Damit der Klang wieder zur Kirche passt

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Orgel-Sachverständige unter sich (von links): die Orgelbauer Christoph Herold und Lorenz Haupt sowie der Kantor der Herz-Jesu-Kirche, Burkhard Ascherl. Fotos: Thomas Mäuser
Orgel-Sachverständige unter sich (von links): die Orgelbauer Christoph Herold und Lorenz Haupt sowie der Kantor der Herz-Jesu-Kirche, Burkhard Ascherl. Fotos: Thomas Mäuser
Die Schuke Orgel in der Herz-Jesu-Kirche ist ein gewaltiges Instrument mit rund 3500 Pfeifen.
Die Schuke Orgel in der Herz-Jesu-Kirche ist ein gewaltiges Instrument mit rund 3500 Pfeifen.
 
Zur Zeit muss sich Kantor Burkhard Ascherl mit einer elektronischen Orgel behelfen.
Zur Zeit muss sich Kantor Burkhard Ascherl mit einer elektronischen Orgel behelfen.
 
An einen Dosenöffner erinnert die Stimmeinrichtung einer Orgelpfeife.
An einen Dosenöffner erinnert die Stimmeinrichtung einer Orgelpfeife.
 
Christoph Herold setzt die bearbeiteten Pfeifen wieder ins Register.
Christoph Herold setzt die bearbeiteten Pfeifen wieder ins Register.
 
Christoph Herold setzt die kleinen Pfeifen wieder ein.
Christoph Herold setzt die kleinen Pfeifen wieder ein.
 
Vorsichtig legt Konrad Haupt eine Orgelpfeife ab.
Vorsichtig legt Konrad Haupt eine Orgelpfeife ab.
 
Mit einem scharfen Messer bearbeitet Haupt den "Ausschnitt".
Mit einem scharfen Messer bearbeitet Haupt den "Ausschnitt".
 
Der Messerschnitt herangezoomt.
Der Messerschnitt herangezoomt.
 
Lorenz Haupt prüft den Klang.
Lorenz Haupt prüft den Klang.
 

Nach der Reinigung wird die Orgel der Akustik der Herz-Jesu-Kirche angepasst. Zwei Spezialisten aus Berlin sorgen dafür, dass das Instrument nicht mehr so grell klingt.

Orgel- und Harmoniumbauer Lorenz Haupt hebt die rund eineinhalb Meter lange Orgelpfeife hoch, führt sie an den Mund und bläst hinein. Das "kleine Dis, Oktave 8" schallt durch das Kirchenschiff. Der Klang passt, das Teil kann wieder eingebaut werden. Gut 3500 Pfeifen hat die Orgel der Herz-Jesu-Kirche. Sie alle sind in den vergangenen Wochen gereinigt worden.
Nun sorgt Haupt mit seinem Kollegen Christoph Herold dafür, dass das gewaltige Instrument künftig ein kleines bisschen anders klingt. Nicht mehr so grell.

Die große Schuke Orgel der Herz-Jesu-Kirche stammt aus dem Jahre 1993. "Nach 25 bis 30 Jahren muss eine Orgel überholt und gereinigt werden", sagt Kantor Burkhard Ascherl, Herr über die drei Manuale und das pedal. Dazu kommt, dass die Orgel während der Kirchenrenovierung 2003 viel Staub schlucken musste, obwohl sie eingepackt war. Der Kerzenruß tut ein Übriges. "Als die Pfeifen jetzt gereinigt wurden, haben die Arbeiter Eimer mit kohlschwarzem Wasser herausgetragen", sagt Ascherl.

Doch nicht nur die Pfeifen, auch das Innenleben der Orgel bedurfte der Überholung. Im Bereich Technik und Elektrik wurde einiges ausgewechselt, bis hin zu den kleinen Lederstückchen, die die Ventile öffnen.


Pfeifen werden ausgebaut

Für die Reinigung mussten fast alle Pfeifen abgenommen werden. Nur die ganz großen durften stehen bleiben. Ihre Reinigung kann man sich wie das "Schlotfegen" vorstellen. Alles in allem eine lohnintensive Arbeit, wie Burkhard Ascherl betont. "Das kostet mindestens 1000 Euro pro Register, 53 Register hat die Orgel." Gut, dass die Diözese 50 Prozent der Kosten übernimmt, doch auch dann bleibt immer noch ein stattlicher Betrag für die Kirchengemeinde übrig.

Drei Wochen hat die Reinigung gedauert. "Jetzt nehmen wir ein paar Änderungen im Klang vor", sagt Orgelbauer Lorenz Haupt. Er ist bei der Berliner Firma Karl Schuke beschäftigt, jener Firme, die die Bad Kissinger Orgel auch gebaut hat.

Die nun elf Jahre zurückliegende Kirchenrenovierung hat sich auf die Akustik der Herz-Jesu-Kirche ausgewirkt. "Nach der Baumaßnahme ist der Klang der Orgel schärfer geworden", sagt Kantor Ascherl, der die "volle Orgel" nur noch ganz selten spielt. Nun soll der Klang milder werden, angenehmer für die Ohren, besser passend zur veränderten Akustik des Gotteshauses.


Empfindliche Legierung

Während Christoph Herold bereits fertig gestellte Pfeifen in ein Register einbaut, hat sich Lorenz Haupt ein weiteres, noch unbearbeitetes Exemplar geschnappt. Er legt sie auf Rollen, um sie drehen zu können. Dabei trägt Haupt Gummihandschuhe. Die Zinn-Blei-Legierung der Pfeifen ist sehr empfindlich, verträgt keinen Handschweiß. "Sonst gibt es Fingerabdrücke, die kriegt man kaum mehr weg." Während die Tonhöhe der Pfeife durch ihre Länge bedingt ist, ist für die Klangfarbe eine Öffnung ganz unten an der Pfeife verantwortlich. An dieser viereckigen Öffnung, dem "Aufschnitt", macht sich Haupt mit einem kleinen, scharfen Messer zu schaffen. Er schabt einen Teil des Materials ab. Es geht um Zehntel-Millimeter.


Gutes Gehör ist Voraussetzung

Dann bläst er in die Pfeife, um zu hören, ob der Klang nun in Ordnung ist. Eines der wichtigsten Handwerkszeuge für Lorenz Haupt ist sein Gehör. "Man braucht sehr, sehr viel Erfahrung", sagt der 34-Jährige. Denn erst, wenn die Pfeifen wieder in der Orgel stehen, weiß er, ob er hundertprozentig richtig gelegen hat.

Lorenz Haupt und Christoph Herold haben etliche Werkzeugkoffer dabei. Nicht nur für die Arbeiten an den Pfeifen aus besagter Metall-Legierung, sondern auch für die hölzernen Exemplare. Dann sind Feile und Stichsäge gefragt. Nebenan, auf einem Stuhl, steht ein sündteures Stimmgerät. Manchmal muss auch die Tonhöhe wieder angepasst werden. Die Pfeifen haben oben eine Stimmvorrichtung, die aussieht wie ein Fischdosendeckel, der sich um den Öffner gewickelt hat.

Während Christoph Herold erneut eine Pfeife in das Register zurückversetzt, wird noch eine weitere Eigenschaft klar, die der Orgelbauer haben sollte: Schwindelfreiheit. Denn gerade wenn Arbeiten an den über mannshohen Pfeifen der Kissinger Orgel nötig sind, die nicht ausgebaut werden können, dann muss der Orgelbauer auf das Gerüst steigen. Und das steht eh schon auf der Empore.

Es gibt noch einiges zu tun für die beiden Orgelbauer. So lange müssen Kantor Burkhard Ascherl und die Kirchengemeinde mit einer elektronischen Orgel vorlieb nehmen, die ihren Platz neben der Apsis hat. Immerhin mit CD-Qualität. Ende Juli sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. Doch Ascherl hofft, den Gottesdienst zum Kissinger Sommer am 13. Juli schon von der Schuke-Orgel aus spielen zu können - zumindest teilweise.