Eine Hummel sorgt für Ausfall beim Kissinger Sommer

1 Min
Tine Thing Helseth und Michail Lifits in Bildhausen. Foto: Ahnert
Tine Thing Helseth und Michail Lifits in Bildhausen. Foto: Ahnert

Ein Insekt machte in Bad Kissingen aus einem Skandinavischen Trio ein Duo.

Jeder Klassikfreund weiß, was er sich unter "Hummelflug" vorzustellen hat: ein Opern-Interludium von Nikolai Rimski-Korsakow. Die Geigerin Vilde Frang kennt jetzt auch noch eine andere Bedeutung: Sie hatte eine Kollision mit einer Hummel, die ihr in den rechten Zeigefinger stach. Er wurde, wie sie mitteilte, "dick wie ein Elefantenfuß". Damit war sie blitzartig lahmgelegt. Aus dem angekündigten Skandinavischen Trio wurde so ein Skandinavisches Duo.
Tine Thing Helseth und Michail Lifits mussten auf die Schnelle ein Ersatzprogramm zusammenbasteln. Lifits spielte im ersten Teil die Sonate A-dur D 959 von Franz Schubert, die vorletzte Klavierkomposition. Er hatte sie bestens in den Fingern, weil er diese Woche ins Studio geht, um sie einzuspielen. Und er kam auch hervorragend mit dem Flügel und der Akustik des Saales zurecht. Er entwickelte eine Musik, die ihren Ernst nicht aus Schuberts nahem Tod, sondern aus der Grundanlage bezog, verdeutliche die zahlreichen Liedzitate, spielte dramaturgisch geschickt mit den vielen Pausen und erzeugte über eine durchdachte Klangregie eine starke Binnenspannung.

Nach dem Ernst kam im zweiten Teil die Heiterkeit. Mit viel Charme und immerhin schon brüchigem Deutsch - sie lebt seit kurzem in Berlin - präsentierte Tine Thing Helseth das Notprogramm. Sie begannen mit zwei norwegischen Volksliedern, Ole Bulls "In einsamen Stunden" und einem Lied aus Griegs "Haugtussa-Zyklus" , das so in etwa "Kuhruf" heißen könnte. Aber Kühe kommen da eigentlich nicht vor, nur Ziegen. Die junge Trompeterin hatte, sicher situationsbedingt, ein paar kleine, bei ihr ungewohnte Ansatzprobleme. Aber ihr Ton war wie immer außerordentlich weich und singend. Und so leise und dabei tonstabil zu spielen macht ihr so schnell niemand nach. Michail Lifits konnte sich wunderbar zurücknehmen wie in Kurt Weills "Nannas Lied". Und in Stanley Friedmans "Fanfare" aus dem Zyklus "Solus" holte sie den ganzen hochvirtuosen Witz der Antifanfare heraus, die am Ende grandios abschmiert.

Zum Abschluss erklang schließlich das einzige auch im Ursprungsprogramm vorgesehene Werk: die "Siete canciones populares espanolas" von Manuel de Falla, die für heutige Ohren vielleicht ein bisschen klischeehaft wirken, weil sie punktgenau die "iberischen Erwartungen" an die Musik erfüllen. Aber es ist eine glutvolle Musik, die man gerne hört, vor allem, wenn sie so mitreißend und inspirierend gespielt wird.