Gericht: Büßen für die falschen Freunde

3 Min
Wegen Beihilfe zur schweren räuberischen Erpressung standen zwei junge Männer vor Gericht. Foto: Symbolbild
Wegen Beihilfe zur schweren räuberischen Erpressung standen zwei junge Männer vor Gericht. Foto: Symbolbild

Ein vermeintlich harmloser Freundschaftsdienst hat zwei junge Männer auf die Anklagebank des Amtsgerichts Bad Kissingen gebracht. Sie verhalfen, ohne es zu wissen, zwei Tätern nach deren Überfall auf einen Schäfer zur Flucht.

Weil sie den Wagen gefahren hatten, der zwei Tätern zur Flucht verholfen hatte, die kurz zuvor einem Schäfer mit vorgehaltener Waffe mehrere Tausend Euro abgepresst hatten, mussten sich zwei junge Männer aus Bad Kissingen, 25 und 32 Jahre alt, vor dem Amtsgericht verantworten. Beihilfe zur räuberischen Erpressung lautete die Anklage.
In einer Schöffensitzung wurden die beiden zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten (Angeklagter S., 25 Jahre) und acht Monaten (Angeklagter E., 32 Jahre) verurteilt, ausgesetzt jeweils zu drei Jahren auf Bewährung, dazu kam eine empfindliche Geldstrafe.

"Mitgefangen, mitgehangen", hatte Richter Matthias Göbhard das Geschehen am 12. April 2015 bezeichnet, das den beiden jungen Männern die Anklage einbrachte, der leitende Staatsanwalt bezeichnete es in seinem Plädoyer als "dämliches Verhalten" und auch die Angeklagten waren sich am Ende eingig, aus ihren Fehlern gelernt zu haben.

Folgendes war geschehen: S. und K. (der mutmaßliche Haupttäter) waren befreundet, S. hatte ihm immer mal wieder Geld geliehen (insgesamt 200 Euro), K. hatte keinen Job dafür ein Spielproblem. S. sagt, K. habe ihm leid getan. Er wusste, das K. manchmal nicht ganz gesetzeskonform lebt. "Ich hab immer gesagt, das ist seine Sache, damit will ich nichts zu tun haben." Das klappte bis zu jenem 12. April, als K. beschloss seinem Ex-Chef, ein Schäfer aus Nordrhein-Westfalen, der ihm angeblich noch Lohn schulde, um mehrere Tausend Euro zu erleichtern. S. hatte er erzählt, dass er dem Schäfer eine nicht-existierende Schafherde zum Kauf anbieten wolle. Nach dem Deal, am 12. April, sollte S. ihn dann nach Erfurt zu seiner Freundin fahren. Am Abend des 12. April war S. bei seinem besten Freund E. zu besuch, und da S.'s Auto an dem Tag beim Service war, kam es, dass E. mit S. auf dem Beifahrersitz zum vereinbarten Treffpunkt in Bad Kissingen mit K. fuhr.

Kurz nachdem E. und S. dort angekommen waren, wurden die Wagentüren geöffnet, K. und ein weiterer junger Mann stiegen ein - "schwer atmend" wie S. sagt - und riefen "fahr schnell los, fahr schnell los". Dass die beiden gerade von dem Schäfer mit Waffengewalt 4000 Euro erpresst hatten, das erfuhren S. und E. erst während der Fahrt.

"Ist die Waffe im Auto?" hatte E. gefragt, als das bejaht wurde, sagte er: "Ich will dass die sofort aus meinem Auto verschwindet." Bis jetzt weiß keiner wohin die Waffe - eine Gasdruckpistole - verschwunden ist. Es ist, so der Staatsanwalt, nicht nachweisbar, dass die Waffe tatsächlich funktionsfähig war. Damit wurde die ursprüngliche Anklage von schwerer räuberischer Erpressung zur räuberischen Erpressung abgestuft. "Warum haben sie, als ihnen bewusst wurde, was passiert sein musste, nicht sofort gesagt, wir fahren nicht mehr weiter?" fragte Richter Göbhard.
"Ich war noch nie in einer solchen Situation und als es mir bewusst wurde, war es irgendwie auch schon zu spät", sagt S. Sie fuhren also weiter, zur Wohnung von K. wo der zweite Täter ausstieg, die gepackte Tasche von K. holte und selbst in der Wohnung blieb. Die drei, K. E. und S., fuhren nach Erfurt. Als K. noch während der Fahrt einen Anruf von der Polizei bekam, sie wüssten, dass er es war, und als er hörte, sie seien auf dem Weg nach Erfurt, sagte der Polizist, er könne sich auch dort stellen. E. fuhr zum Hauptbahnhof, dort stieg K. aus und E. und S. fuhren zurück. "Völlig schockiert" davon, wo sie da reingeraten waren. "Es war wie in einem Film."

Für die Angeklagten sprach nun, das hob Richter Göbhard in seiner Urteilsbegründung hervor, dass sie in geordneten Verhältnissen leben, beide sind berufstätig, beide sind nicht vorbestraft, und, das war der wohl entscheidendste Punkt: Beide hatten ein umfassendes Geständnis abgelegt. Und zwar ein Geständnis, dass weder taktisch noch vorgefiltert war, das ist "äußerst selten", sagt er. So hatten beide beispielsweise zugegeben, von dem geplanten Betrug an dem Schäfer gewusst zu haben und sich damit auch ein selbst belastet. Außerdem hatten sie selbst aus der Tat keinen Profit gezogen.

Allerdings, sagt Göbhard, spätestens als die Männer an der Wohnung des einen Täters angehalten hatten, hätte der Verstand einsetzten müssen. Sie hätten nicht mehr weiterfahren und, in keinem Fall, Geld das offensichtlich aus der Beute stammte, annehmen dürfen. S. hatte 200 Euro von dem Täter ausgehändigt bekommen mit den Worten: "Jetzt sind meine Schulden beglichen", E. 100 Euro Spritgeld für die Fahrt nach Erfurt.
Da von den erpressten 4000 Euro lediglich 1100 Euro in der Wohnung eines der beiden Haupttäter sichergestellt werden konnten, und da die beiden Haupttäter über kein Einkommen verfügen, müssen S. und E. nun auch die restlichen 1900 Euro an den Schäfer bezahlen. Weiter bekamen beide eine Geldstrafe in Höhe von 1500 Euro (S) beziehungsweise 1000 Euro (E) auferlegt. Beide verzichteten auf Rechtsmittel.
Gegen die beiden Haupttäter, K. und sein Freund, wurde am Mittwoch die Hauptverhandlung am Landgericht Schweinfurt eröffnet - ihnen droht eine Haftstrafe von drei bis 15 Jahren.