Dass eine Abteilung der Hammelburger Stadtkapelle böhmische Blasmusik spielt, ist nicht neu. Eine Premiere allerdings war der Veranstaltungsort im katholischen Pfarrzentrum für das Konzert "Erster böhmischer Herbst".
Im voll besetzten Saal mit etwa 150 Zuhörern war sich Dirigent Klaus Bauer ziemlich sicher: "Dort gibt es eine recht gute Akustik." Und damit hatte er Recht. "Die Bodenständigkeit der böhmischen Musik ist für mich ein wesentlicher Faktor", sagt Bauer im Gespräch mit der Zeitung. Diese Musik strahle einerseits Ruhe aus und sei andererseits manchmal mitreißend flott. Polka, Walzer und Marsch sind die Rhythmen. Das begeistere auch die jüngeren Menschen, sowohl Musiker als auch Zuhörer.
"Bekannt wurde die Böhmische Musik in Deutschland durch Ernst Mosch (1999 verstorben), der heuer seinen 90. Geburtstag feiern würde", sagte Jürgen Kunkel (Tenorhornspieler und Leiter des Jugendorchesters) in seiner Moderation durch den Abend.
Mosch-Kompositionen mit Böhmischer und Egerländer Musik erklangen im zweiten Teil des Konzertabends, während der erste Teil der Böhmischen Musik von verschiedenen anderen Autoren stammte. Die Zuhörer genossen jene Klänge, bei denen auch die böhmische Küche thematisiert wurde. Titel mit Knödel und Wurstsalat oder "Pfeffer und Salz" lagen auf den Notenpulten. Das Publikum klatschte oder schunkelte im Takt mit.
Die Anzahl der Zeitzeugen, die nach dem Kriegsende aus Tschechien ausgewiesen wurden, dünnt sich allmählich aus. Maria Fella ist unter ihnen anzutreffen: "Ich bin gebürtige Böhmerin aus der Gegend von Budweis und genieße heute Abend dieses schöne Konzert", sagt sie. Im Alter von vier Jahren sei sie mit ihrer Familie in den Altlandkreis Hammelburg gekommen. "In Diebach hatte damals unser Transportzug gehalten", erinnert sie sich. Im kommenden Januar sei dort wieder ein Treffen der Ehemaligen zum 70.
Jahrestag geplant. "Aus Jux und Dollerei verlässt man seine Heimat nicht", sagt sie mit Blick auf die aktuellen Flüchtlinge. Aus Marienbad waren weitere Zuhörer, die sich bei den Böhmischen und den Egerländer Klängen an ihre ursprüngliche Herkunft erinnerten. "Der Spaß an der Böhmischen Musik ist für mich das Exakte und das Zackige", verriet Tubaspieler Jochen Huppmann. Zusammen mit seiner Ehefrau Christine, der Leiterin des Hauptorchesters von der Stadtkapelle und hier ebenfalls Spielerin des Flügelhorns, trat er auch als Gesangsduo auf. Besungen wurde die "Böhmische Welt" und die "Rauschenden Wälder". Mit Soli traten drei Musikerinnen als Klarinettenperlen und das Trio der Tenorhörner hervor.