Eineinhalb Jahre lang versuchten Vereine vergeblich, den Terroir-F-Punkt in Ramsthal zu beleben. Eine für Sonntag angekündigte CSU-Veranstaltung dort geriet deshalb in die Kritik. Nun lenkte die CSU ein.
Lorenz Neder ist sauer: "Das sorgt echt für Frust", kommentiert er eine Wurfsendung, auf der die CSU-Ortsverbände der VG Euerdorf für eine Veranstaltung mit Staatsministerin Dorothee Bär (CSU) am Sonntag, 12. September, werben. "Politik & Wein" am Terroir-F-Punkt in Ramsthal ist darauf angekündigt. "Wir bemühen uns seit eineinhalb Jahren um eine Genehmigung für Veranstaltungen am Terroir-F-Punkt", erzählt Lorenz Neder, Winzer im Haupterwerb und Vorsitzender des Ramsthaler Weinbauvereins. Ergebnis: Nicht einmal ein To-Go-Verkauf völlig ohne irgendwelche Anreize zum Verweilen sei bisher möglich gewesen. Am Dienstagnachmittag lenkte die CSU ein und verzichtet auf Bewirtung.
"Coronageplagte Vereinskassen"
Sämtliche Ramsthaler Vereine würden sich Gedanken machen, wie sie ihre "coronageplagten Vereinskassen" aufbessern könnten. Der Weinbauverein zum Beispiel hatte 2020 gerade einmal rund 200 Euro Einnahmen durch Mitgliedsbeiträge, die Ausgaben für Versicherungen, Geburtstage, Ehrungen und Grabschmuck lagen trotz Corona bei rund 2000 Euro. Rund sieben Veranstaltungen aller Vereine seien heuer am Terroir-F-Punkt geplant gewesen. Durch die Lockerungen aus der vergangenen Woche hofft Neder nun, dass wenigstens der traditionelle Ausschank am zweiten Oktober-Wochende möglich ist. Nicht verstehen könne er aber, dass der CSU-Termin bereits vor den Lockerungen genehmigt worden sei.
"Ich frage mich, wieso Wahlveranstaltungen andere Auflagen bekommen als ehrenamtliche Vereine", schrieb Lorenz Neder auf Facebook und bekam dafür 85 Likes und mehrere zustimmende Kommentare: "Unglaublich unglaubwürdig die Politik zur Zeit", heißt es in einer Antwort auf den Post, den Neder mit "Ein frustrierter Vereinsvorstand" unterzeichnete. Wichtig ist dem 31-Jährigen, dass sich seine Kritik nicht gegen eine bestimmte Person oder Partei, sondern gegen die Bewilligungspraxis des Landratsamtes richtet: "Jedes noch so gut durchdachte Veranstaltungskonzept (in Bezug auf Corona) wurde abgelehnt."
Besonders ärgert Neder, dass andere Landkreise offenbar anders entscheiden: An etlichen Terroir-F-Punkten in Unterfranken seien Veranstaltungen genehmigt worden. Auch Klaus Kemmer, Bäckermeister und Gemeinderat für die Ramsthaler Liste, hat über die Innung erfahren, dass woanders To-Go-Waren verkauft werden durften. Er selbst blitzte im Frühjahr ab: "Die örtlichen Gewerbetreibenden wollten nur Flaschenweine und fertig verpackte Lebensmittel anbieten", stellt er klar. Keine Stehtische, damit niemand lange verweilt, sondern sich die Besucher auf die Sitz-Gelegenheiten in den Weinbergen verteilen. "Wir wollten einfach den markanten Terroir-F-Punkt weiter bekannt machen", sagt Kemmer und ist sauer darüber, dass Weintrinken zum Beispiel im Bad Kissinger Rosengarten möglich war.
Das Landratsamt bestätigt auf unsere Nachfrage, dass die Veranstaltung noch auf Grundlage der mittlerweile außer Kraft getretenen 13. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung genehmigt wurde. Demnach stünden "Wahlkampfveranstaltungen zur politischen Meinungsbildung parteiunabhängig unter dem besonderen grundgesetzlichen Schutz der Versammlungsfreiheit" und seien deshalb auf öffentlichen Plätzen erlaubt. Deshalb sei keine Genehmigung notwendig gewesen, sondern lediglich auf die geltende Rechtslage hingewiesen worden, etwa die Teilnehmerobergrenze von 200 Personen.
Es dürfe zwar "kein Festcharakter" entstehen, aber die Abgabe von Speisen und Getränken sei bei Wahlkampfveranstaltungen erlaubt. Das Landratsamt betont, dass öffentliche Feiern und Feste bisher untersagt waren. Gemäß der erst am Montag eingegangenen Vollzugshinweise des Gesundheitsministeriums seien jetzt "öffentliche Veranstaltungen und kleinere Feste" wieder möglich.
Verständnis für den Unmut
Bürgermeister Rainer Morper (ABB/IG) bedauert, dass die örtlichen Vereine nicht am Terroir-F-Punkt feiern konnten. "Ich kann deshalb den Unmut verstehen, aber nichts an der aktuellen Rechtslage ändern", kommentiert er die Veranstaltung der CSU. Die Anfrage sei schon vor längerem gekommen, wegen der geltenden Nutzungsordnung habe er keinen Grund gesehen, das nicht grundsätzlich zu genehmigen.