"Den Weg der Wölfe" erkunden

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An der Grünbrücke der A 7: Revierleiter Arnulf Schöberl (von links), Versorgungsmann Martin Then-Rathjen und Wildtiermanager Peter Sürth tauschen Erfahrungen aus. Foto: Elisabeth Assmann
An der Grünbrücke der A 7: Revierleiter Arnulf Schöberl (von links), Versorgungsmann Martin Then-Rathjen und Wildtiermanager Peter Sürth tauschen Erfahrungen aus. Foto: Elisabeth Assmann
 
 
 
 

Wildtiermanager Peter Sürth wandert in fünf Wochen von Rietschen im Landkreis Görlitz bis in den Nordschwarzwald, um den potenziellen Weg der Wölfe zu erkunden und über Wölfe aufzuklären.

Auf seinem Weg kommt er auch durch den Landkreis Bad Kissingen. Sein letztes Nachtlager hatte er in Waldfenster aufgeschlagen. Nun ist er in Richtung Lohr unterwegs. An der Grünbrücke der A 7 bei Reith trifft er Revierleiter Arnulf Schöberl, um von ihm mehr über die örtlichen Gegebenheiten zu erfahren und sich mit ihm auszutauschen.
Bei seiner achten Expedition durchquert er zu Fuß Deutschland, um mögliche Wolfsgebiete kennen zu lernen und aufzuklären. Das Wetter hat es nicht so gut mit ihm gemeint. Am 31.August startete er seine Tour in Rietschen. Dort gibt es schon seit 14 Jahren Wolfsrudel.Große Beutegreifer beschäftigen den studierten Wildtiermanager schon lange.
Von 1996 bis 2003 war er in den rumänischen Karpaten unterwegs, um das Verhalten von Wolf, Bär und Luchs zu studieren und zu telemetrieren, das heißt die Wanderwege und das Verhalten der Tiere zu erfassen. Danach war er als Exkursionsleiter in den Alpen mit Teilnehmern unterwegs. Nun läuft er die rund 650 Kilometer lange Strecke allein, begleitet von seinem Hund Shira und unterstützt von Versorgungsmann Martin Then-Rathjen, der ihn im Landrover begleitet und für Nachschub an Essen und Kartenmaterial sorgt. "Ich habe natürlich auch GPS, aber oft ist eine Karte doch besser, wenn der Akku leer oder die Funkverbindung schwach ist."

Überzeugung schafft Lebensraum

Es ist die erste von drei weiteren Wanderexpeditionen durch Deutschland. Für die einen ist so was verrückt, für andere ein spannendes Abenteuer. Für Sürth ist es eine Lebensaufgabe. Er möchte auf das Zusammenleben mit dem Wolf vorbereiten. "Der Wolf ist intelligent und sehr anpassungsfähig und kommt auch mit besiedelten Gegenden gut zurecht." Sein Motto: Überzeugung schafft Lebensraum, Wissen schafft Horizonte.
Es ist laut an der 50 Meter breiten Grünbrücke. Gnadenlos rollen die Autos darunter durch. Über die Autobahn käme hier kaum ein Tier lebend. "Man kann sich hier gut vorstellen, dass ohne Grünbrücke kein Tierwechsel zwischen den Waldgebieten auf beiden Seiten der Autobahn möglich ist. Wobei der Wolf zur Not auch die schmäleren, geteerten Wirtschaftswege nutzen würde, anders als das scheue Rotwild," meint Sürth.

Vorbereitung auf die Wölfe

Förster Schöberl berichtet, wie wichtig die Grünbrücke als Verbindungsweg ist für den Genaustausch zwischen den Tierpopulationen östlich und westlich der Autobahn. Die Untersuchungen mit den Fotofallen im Jahr 2013 zeigten, dass neben Rehen, Füchsen, Sauen auch Rotwild den Verbindungsweg nutzt.
Sürth ist überzeugt, dass die Wölfe aus dem Osten und von Südeuropa sich irgendwann einmal in den deutschen Mittelgebirgen treffen werden. Unter diesem Blickwinkel wandert er die Strecke ab. Sind die Weidetiere ausreichend eingezäunt? Wo sollte man sich noch besser vorbereiten? Sürth schreibt auf seiner Homepage Tagebuch über die Expedition, notiert Tierspuren, stellt manchmal nachts Fotofallen auf.
Sürth's Antrieb zu dieser Expedition lautet wie seine gleichnamige Broschüre: "Lernen mit dem Wolf zu leben." Gerne unterhält er sich mit Wanderern und Einheimischen, die er unterwegs trifft. "Überrascht sind viele, dass ein Wolfsrevier in Europa etwa 200-300 km² groß ist und ein Wolfsrudel im Schnitt aus vier bis sieben Tieren besteht. Zwei Elterntiere und der Rest sind Jungwölfe. Die Begegnung mit Menschen ist ihm wichtig. Mit Spaziergängern, Einheimischen, Förstern und Jägern kommt er ganz nebenbei ins Gespräch. Sürth informiert auf seiner Expedition aber auch gezielt Gruppen wie etwa im Wolfskindercamp in Rietschen gleich zu Beginn der Tour.

Vorträgen helfen bei Finanzierung

"Das ist mein Jahresurlaub," berichtet Begleiter Then-Rathjen, der ansonsten in der Organisationsberatung arbeitet. Der Hamburger ist schon seit 2005 regelmäßig mit Sürth auf Tour. Erst als Teilnehmer in Rumänien, bei Alpenüberquerungen, nun als Begleiter. "Die Chemie zwischen uns stimmt," erklärt Then-Rathjen.
Finanziert wird die Wanderung von Outdoorfirmen und Vorträgen auf der Reise. Das Begleitfahrzeug ist prallgefüllt mit Ausrüstung. Denn übernachtet wird im Zelt oder einfach unter einem Tarp, einer Plane, die an den Landrover angehängt wird. Viel Regen, Nebel und Kälte bekamen die beiden bisher zu spüren. "Das nächste Mal werde ich früher im Jahr aufbrechen, da es jetzt auch schon bald dunkel wird," sagt der Wolfsexperte.
Im vergangenen Herbst war er schon einmal im Landkreis. In Hammelburg berichtete er auf Einladung der Kreisgruppe des Bund Naturschutz über die Lebensweise von Wolf und Luchs und Konsequenzen, wenn Wölfe wieder in die Mittelgebirge zuwandern, diskutierte mit Interessierten und Betroffenen. Er kommt gerne wieder, um z.B. in Schulen Bedenken und Ängste vor dem Wolf abzubauen.