Das Haus von Hans-Josef und Annemarie Fell produziert Strom. So viel, dass sie sich jetzt vom öffentlichen Netz abmelden konnten. Wie sie das geschafft haben, erzählen sie hier.
Wenn Hans-Josef und Annemarie Fell derzeit an Tankstellen vorbeifahren, können sie sich ein Lächeln wohl nicht verkneifen: Der Strom für ihre E-Autos kommt aus der heimischen Steckdose. Und dafür zahlen sie mittlerweile keinen Cent mehr. Denn: Die Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach ihres Wohnhauses liefern ihn. Die Module liegen nicht auf Ziegeln, sondern auf Moos und Gräsern des grünen Dachs. Im Keller sorgt Rapsöl aus Werneck für kuschelige Wärme und den Strom, wenn die Sonne im Winter zu schwach ist. 1985 haben sich die Fells einen Traum erfüllt - unabhängig wohnen zu können. Jetzt haben sie sich sogar vom öffentlichen Stromnetz abmelden können.
Führungen durchs Haus
Das Haus steht in Hammelburg und nicht nur da kennt jeder die Fells und ihr Haus. Zum einen, weil das Haus so ungewöhnlich ist, dass die Fells gerne Führungen durch die eigenen vier Wände machen. Zum anderen, weil Hans-Josef Fell berühmt wurde, weil er das EEG, das Erneuerbare Energien-Gesetz, erfunden hat.
Auch 36 Jahre nach dem Bau des Holzhauses führt der fast 70-Jährige stolz durch das Haus, das einst auch Heimat für ihn, seine Frau und die drei mittlerweile erwachsenen Kinder war. Eines der Herzen der regenerativen Wunder-Hütte ist im Keller und ein Dieselmotor für das Blockheizkraftwerk. "Der natürlich mit Pflanzenöl läuft", erklärt Fell. Das Rapsöl ist so sauber, dass es sogar Lebensmittelqualität hat, sagt Annemarie Fell. "Und das Kohlendioxid, das beim Verbrennen durch den Schornstein geht, nimmt die Rapspflanze während ihres Wachstums wieder auf und bildet neues Pflanzenöl - somit bin ich CO2-neutral."
Abwärme in die Heizung
Der Generator produziert aus einem Drittel der Pflanzenöl-Energie den Strom, den das Haus im Winter benötigt, die anderen zwei Drittel - die Abwärme des Dieselmotors - fließen in die Heizung. Was die beiden Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach - eine alte mit 1,8 KW und eine neue mit 2,4 KW - an Sonnenstrom liefern, wird ebenfalls im Keller in zwei großen Batterien zwischengespeichert, bis es Bedarf an Strom gibt, z.B. für die nächtliche Beleuchtung, den Kühlschrank, die Sauna oder zum Laden der E-Autos.
Drei intelligente Wechselrichter machen aus dem Gleichstrom der Solaranlage Wechselstrom und simulieren dem Blockheizkraftwerk (BHKW) die Frequenz des Netzes, womit es auch "schwarzstartfähig" ist, ganz ohne Netzanschluss. Mit der Abwärme des BHKW im Winter wird auch ein 800 Liter fassender Warmwasserpufferspeicher erhitzt, im Sommer machen dies die Warmwassersolarkollektoren. "Wir haben selbst bei vier Tagen mit bedecktem Himmel noch warmes Wasser."
Das Haus der Fells ist komplett ökologisch durchdacht - und das zu einer Zeit, wo Jute-Taschen-Träger oft belächelt wurden. "Als wir unser Dach begrünten, haben einige schon gedacht, dass wir völlig meschugge sind", erinnern sie sich. Aber: "Es gab immer auch Fans" und die werden immer mehr, nicht zuletzt durch Klimakatastrophen wie im Ahrtal. "Wenn dort auch solche ,Schwammdächer' errichtet worden wären, wäre die Flut nicht so katastrophal ausgefallen." Denn: Das begrünte Dach hält das Wasser von oben zunächst zurück. Was dann noch abläuft, fangen die Fells auch in einer Zisterne auf, die wie ein Brunnen im Wintergarten steht. "Das ist dann unser Gießwasser".
Und wenn sich im Winter der Glasraum aufheizt, "dann öffnen wir die Fenster zum Wohnzimmer und haben eine Zusatzheizung". Unterm Pflaster im Wintergarten wachsen die Wurzeln einer großen Feige, "wir haben von Juni bis Oktober süße Früchte".