In Bayern werden Wildschweine zunehmend zum Problem für die Landwirtschaft. Im Landkreis Bad Kissingen ist die Lage relativ entspannt. Jäger und Landwirte arbeiten hier gut zusammen.
Bad Kissingen — Dämmerung macht sich breit. Am Waldrand steht eine Gruppe Wildschweine. Die Tiere überqueren die Wiese Richtung Saale. Sie haben Hunger und Durst. Und auf dem Weg zum Wasser liegt ein Maisfeld.
Jetzt wird es problematisch. Die "Schwarzkittel" lieben den Mais. So sehr, dass viele bayerische Bauern sauer sind. So hat sich jüngst auch Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU) zu Wort gemeldet: "Die Lage ist ernst", betont Brunner, und weiter: "Die
Wildschweine drohen vielerorts in Bayern tatsächlich zur Plage zu werden." Auch der Jagdreferent des bayerischen Bauernverbandes (BBV), Johann Koch, spricht von einem landesweiten Problem.
Lage noch entspannt Zwar gehört auch der Landkreis Bad Kissingen zu Bayern, doch hier scheint die Lage noch relativ entspannt zu sein.
Das jedenfalls sagnen alle Beteiligten, darunter auch Leitender Forstdirektor Klaus Klingert vom Amt für Landwirtschaft. Die großen Wildschwein-Katastrophen im Bereich seines Amtes, das die Landkreise Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld umfasst, seien bisher ausgeblieben.
Den Aufruf des Landwirtschaftsministers unterstützt Klingert dennoch.
Jäger und Landwirte, sollten sich wie von Brunner gefordert, an einen Tisch setzen statt sich gegenseitig Vorwürfe zu machen.
Dass das im Bereich Bad Kissingen schon längst geschieht, sagt Hans-Peter Donislreiter von der Jagdbehörde des Landkreises Bad Kissingen: "Die Jäger sind jede Nacht draußen, um Wildschäden zu vermeiden." Die Landwirte helfen mit, mähen um ihre Felder herum und legen Schneisen zur besseren Bejagung der Tiere an, stellen
Zäune auf.
Die Schäden durch Wildschweine hätten im vergangenen Jahr im gesamten Landkreis etwa 100 000 Euro betragen, und das bei 250 Revieren. Was wiederum zwei Euro pro Revier bedeute. Anderswo sehe die Bilanz viel schlechter aus. Zum Beispiel in Rheinland-Pfalz. Dort habe ein einziges Revier für einen Wildschaden von 100 000 Euro geradestehen müssen, so Donislreiter.
Population hat stark
zugenommen "In den letzten 20 Jahren hat die Wildschweinpopulation stark zugenommen," sagt Georg Scheuring, Geschäftsführer des BBV Bad Kissingen. Nicht nur auf den Maisfeldern, sondern auch auf Grünland machten die Wildschweine Ärger. Sie durchwühlten die Grasnarbe, dadurch verschmutze das Futter, was besonders den Milchviehhaltern Probleme bereite.
Die Regulierung der Wildschweinbestände bezeichnete Scheuring als Daueraufgabe für Jagd und Landwirtschaft: "Hier sind beide gefordert." Doch auch Georg Scheuring betont, dass das im Landkreis funktioniere. "Das gegenseitige Verständnis ist gewachsen", sagt der BBV-Geschäftsführer, die Schadensregulierung geschehe meist auf dem kleinen Dienstweg.
Viel zur derzeit stabilen Lage hat laut Scheuring die Arbeitsgemeinschaft Jagdgenossenschaften im BBV beigetragen.
Ein runder Tisch, an dem alle Jagdgenossenschaften, aber auch die Jäger eingeladen sind.
Revierübergreifende Drückjagden Auch der Schwarzwildring Bad Kissingen, der seit nunmehr 30 Jahren besteht, hat sich auf die Fahnen geschrieben, die Konflikte zwischen Mensch und Wildschwein einzudämmen.
Leiter Reinhard Landgraf: "Schon bei der Gründung war die Minimierung der stellenweise hohen Wildschäden eines der Ziele." Man habe im Bereich des Schwarzwildrings früh damit begonnen, durch revierübergreifende Drückjagden dem Schwarzwild Herr zu werden.
Der Schwarzwildring lebe nach wie vor von der Mitwirkung der Jäger an der Basis.
Besonders hebt Landgraf die gute Zusammenarbeit mit den Landwirten, den Bayerischen Staatsforsten und der Unteren Jagdbehörde hervor.
Laut Georg Scheuring vom BBV gibt es im Landkreis Bad Kissingen zwar auch Probleme mit dem Schwarzwild, eine Wildschwein-Katastrophe wie manch anderen Teilen Bayerns sei bisher ausgeblieben.
Mit der Gewalt eines Nashorns Nicht nur im Maisfeld, sondern auch auf der Straße können
Wildschweine zum Problem werden, wie der Verkehrssachbearbeiter bei der Polizeiinspektion Bad Kissingen, Lothar Manger betont. So gab es im vergangenen Jahr 50 von Wildschweinen verursachte Verkehrsunfälle.
Dabei wurde eine Person leicht verletzt. Bei den restlichen 49 Unfällen handelte es sich um sogenannte Kleinunfälle, bei denen keine Schadensaufnahme gemacht wird.
Im Schnitt dürfte der Sachschaden bei einem Wildschwein-Unfall bei rund 2000 Euro liegen.
Besondere Vorsicht des Autofahrers ist laut Manger immer dann geboten, wenn sich auf einer Seite der Straße ein Wald, auf der anderen Seite ein Bach, ein Fluss oder gar ein Maisfeld befinden. Erhöhte Aufmerksamkeit empfiehlt sich vor allem dann, wenn ein Wildschwein die Straße überquert. Denn dann folgen laut Manger meist noch etliche andere Tiere nach.
Auch die Wildwechsel-Schilder sollten die Autofahrer ernst nehmen. Wobei diese in der Regel nicht im Wald stehen sondern vor allem dort, wo der Autofahrer nicht mit Wildwechsel rechnet.
Beim Zusammenstoß zwischen einem Tier und einem Fahrzeug wird ein Auto bereits bei 60 Stundenkilometern mit einem enormen Gewicht getroffen. Während ein Rehbock mit der Gewichtskraft von fast einer Tonne aus das Fahrzeug prallt, entspricht die Wucht eines Wildschweins der Gewichtskraft eines
Nashorns.
Wildunfälle können prinzipiell das ganze Jahr und zu jeder Tageszeit passieren. Allerdings besteht während der Morgen- und der Abenddämmerung ein erheblich höheres Unfallrisiko, da die Tiere zu diesen Zeiten besonders aktiv sind.