Familie getrennt: Mutter mit drei Kindern abgeschoben

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Symbolbild: Friso Gentsch/dpa
Symbolbild: Friso Gentsch/dpa

Sechs Polizisten holten am Dienstag eine 21-jährige Georgierin mit ihren drei Kindern in Hammelburg ab. Ohne Vater. Der Bayerischen Flüchtlingsrat kritisiert auch das Landratsamt Bad Kissingen, die Familie auseinander gerissen zu haben. Eine Sozialarbeiterin der Caritas nennt die Vorgänge "dramatisch".

Zum zweiten Mal binnen kurzer Zeit kam es im Landkreis Kissingen zur Trennung einer Flüchtlingsfamilie durch Abschiebung. Dieses Mal traf es junge Bewohner der Unterkunft in Hammelburg. Sechs uniformierte Polizisten holten eine 21-jährige Georgierin samt ihren drei Kindern im Alter von einem, zwei und drei Jahren ab, um sie auf dem Landweg nach Polen abzuschieben. Scharf kritisiert der Bayerische Flüchtlingsrat dieses Vorgehen in einer Pressemitteilung.

Vergeblich hatte Sozialberaterin Sibylle Unser von der Caritas versucht, Polizisten und Ausländerbehörde davon zu überzeugen, auf den Vater zu warten. "Dramatisch" nennt Unser die Abschiebung im Nachhinein. Die junge Mutter sitze inzwischen mit ihren Kindern in einem geschlossenen Lager an der ukrainischen Grenze. Ohne den Vater. Der sei zu diesem Zeitpunkt beim Joggen gewesen, so der Flüchtlingsrat.

Nachdem eine kurze Suche erfolglos blieb, habe die Ausländerbehörde beschieden, Mutter samt Kindern ohne Familienvater abzuschieben. Ein Eilantrag der Anwältin der Familie beim Verwaltungsgericht Würzburg sei kurzfristig abgelehnt worden. Das Landratsamt Bad Kissingen sieht die Sache anders. Der Vater sei vorsätzlich abgetaucht. Auf Nachfrage verweist die Behörde auf eine Verfügung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, worauf die Abschiebung nach Polen beruhe. Die Ausländerbehörde Bad Kissingen sei gesetzlich verpflichtet, die Abschiebung mit der Polizeibehörde zu vollziehen.

Vater untergetaucht

"Eine gemeinsame Abschiebung war durch das Untertauchen des Familienvaters nicht möglich", so Landratsamtspressesprecher Stefan Seufert. Die Polizeibeamten hätten über zweieinhalb Stunden auf den Familienvater gewartet und ihn erfolglos gesucht. "Durch das Untertauchen hat sich der Vater der Abschiebung entzogen, und die Familie musste aus rechtlichen Gründen getrennt abgeschoben werden", sagt Seufert.

Die Trennung von seiner Familie habe der Familienvater selbst zu verantworten, verweist Seufert auf die zuständige Richterin. Ein Zeuge habe das bewusste Untertauchen des Familienvaters am Donnerstag nochmals bestätigt. Durch Flucht über die Feuertreppe habe der Familienvater das Wohnheim beim Eintreffen der Polizei verlassen.

Der Flüchtlingsrat gibt sich mit diesen Erklärungen nicht zufrieden. Für die Zeit des Mutterschutzes sei die Abschiebung ausgesetzt gewesen. Dann wurde vollzogen. "Der Schutz von Ehe und Familie scheint in Bayern keine Geltung mehr zu besitzen", kritisiert Stephan Dünnwald vom Bayerischen Flüchtlingsrat.

"Bisher wurden in Bayern Familien nicht durch Abschiebung getrennt." Der Flüchtlingsrat fordert das Bayerische Innenministerium auf, den Ausländerbehörden klare Anweisungen zu geben, dass der Schutz von Ehe und Familie auch dann zu gewährleisten ist, wenn es sich um Abschiebungen im Rahmen von Dublin-Verfahren handelt.

Anfang Juni kam es bereits zu einem Abschiebeversuch einer Familie ohne den Familienvater. Erst die Bundespolizei am Frankfurter Flughafen befand die Ehefrau für nicht reisefähig und lehnte die Abschiebung ab, so der Flüchtlingsrat.

Diese sei nicht vom Landratsamt, sondern durch die Zentrale Rückführungsstelle (ZRS) Würzburg verfügt worden, so Stefan Seufert vom Landratsamt Bad Kissingen.