesteins, das sie von Hand zerkleinerten. In der Not der damaligen Jahre immerhin ein Verdienst oder Zuverdienst. Für die Beschäftigten, die aus weiter entfernten Orten kamen, gab es Unterkünfte und Verpflegung und einen Schlafplatz in der inzwischen errichteten Kantine. Sukzessive mit moderneren Maschinen und Geräten ausgestattet, gab es einen Kran, Brecher und Schrägbahnen aus dem Berg sowie eine Seilbahn zur Verladestation in Morlesau. Neben den größeren Brocken, die sogar für den Deichbau nach Holland gingen, verwendete Leimbach und Co. auch den Sand als Betonbeimischung und den Splitt für den Feldwegebau.
Anhand historischer Fotoaufnahmen und Postkarten, und mit einem 1943 gedrehten Stummfilm, erläuterte der Referent die Arbeit in den immer tiefer gründenden Krater, in dem später auch Sprengmittel zum Einsatz kamen. Rund 200 Arbeitskräfte beschäftigte die Firma damals im Abbau, am Brecher und Sieb und im Abtransport. Für eine Fuhre Basalt - etwa eine Tonne - lag der Preis bei 1,01 Goldmark.
Wie es in der Vortragsreihe üblich ist, gab Stross den Besuchern Gelegenheit, selbst etwas beizutragen. So berichtete Konrad Hoffmann, dass mindestens 20 Männer aus Untereschenbach auf dem Sodenberg arbeiteten. "Das Fahren mit der Seilbahn war ein Verbot, das gelegentlich unterlaufen wurde", erinnert er sich und fügt schelmisch hinzu: "Als amerikanische Soldaten sie benutzten, haben die Arbeiter die Seilbahn an der höchsten Stelle angehalten um ihnen Angst einzujagen".
"Abends saßen die Beschäftigten beim Bier aus Thüngen, Brot aus Obereschenbach und heißer Wurst zusammen. Manchmal gab es eine Suppe", weiß auch Referent Leimbach noch. Die Firma des Großvaters stand ab Mitte des vorigen Jahrhundert zum stückweisen Verkauf, der Basaltabbau lohnte nicht mehr.
Eine geplante Kraterwässerung zur Gewinnung von Strom verwarf das Überlandwerk Unterfranken in der Folgezeit. Die Bundeswehr nutzte danach das Gelände für die Einzelkämpferausbildung. Eine Verfüllung des Kraters mit "leicht belastetem Material" aus dem Frankfurter Raum durch Lutz von Thüngen untersagte die Obere Naturschutzbehörde zugunsten eines ausgedehnten Naturschutzgebiets, das der Sodenberg heute ist.
Die jüdische Geschichte des Basaltwerkes am Sodenberg sollte nicht unerwähnt bleiben.
1897 gründeten Georg Leimbach
und der Jude Adolf Stein die "Leimbach GmbH & Co". Georg Leimbach war ein vermögender Sägewerksbesitzer aus Straßbessenbach bei Aschaffenburg. Adolf Stein wurde 1864 als Sohn eines jüdischen Pferdehändlers in Nordheim vor der Rhön geboren.
1904 schlossen die Freiherrn von Thüngen mit der "Leimbach GmbH" einen Pachtvertrag zum Zwecke des Basaltabbaus am Sodenberg. Die Firma Leimbach besaß mehrere Werke in der Rhön und ein Werk in der Schweiz.
1925 stieg Georg Leimbach aus der Firma aus. Er verstarb 1926. Adolf Stein führte die Firma alleine weiter und benannte sie um in "Basaltstein GmbH Schweinfurt". Adolf Stein starb 1932. Die Söhne Jakob, Fritz und Max Stein übernahmen die Firma des Vaters. Firmensitz blieb Schweinfurt.
1933 emigrierte Max Stein nach Palästina. Jakob und Fritz Stein blieben in Hitler-Deutschland zurück und rangen nun täglich mit den Boykottmaßnahmen und Schikanen des NS-Regimes. Zu den fanatischsten Anhängern der NSDAP in der Region zählten die von Thüngen. Das Haus der Thüngen in Würzburg, direkt gegenüber dem Bischofshaus, wurde zum "Haus der SA" im Gau Mainfranken.
1934 wurde der politische Druck immer größer: Aufträge blieben aus und Banken vergaben keine Kredite mehr. Die "Basaltstein GmbH Schweinfurt" musste ein Werk nach dem anderen schließen oder an "rein-arische" Besitzer verkaufen. Das Basaltwerk am Sodenberg ging 1936 in "rein-arischen" Besitz über.
Fritz Stein floh im Mai 1936 mit Frau und Kindern nach Hamburg und von dort 1937 nach Amsterdam. Jakob Stein ist im Mai 1936 nach Berlin geflohen und im September 1937 über die Schweiz in die USA emigriert.
Zur Geschichte des Basaltwerkes am Sodenberg gehört auch die Geschichte des jüdischen Firmen-Mitbegründers Adolf Stein (1864 - 1932) und seiner Söhne Jakob, Fritz und Max Stein.
Quellennachweis: www.rhoenlinie.de/oberriedenberg; Das Basaltwerk Oberriedenberg.