Vor sechs Monaten hat Katalin Pánczél ihre Hausarztpraxis in Premich eröffnet. Schon im ersten Quartal hatte sie 500 Patienten.
Vor sechs Monaten eröffnete die aus Ungarn stammende Ärztin Katalin Pánczél (55) in Premich ihre Hausarzt-Praxis. Seit Weihnachten 2012 hatte die Marktgemeinde Burkardroth in bundesdeutschen Medien und mit einfallsreichen Aktionen um einen neuen Arzt geworben. "Ich wurde von allen großartig unterstützt", blickt die Allgemeinmedizinerin vom Plattensee nach einem halben Jahr dankbar auf ihren Neustart im Juli zurück.
Mehr als20 Jahre Erfahrung Zwanzig Jahre lang hatte sie in ihrer alten Heimat schon eine eigene Praxis. Sieben Jahre arbeitete sie zusätzlich als Chefärztin in der medizinischen Abteilung einer Wellness-Anlage im Badeort Siófok. "Als Arzt wird man in Ungarn allerdings schlecht bezahlt." Deshalb bemühte sie sich mit Erfolg um einen Job in Deutschland.
Seit 2011 war sie nach Anerkennung ihrer Approbation in einem Medizinischen Versorgungszentrum in Bad Kösen (Sachsen-Anhalt) angestellt. Täglich musste sie zwischen vier Arztpraxen pendeln.
Seit Juli ist sie in Premich endlich wieder ihr eigener Chef. Von der Bevölkerung und ihren Patienten fühlt sie sich "herzlich in den Arm genommen". Viele hätten ihr bei der wochenlangen Renovierung von Wohnung und Praxis tatkräftig geholfen, erzählt sie noch immer ganz begeistert von der freundlichen Aufnahme.
Das Gebäude hatte sie nach langem Leerstand vom früheren Hausarzt Bernd Ruhl gekauft. Zur Praxiseröffnung kamen viele Honoratioren und Bürgermeister Waldemar Bug. Seitdem hängt das Gemeindewappen in Buntglas an der Wand. "Das ist das einzige außerhalb eines gemeindeeigenen Gebäudes."
Stolz darf sie auch auf das bisher Erreichte sein. "Schon im ersten Quartal hatte ich über 500 Patienten." Das sei immerhin die durchschnittliche Frequenz einer bayerischen Hausarztpraxis. Auf dem alten Patientenstamm ihres Vorgängers hat Pánczél nicht mehr aufbauen können. Seine Praxis sei zu lange geschlossen gewesen. "Ich musste von Null anfangen."
Das scheint ihr gut gelungen zu sein: Aus einem Umkreis von 25 Kilometern kommen inzwischen die Menschen zur sympathischen Ungarin, die recht gutes Deutsch mit dem für ihre Landsleute etwas harten Akzent spricht. Sogar aus Bad Kissingen kommen Patienten. "Qualität spricht sich eben herum", verweist sie dankbar auf die Mund-zu-Mund-Propaganda als einzige Werbemöglichkeit für Ärzte.
Naturheilkundlerin In Ungarn war Katalin Pánczél auf Bioresonanztherapie und Naturheilkunde spezialisiert. Beides wird ihr in Deutschland nicht anerkannt. Aber das will sie mit dem dafür nötigen Abschluss noch erreichen. Gerade macht sie die Weiterbildung zur Badeärztin und in Geriatrie.
Die Bildungsmaßnahmen in physikalischer Therapie und zur Behandlung von Diabetes-Erkrankungen hat sie schon abgeschlossen. Sobald sie ihre Anerkennung als Schwerpunktpraxis für Diabetes hat, will Pánczél noch 2014 ihre Hausarztpraxis um mindestens einen zusätzlichen Raum erweitern. "Dort biete ich dann Schulungen für Diabetes-Kranke an." Ihre Arzthelferinnen sind darin schon geschult.
Ebenfalls 2014 will sie mit der Zertifizierung ihrer Praxis in Qualitätsmanagement beginnen. Etwa drei Jahre kann dieser mehrstufige Vorgang dauern, bis die Medizinerin das Zertifikat der Kassenärztlichen Vereinigung bekommt. Das kostet zwar Geld, "bringt aber Vorteile für Mitarbeiter und Patienten". Im Disease-Management-Programm, einem systematischen Behandlungsprogramm für chronisch kranke Menschen, wurde ihre Praxis bereits zertifiziert.
Katalin Pánczél hat noch viel vor. "Ärztin ist doch der schönste Beruf. Es gibt nichts Besseres, als anderen helfen zu können", sagt sie.
Viel freie Zeit für Privates hatte sie freilich bisher noch nicht. Bekanntschaften oder gar Freundschaften hat sie in den sechs Monaten seit Praxiseröffnung noch nicht aufbauen können. Berührungsängste hat sie allerdings keine, auch wenn es Mentalitätsunterschiede zwischen Ungarn und Unterfranken gibt. "Der Kontaktaufbau dauert länger", ist sich Pánczél durchaus bewusst.
Auch für sie ist das Leben in Premich eine gewaltige Umstellung. In Siófok lebte sie mitten in einem quirligen Urlaubszentrum mit vielfältigem Angebot. Jetzt wohnt und arbeitet sie abgeschieden in ländlicher Region. "Aber ich fühle mich hier glücklich. Die Menschen sind alle sehr nett zu mir."
Irgendwann, wenn sie wieder mehr Freizeit hat, will sie einen Bummel durch Bad Kissingen machen. Denn dort stehen die großen Skulpturen ihres bekannten Landsmannes Imre Varga. Der Bildhauer lebt noch immer in ihrer Heimatstadt Siófok am Plattensee.