Im Norden weniger, im Süden mehr: Im vergangenen Jahr gab es im Landkreis Bad Kissingen genauso viele Unfälle wie 2015.
Auf hohem Niveau hat sich die Zahl der Unfälle im Landkreis Bad Kissingen stabilisiert: Nur im Altlandkreis Bad Brückenau gab es einen Rückgang, auf der A 7, der A 71 und im Zuständigkeitsbereich der beiden anderen Polizeiinspektionen krachte es dagegen öfter. Unterm Strich steht am Ende die identische Zahl wie 2015: 3365 Unfälle gab es 2016 im Landkreis, dabei wurden 562 Menschen verletzt und - ebenfalls wie 2015 - fünf getötet.
Immerhin konnte sich der Landkreis damit dem Unterfranken-Trend entziehen: Im gesamten Bezirk stieg die Zahl der Verkehrstoten von 56 auf 68. "Eigentlich ist die Rettungskette optimal und auch die Fahrzeug-Technik wird immer besser", sagt Lothar Manger, der als Sachbearbeiter Verkehr für den gesamten Landkreis zuständig ist, aber: "Trotzdem kommen leider oft viele unglückliche Umstände zusammen." So auch beim einzigen tödlichen Unfall im Bereich der Polizeiinspektion (PI) Bad Kissingen: Im Januar 2016 geriet am Schindberg ein Auto ins Schleudern, rammte ein anderes Auto, das dadurch in den Gegenverkehr geriet und mit einem Kleinwagen zusammen stieß: Eine 59-Jährige wurde dabei so schwer verletzt, dass sie an den Folgen starb.
Rekordjahr auch in Hammelburg
Wer eine höhere Zahl an Verkehrsunfällen im Bereich der PI Bad Kissingen finden will, muss lange suchen: 1990 waren es 1786 Unfälle, bis 1995 sank die Zahl auf 1433. Seit fünf Jahren steigen die Unfallzahlen stetig. Trotzdem gebe es auch einen positiven Trend: "Die Unfälle mit schwerstverletzten Personen gehen eher zurück", relativiert der Bad Kissinger PI-Chef Stefan Haschke die reinen Zahlen.
Auch die Unfallzahlen im Bereich der PI Hammelburg erreichte 2016 den langjährigen Höchstwert von 734. Dabei sind erneut zwei Menschen ums Leben gekommen: in Sulzthal und Euerdorf. Einen großen Anteil an den Fallzahlen haben die Wildunfälle, erklärt Ralf Peter, der für Verkehr zuständige Beamte bei der Hammelburger Polizei. Bei einem Wildunfälle wurde ein Motorradfahrer schwer verletzt.
522 Unfälle registrierte die Polizeiinspektion Bad Brückenau im vergangenen Jahr. Das ist ein Rückgang um 56 Unfälle oder fast zehn Prozent. "Erfreulich", nennt Dienststellenleiter Daniel Seeburg diese Entwicklung. Insbesondere die Zahl der Wildunfälle sank deutlich von 237 auf 194. "Genauso wenig wie wir uns den Anstieg der Wildunfälle damals erklären konnten, kann man jetzt über den deutlichen Rückgang nur Vermutungen anstellen", sagt Seeburg. Laut Sachbearbeiter Lothar Manger verweisen viele Jäger auf das Wetter: "2015 war sehr trocken und das Wild musste nach Wasser suchen."
Keine guten Nachrichten allerdings gibt es bei den Toten und Verletzten im Norden des Landkreises. Nachdem zwei Jahre lang auf den Straßen im Altlandkreis mit Ausnahme der Autobahn kein Toter zu beklagen war, starben im vergangenen Jahr gleich zwei Menschen: ein Fußgänger bei Motten und ein Radfahrer bei Oberbach. Auch die Zahl der Verletzten stieg.
Auf den Autobahnen im Landkreis gab es laut Verkehrspolizeiinspektion Schweinfurt-Werneck 391 Unfälle: 346 auf der A 7 zwischen Motten und Langendorf mit 57 Verletzten und 45 auf der A 71 zwischen Oerlenbach und Münnerstadt mit 13 Verletzten. Tote gab es auf den Autobahnabschnitten im Landkreis 2016 keine, dafür ist der Sachschaden deutlich höher: Auf 2,54 Millionen Euro schätzt die Polizei den Gesamtschaden. Zum Vergleich: Bei den 1728 Unfällen der PI Bad Kissingen summierte sich der Sachschaden auf "nur" 2,38 Millionen Euro.
Die Ermittlungen nach einer Unfallflucht sind echte Detektivarbeit: "Heute hat jedes Fahrzeugteil eine eigene Nummer", berichtet Sachbearbeiter Joachim Reininger, und: "Mit größeren Lackteilen kann man sogar auf die Fahrzeugmarke schließen." Am hilfreichsten sind aber immer noch Zeugen-Hinweise: "Und wenn jemand nur einen Teil des Kennzeichens erkannt hat, hilft uns das schon weiter." Manchmal melde sich sogar ein reuiger Unfallflüchtiger, wenn er von seiner Unfallflucht in der Zeitung liest. Unterm Strich klärte Reininger im vergangenen Jahr 101 von 277 Unfallfluchten, also 36,5 Prozent. Im gesamten Landkreis lag die Quote bei 35,2 Prozent.
Bei kleinen Parkremplern sei oft die große Frage, ob der Verursacher den Unfall überhaupt bemerken konnte. "Manchmal können sogar wir keinen Schaden erkennen", sagt Reininger und verweist auf Stoßstangen aus Kunststoff, die wieder ihre ursprüngliche Form annehmen, obwohl sich dahinter ein Schaden verbirgt. Für die Suche nach Unfallfahrzeugen ist Reininger schon bis nach Ostheim gefahren, die Zusammenarbeit mit den Werkstätten sei gut, die meisten würden Unfallverursachern gleich empfehlen, sich bei der Polizei zu melden.
Unfallflucht ist kein Kavaliersdelikt: Schon ab einem Schaden von 1600 Euro könne der Führerschein gefährdet sein, während es keine Folgen habe, wenn man sich zu dem Schaden bekenne. Deshalb empfiehlt Reininger, sich immer an die Polizei zu wenden, wenn es zum Beispiel zum kleinen Parkrempler vor dem Supermarkt komme: Die Polizei kläre dann ab, ob ein Schaden vorliegt. "Wenn ich mich melde, kann ich nicht bestraft werden", sagt Reininger. Kosten fallen dafür übrigens keine an. Zudem sei man verpflichtet, mindestens 15 Minuten zu warten. Der Zettel mit Kontaktdaten hinterm Scheibenwischer alleine reiche jedenfalls nicht.
Von 126 auf 110 ging die Zahl der Unfallfluchten in Hammelburg zurück, die Aufklärungsquote sank von 38,9 Prozent (49 Fälle) auf 31,8 Prozent (35). "Das Kennzeichen liegt halt selten an der Unfallstelle", kommentiert Alfons Hausmann die Quote. Auch in Bad Brückenau ging die Zahl der Unfallfluchten zurück: von 80 auf 65, von denen 23 geklärt wurden. Bei einer trug ein Mensch Verletzungen davon. "Egal wie hoch der verursachte Schaden ist, eine Unfallflucht ist eine Straftat", sagt Daniel Seeburg, Leiter der Polizeiinspektion Bad Brückenau.
Seit dem Jahr 2000 hat jeder Landkreis eine Unfall-Kommission. Lothar Manger, Sachbearbeiter Verkehr bei der Bad Kissinger Polizei, gehört ihr an. Er ist ein großer Verfechter von Kreiseln: "Wenn ein Kreisverkehr an der richtigen Stelle richtig gebaut wird, ist er auf alle Fälle eine Verbesserung." Das bekräftigt auch Abteilungsleiter Matthias Wacker vom Staatlichen Bauamt Schweinfurt: "Wir haben nur positive Erfahrungen mit Kreiseln gemacht."
Niedrigere Geschwindigkeit
Bad Bocklet, Euerdorf, Aschach, Burghausen, Ramsthal oder Hammelburg: Viele Kreisel sind in den vergangenen Jahren entstanden. Etliche weitere sind geplant, etwa an der Lauterer und der Garitzer Kreuzung. Bei Lauter sei es die sinnvollste Lösung, Garitz ist laut Manger eher ein "Politikum": "Da gab es keine Empfehlung der Unfall-Kommission." Kleinere Unfälle gebe es auch mal bei Kreiseln, aber: "Man hat einfach niedrigere Geschwindigkeiten an den Konfliktpunkten."
"Es war einmal ein Kreisel geplant, und zwar in der Kissinger Straße an der Kreuzung zur Konrad-Zirkel-Straße", berichtet Daniel Seeburg, Leiter der Polizeiinspektion Bad Brückenau. Die Planer seien davon aber wieder abgekommen. Auch wenn Kreisel durchaus eine sinnvolle Maßnahme seien, im Altlandkreis Bad Brückenau sieht Seeburg keinen Bedarf.
Gesunken ist bei der PI Bad Kissingen die Zahl der Wildunfälle von 556 auf 514 im vergangenen Jahr. Froh ist Manger auch, dass es keinen Schulweg-Unfall gab. Rund jeder elfte Unfall ging laut Polizei auf überhöhte Geschwindigkeit zurück, Alkohol wurde bei 14, Drogen bei zwei Unfällen als Ursache ermittelt.