Operngala mit dem Budapest Festival Orchestra
Bad Kissingen — Natürlich kann man Operngalas nicht genau planen, weil man den gesundheitlichen Zustand des singenden Personals nicht zuverlässig einschätzen kann. Aber bei der festlichen Operngala kam's knüppeldick. Erst musste die Sopranistin Eva Mei kurzfristig einspringen - sie war bereits die dritte Besetzung nach Maria Agresta (Termione) und Desirée Rancatore (krank). Und dann kam in letzter Minute die Nachricht, dass Dmitry Korchak eine schwere
Erkältung hat. Der Tenor, Profi, der er ist, wollte trotzdem singen, um das Konzert nicht platzen zu lassen. Das ehrt ihn, aber das legte auch einen schweren Schatten auf die Veranstaltung. Zum einen merkte man immer, dass sich Korchak, der dieses Jahr erstmals einen Saal hatte, der seiner Stimme gerecht wurde, sehr vorsichtig zu Werke ging, aber trotzdem einiges riskierte. Zum anderen schwang immer der etwas lähmende Gedanke an den Absturz der Stimme mit.
Und nach Bellinis "Vieni fra queste braccia" hätte er wirklich keinen Ton mehr singen können - und dürfen. Der Bassbariton Daniel Kotlinski war so gesehen der einzige in dem Terzett, der sich an die Planungen gehalten hatte.
Dass die "Festliche Operngala" keine Flügel bekam, obwohl insgesamt gut gesungen wurde, lag aber nicht nur an diesen Problemen.
Es lag auch - wieder einmal - an dem Programm, das keine wirkliche Feststimmung aufkommen ließ. Das waren mal wieder lauter Sozialdramen, an deren Ende der Tod steht wie bei "La Traviata", in die sich Eva Mei erst ein bisschen reinsingen musste und Dmitry Korchak sehr vorsichtig bleiben musste. Entsprechend verhalten war auch das Duett "Parigi, o cara". Und "Je dis, que rien ne m'épouvante" der Micaela aus "Carmen" passte nicht sonderlich gut in die Stimmlage von Eva Mei.
Andererseits war es interesant, dass Daniel Kotlinski die Polonaise aus Moniuszkos "Halka" sang - das hat hier noch niemand gemacht. Aber das hätte man einbetten müssen in eine Reihe von Hits. Gut, es gab die Arie des Lenski und das berühmte Duett Nadir - Zurga aus den "Perlenfischern" - aber da wartet man ja nur auf die beiden Terzenparallelen als emotionale Ausrufezeichen.
Ansonsten: Bizets "La jolie fille de Perth" ist nicht der große Bringer, und Bellinis "I puritani" auch nicht.
Nein, der große Stimmungsmacher war an dem Abend das Orchester der Polnischen Nationaloper Teatr Wielki aus Warschau mit Lukasz Borowicz am Pult, das ausgesprochen pfiffig und schwungvoll musizierte. Und im Rückblick, angesichts der stimmlichen Einschränkungen, war es auch gut, dass von den 17 Nummern des Abends sieben Ouvertüren, Mazurken und Tänze
waren.
Blieb am Ende die große Frage: Wer wird am Samstag im "Elisir d'amore" den Nemorino singen? Auf Dmitry Korchak kann man nur hoffen, aber auf ihn setzen sollte man nicht. Aber eine Antwort gab es auch: Auf das Abschlusskonzert am Sonntag mit Lukasz Borowicz am Pult, dann mit dem National-Symphonieorchester des Polnischen Rundfunks Kattowice, kann man sich freuen.