Großenbracher notiert viele Infos über Soldaten

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Kreisheimatpfleger Christian Neugebauer bei den Nachforschungen zur Schlacht bei Kissingen. Foto: Björn Hein
Kreisheimatpfleger Christian Neugebauer bei den Nachforschungen zur Schlacht bei Kissingen.  Foto: Björn Hein

Christian Neugebauer und Walter Hamm stellen Namen, Zugehörigkeit zum Regiment, Geburtsdaten, Herkunft und weiteres Schicksal der Opfer zusammen.

Der Deutsche Krieg von 1866 scheint weit weg zu sein. Auch wenn gerade heuer anlässlich der Geschehnisse des Sommers 1866 allenthalben Gedenkveranstaltungen stattfinden, so sind die Soldaten, die in diesem Krieg gefallen sind, doch weitgehend in Vergessenheit geraten. Auch der Tatsache, dass am 10. Juli 1866 Heeresteile der Preußen und der Bayern in Kissingen aufeinanderstießen und sich hier blutige Scharmützel mitten in der Stadt lieferten, erinnerte man sich zwar.

Über die Opfer dieser blutigen Auseinandersetzung erfährt man meist jedoch wenig. Bedenkt man aber, dass bei den Kämpfen mitten in der Stadt mehr als 260 Personen den Tod fanden und weit über 1200 Soldaten verwundet wurden, so kann man sich das Leid vorstellen, welcher dieser Konflikt über die Familien brachte.
Kreisheimatpfleger Christian Neugebauer erforscht diesen Krieg seit vielen Jahren. Detailliert kann er Auskunft darüber geben, mit welchen Waffen gekämpft wurde. Als Sammler von historischen Waffen, Uniformen sowie Ausrüstungsgegenständen der Zeit von 1866, kann er Besuchern bestens darüber Auskunft geben, welch modernen technischen Entwicklungen in diesem Krieg zum Einsatz kamen. Seine Sammlung zeigt, wie grausam damals Krieg geführt wurde.

Die Kampfhandlungen um Bad Kissingen und seiner Umgebung kann er minutiös nachvollziehen. Ihm geht es besonders darum, ein Gespür für das Leid zu vermitteln, das dieser blutige Konflikt mit sich brachte. "Die Menschen sollen sehen: hier vor Ort war wirklich Krieg, es gab in seiner Folge Leid und Tod", so der Kreisheimatpfleger.


Trotz Krieg weiter Kurbetrieb

"Im Krieg von 1866 kann man bereits viele Kennzeichen eines modernen Krieges sehen", sagte Neugebauer. Der Straßenkampf tobte mitten in Bad Kissingen, ein blutiger Häuserkampf war außerdem entbrannt, der unwillkürlich an Bilder des Zweiten Weltkrieges, die man im Kopf hat, denken lässt. "Mitten im Kurgarten gingen die Preußen und Bayern mit Bajonetten aufeinander los", weiß Neugebauer. Der Kurbetrieb ging weiter und das, obwohl der Krieg tobte. Und seltsam ist auch zu hören, dass nach den Kampfhandlungen sowohl Freund als auch Feind von den Ärzten gleichermaßen medizinisch betreut wurde. Die Toten wurden auch gemeinsam - zumeist in Massengräbern - bestattet. Gerade diesen Toten, die oft namenlos willkürlich bestattet wurden, gilt die Aufmerksamkeit Neugebauers. "Ich will ihnen ein Stück ihrer Würde zurückgeben", erklärt der Kreisheimatpfleger. Ihm ist deutlich anzumerken, wie ihn das Schicksal der Gefallenen berührt. Dabei ist es für den Forscher nicht leicht, die Identität der bestatteten Soldaten festzustellen. "Nur von den Offizieren sind die Gräber ganz genau bekannt", weiß Neugebauer. Nachzuvollziehen, wo genau die unteren Ränge bestattet wurden, gleicht einer Sisyphusarbeit, der sich der Kreisheimatpfleger gewidmet hat.


Ausführliche Listen

Gemeinsam mit Walter Hamm aus Üttingen wurden Listen erstellt, die neben dem Namen des Soldaten auch die Zugehörigkeit zu seinem Regiment zeigen, außerdem das Geburtsdatum, seine Herkunft und sein weiteres Schicksal. So haben Hamm und Neugebauer auch 19 Gefallene aus dem Landkreis ausfindig gemacht. Aufwändige Recherchen beispielsweise im Staats- oder Diözesanarchiv und das Durchforsten historischer Zeitungen, sowie der Regimentsgeschichten lassen in mühevoller Puzzlearbeit Namen zum Vorschein kommen, die dann wiederum in Listen eingetragen und komplettiert werden.


3000 Namen zusammengetragen

Auch Denkmäler beinhalten oft die Namen der Gefallenen "Rund 1000 Bayern sind im Maifeldzug des Sommers 1866 gefallen bzw. an Krankheiten wie Typhus, an Unfällen und Erschöpfung gestorben", sagt der Kreisheimatpfleger. Insgesamt hat man über 3000 Namen von Soldaten aller Beteiligten Kontingente zusammengetragen, außerdem das Geburtsdatum, den Wohnort und die eventuelle Todesursache. In Münnerstadt war beispielsweise ein Aufnahmefeldspital, hier wurden auch verstorbene Soldaten auf dem Friedhof beerdigt. Im Feld gefallene Soldaten wurden oft an Ort und Stelle in Massengräbern beigesetzt. Kennt man nun den Todestag, so kann man auch auf den Bestattungsort schließen. Hamm und Neugebauer haben herausgefunden, dass 497 namentlich bekannte Bayern und Preußen aufgrund der Geschehnisse vom 10. Juli 1866 verstarben, davon der letzte Bayer am 28. Oktober 1866, und der letzte Preuße am 23. August1866.


Vielleicht ein Buch

Christian Neugebauer war als Zeitsoldat bei der Bundeswehr, sein Großvater ist 1945 an der Ostfront verschollen. Derzeit sind die von Hamm und Neugebauer zusammengetragenen Daten noch nicht öffentlich einsehbar.
"Eventuell werden wir die Listen in Buchform herausbringen", erklärt Neugebauer das langfristige Projekt. Bis es soweit ist, werden beide weiterforschen. Und das auch über das Jubiläumsjahr hinaus. Denn spannend und aufschlussreich sei diese Suche in jedem Fall.