Monika und Henry Toedt haben eine Lebensaufgabe für sich gefunden. Das Ehepaar hält Kontakte zu Strafgefangenen nicht nur in deutschen Gefängnissen.
An einem Silvesterabend ist der Unfall passiert, bei dem seine Frau ums Leben kam, schreibt ein Familienvater. Er sei daran beteiligt gewesen. Nun sitzt er im Gefängnis. Der Brief des Mörders war der erste Kontaktversuch zum Ehepaar Monika und Henry Toedt. Seitdem, seit mehr als drei Jahren, schreiben die beiden dem Mann und anderen Häftlingen regelmäßig.
Mit rund 20 Insassen korrespondieren sie, wie Monika Toedt erklärt. Die Hälfte sitzt in ausländischen Gefängnissen, USA und Thailand, ergänzt ihr Mann. "Wir sehen den Menschen und nicht den Täter", sagt er. Zu Gefangenen in Deutschland versucht das Paar alle 14 Tage Kontakt zu halten. Ins Ausland braucht der Schriftwechsel meist länger.
Mit der Hand geschrieben
Die Briefe verfasst Henry Toedt. "Ich nehme mir dafür Zeit und schreibe mit der Hand", sagt er.
Seine Frau bastelt etwas - vor Weihnachten können das Engel oder Glocken aus Papier sein - oder zeichnet Blumenmotive. Das verschicken die beiden mit. "Wir erzählen ein bisschen über uns und animieren die Gefangenen, von sich zu erzählen", erklärt Henry Toedt.
So berichten die Straftäter zum Beispiel über ihren Gefängnisalltag. Über den hat das Ehepaar mittlerweile einiges gelernt. Henry Toedt erklärt: "In vielen Fällen endet das Verhältnis zu Angehörigen, sobald jemand im Gefängnis sitzt." Die Briefe seien dann die einzige "Brücke zur Außenwelt".
Die Insassen seien überwiegend Männer. Die Palette der Delikte sei breit. Einer der Briefpartner ist zum Beispiel in Sicherungsverwahrung eingesperrt, wegen einer Sexualstraftat vermutet Henry Toedt. "Wir fragen die Gefangenen nicht danach, was sie getan haben.
Sie erzählen es nur, wenn sie das von sich aus möchten."
Das Ehepaar hat dennoch bemerkt, dass Internetbetrug als Deliktgruppe zunimmt. Und in Thailand säßen die meisten wegen Drogenkurierdiensten ein.
Religion spielt eine Rolle
Während des Gefängnisaufenthalts fänden viele zu Gott. Auch für Monika und Henry Toedt spielt Glaube und Gottvertrauen eine große Rolle. Das bezeugen nicht nur die Kruzifixe, die sie um den Hals tragen, sondern ebenso die Marienbildchen an der Wohnzimmerwand. Damit keine Missverständnisse entstehen, betont Henry Toedt aber: "Wir missionieren nicht." Werden die Straftäter aus dem Gefängnis entlassen, endet die Briefbeziehung meistens. "Das müssen wir akzeptieren. Vielleicht wollen die Leute dann nicht mehr an ihre Gefängniszeit erinnert werden", meint Monika Toedt.
Im Januar könnte das wieder passieren.
Dann kann eine Frau in Texas nach zehn Jahren Haft wegen Drogendelikten das Gefängnis verlassen. Sie wird eine elektronische Fußfessel tragen und viel dafür tun müssen, nicht wieder hinter Gitter zu kommen, teilt sie den Toedts auf Englisch mit.
Auch Besuche
Das Ehepaar schreibt aber nicht nur. In Deutschland fahren die beiden auch zu verschiedenen Gefängnissen, um ihre Briefpartner zu besuchen. Das erste Mal sei eigenartig gewesen, schildert Monika Toedt. "Man muss durch eine Schleuse durch. Dann geht die Tür zu, und man sitzt drin. Das ist bedrückend. Wir haben fast eine Woche gebraucht, um das zu verdauen."
Doch für die beiden 64-Jährigen ist die Kommunikation mit Strafgefangenen zu einer echten Lebensaufgabe geworden.
Sie ist ihnen unerwartet zugefallen, schließlich hatte keiner der beiden beruflich etwas mit dem Justizsystem zu tun.
Das Ehepaar, das aus Norddeutschland nach Franken gezogen ist, wollte sich einfach nur ehrenamtlich engagieren. Per Zufall entstand ein Kontakt zu Pfarrer Edwin Erhard. Er vermittelte die ersten Briefpartner. Später schalteten die Toedts eine Anzeige in einem Heftchen eines Vereins, der in der Gefangenenbetreuung tätig ist. Zu Insassen im Ausland entwickelten sie über Orden Verbindungen.
Er wisse, wie manche Häftlinge auf Briefe warteten, sagt Pfarrer Erhard. Als ehemaliger Gefängnisseelsorger in Würzburg und Schweinfurt kennt er die Situation hinter den Mauern. Wer sonst keinen anderen Kontakt nach draußen habe, lege Wert auf die Schreiben.
Der Pfarrer nennt die Briefe gleichfalls "Brücken nach draußen". Er sei froh, dass das Ehepaar die Gefangenen auch besuche.
Beständigkeit ist wichtig
Erhard hat mit Monika und Henry Toedt mehrere Gespräche als Vorbereitung auf die Korrespondenz geführt, wie er erklärt. Denn wichtig sei, dass man die Post zuverlässig beantworte. "Es darf nicht nur so ein Schnellschuss sein." Die Strafgefangenen müssen Beständigkeit erleben.
Wer sich das zutraut, kann sich bei Pfarrer Erhard für ein Gespräch melden. Das Ehepaar Toedt wünscht sich jedenfalls, dass noch mehr Menschen Strafgefangenen Kontaktmöglichkeiten nach draußen verschaffen.