Auf dem Traktor und mit Musik ging es zum traditionellen Obststrich in Untererthal. Versteigert wird die Ernte baumweise.
Viele Obstbäume stehen in Untererthal auf öffentlichem Grund. Wer darf die reifen Früchte ernten? Dieses Ernterecht wird vor Ort unter der Regie des ansässigen Obst- und Gartenbauvereins (OGV) versteigert. Das ist langjährige Tradition. Man nennt es hier den Obststrich.
"Etwa zu 95 Prozent handelt es sich um Äpfel", verrät Edwin Fella, der Ehrenvorsitzende. Der kleine Rest sei Quitte oder Birne, selten Nüsse. Am Stiegl, am Kesse-Kreuz, am vorgesehenen Bauplatz Flachsacker, am Weg zum alten Sportplatz, an der Schubert-Scheune und sogar im Bereich des Kindergartens stehen die Bäume. Klimafeste und robuste alte Sorten werden geerntet, zum Beispiel Boskop, Goldparmäne, Landsberger und Rheinische Renette oder Trierer Weinapfel.
Mit dem sandigen Lehmboden und der Trockenheit des Vorjahres kommt nämlich nicht jede Sorte klar.
Früher als sonst
"Schön, das ihr da seid", begrüßt die OGV-Vorsitzende Inge Schipper-Telger rund ein Dutzend interessierte Bieter. "Hoffentlich werden alle Wünsche erfüllt", wünscht sie. Wegen der Trockenheit ist die Ernte heuer rund vier Wochen früher als sonst. Das prächtige Obst erfreute auch den Ortsbeauftragten und Stadtrat Bernd Hüfner. Versteigert wird baumweise oder in kleinen Gruppen benachbarter Bäume. Im Durchschnitt ist die Steigerungssumme fünf Euro pro Baumernte. Die Alteingesessenen erinnern sich an frühere Zeiten, als so eine Ernte durchaus 40 Mark gekostet habe. Die Einnahmen sollen dem OGV zufließen, der sie in Pflegemaßnahmen investiert. Auf dem Traktoranhänger werden die Bieter bis vor Ort gefahren.
Sänger Ralph Brehm greift gern zu seiner Gitarre und singt dabei Mundartlieder.
Man genießt den Sonnenschein und beißt ab und zu mal in die Äpfel. So einen Obststrich schätzt auch Vivian Ohms, die aus Frankfurt zu diesem Ereignis anreiste. "Allerdings habe ich Wurzeln in Hammelburg", sagt sie. Deshalb komme sie regelmäßig in diese Gegend. "Die Ernte von einem einzigen Baum genügt mir", so Ohms. Die Äpfel wolle sie einlagern. "Da hat man über den Winter hinweg bis ins Frühjahr hinein sein Obst." Außerdem schätze sie sehr, dass sie die ersteigerten Äpfel so lange hängen lassen könne, bis sie voll gereift seien. Denn die Supermarktäpfel würden nach ihrer Meinung viel zu früh geerntet. "Es gibt noch viele Saftmacher in der Gegend", bestätigt Fella. Viele Steigerer wollen den Saft oder Most von ihren Äpfeln oder sie wollen sie daheim einlagern.
Denn die alten Sorten halten sich lange, manche müssen sogar erst gelagert werden, bevor man sie genießen kann. "Der Vorteil dieses Obstes ist die absolute Natürlichkeit", so Fella. Da sei alles bio und nicht gespritzt. Also reine Natur und überhaupt keine Rückstände. Allerdings sehen manche Exemplare mitunter etwas ruppig aus, das glatte Gegenteil zum hochglanzpolierten Supermarktapfel. Aber der Geschmack ist viel intensiver, was die Ersteigerer wiederum versöhnt.