Corona im Landkreis Bad Kissingen: Erfahrungen mit der Pandemie

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Trotz Autoimmunerkrankung hat sich Pflegerin Andrea Greubel impfen lassen. Weil ihr Arbeitgeber regelmäßig den Antikörper-Titer bestimmt, fühlt sie sich auch im Alltag sicher.
Trotz Autoimmunerkrankung hat sich Pflegerin Andrea Greubel impfen lassen. Weil ihr Arbeitgeber regelmäßig den Antikörper-Titer bestimmt, fühlt sie sich auch im Alltag sicher.
Angelika Schröder
Kristina Schießer. Foto: Selfie
Kristina Schießer. Foto: Selfie
 
Michael Wehner Foto: Ralf Ruppert
Michael Wehner Foto: Ralf Ruppert
 
Horst Geier Foto: Ralf Ruppert
Horst Geier Foto: Ralf Ruppert
 

Zahlreiche Leser haben ihre Erfahrungen mit der Pandemie mit der Redaktion geteilt. Eine Pflegerin fühlt sich trotz einer Autoimmunerkrankung gut geschützt, viele berichten von keinen oder nur harmlosen Impfreaktionen.

Wenn in den Nachrichten über Covid-19 berichtet wird, überwiegen drastische Bilder aus Intensivstationen. Wir haben die Leser nach ihren alltäglichen Erfahrungen mit der Pandemie gefragt. Ergebnis der - natürlich nicht repräsentativen - Umfrage: Viele kommen gut zurecht, haben ihre Impfungen gut vertragen und fühlen sich - sogar bei der Versorgung von Covid-19-Patienten - gut geschützt.

Pflegerin Andrea Greubel aus Bad Kissingen hat sich nach unserem Bericht über eine Krankenschwester gemeldet, die Neurodermitis hat und sich aus Sorge vor Nebenwirkungen nicht impfen lassen will. "Ich habe Morbus Crohn, also wie Neurodermitis eine Autoimmunkrankheit", berichtet die 55-Jährige. Zur Unterdrückung des Immunsystems nehme sie ein chemotherapeutisches Medikament. Trotzdem habe sie sich bereits im Dezember 2020 zum ersten Mal impfen lassen, mittlerweile sei sie geboostert. "Ich habe alle drei Impfungen mit Biontech gut vertragen", berichtet die Pflegerin - und kann die Haltung von Impfzögerern nicht nachvollziehen: "Sie suchen immer nach Ausreden für sich. Ich persönlich finde dieses Verhalten unsolidarisch." Nach ihren Erfahrungen trotz Vorerkrankung kommentiert sie den Bericht über die Berufskollegin mit Neurodermitis so: "Die Argumentation der Pflegerin ist eine faule Ausrede."

Andrea Greubel arbeitet im Seniorenheim "Am Saaleufer" in Bad Bocklet. Sicherheit gibt ihr der regelmäßige Antikörper-Test ihres Arbeitgebers. "Ich hatte erst Bedenken, ob es bei mir überhaupt wirkt", sagt Greubel. Hausarzt und Gastroenterologe hätten aber zugeraten. Der Titer-Wert zeige, dass es eine Immunantwort gebe. "Wir haben uns eine sogenannte Titer-Maschine gekauft, die gezielte neutralisierende Antikörper bestimmt", berichtet Geschäftsführer Michael Wehner. Es funktioniere wie eine Blutzucker-Messung: Ein Tropfen Blut auf einen Teststreifen genüge, 15 Minuten später sei der Wert ermittelt. Um sicher zu gehen, dass das Gerät wirklich funktioniert, habe er parallel Tests an Labore geschickt. Die Übereinstimmung sei sehr gut gewesen.

Freie Tage nach der Impfung

"Ich bin ein absoluter Impf-Befürworter", betont Michael Wehner. Die Bewohner seiner Einrichtung seien bereits am 27. Dezember 2020 alle geimpft worden, im September gab es Booster-Termine. Bei den Mitarbeitern seien in einer Einrichtung alle geimpft, insgesamt liege die Quote bei mehr als 90 Prozent. Wehner hofft, auch den Rest noch bis zur Einführung der Impfpflicht überzeugen zu können. Schließlich seien die Erfahrungen gut: Selbst Senioren mit Vorerkrankungen und Beatmungspatienten hätten die Impfungen gut vertragen. Seine Mitarbeiter würden nach der Impfung einige Tage frei gestellt, damit der Körper auch Zeit für die Impfreaktion habe.

"Unser Pandemieteam versucht, das Virus so lange wie möglich aus den Einrichtungen raus zu halten", sagt Wehner. In einem Fall sei das aber nicht gelungen: Nach einer schweren OP sei ein Bewohner nachweislich infiziert aus dem Krankenhaus zurück gekommen. Wehner beteiligte sich an der Pflege mit anderen geimpften Mitarbeitern. Dabei wurde auch der Titer-Wert einbezogen. Wehners Erfahrung: Bisher habe sich niemand mit einem Wert von mehr als 1700 BAU (Binding Antibody Units) pro Milliliter im Blut angesteckt. "Man kann das Virus auch in der Einrichtung eingrenzen", ist Wehner froh. Und: "Die Bestimmung der Antikörper ist aus meiner Sicht ein wichtiges Hilfsmittel."

Seinen Antikörper-Titer hat auch Horst Geier aus Fuchsstadt bestimmen lassen. Zwischen 25 und 35 Euro koste ein Test, bei dem Pensionär wurde ein Teil der Kosten übernommen. Das Ergebnis war ernüchternd: "Nach zwei Astra-Zeneca-Impfungen hatte ich gerade einmal einen Wert von 12,9, also keinen Impfschutz", berichtet der 62-Jährige. Mittlerweile habe er zusätzlich zwei Biontech-Impfungen bekommen. "Bei der ersten war ich etwas müde, hatte sonst aber keine großen Nebenwirkungen", berichtet Geier. Sobald es einen auf Omikron angepassten Impfstoff gebe, wolle er sich auch noch die fünfte Impfung holen, kündigt er an. "Aus meiner Sicht hat die Stiko zu langsam reagiert", würde sich Horst Geier noch frühere Empfehlungen wünschen. Andere Länder wie Israel seien da viel weiter. Trotzdem fühle er sich im deutschen Gesundheitswesen bestens aufgehoben.

Bei seinem Vater Fritz Geier (85) sei im vergangenen Jahr eine Knie-Operation um rund zehn Wochen verschoben worden. Das habe "zehn Wochen länger Schmerzen und vor allem Einschränkung der Beweglichkeit" bedeutet. Unter anderem habe sein Vater keine langen Spaziergänge mehr machen können, um sein Immunsystem zu stärken. Umso mehr ist Horst Geier froh, dass auch sein Vater mittlerweile geboostert ist und keine Nebenwirkungen hatte, obwohl sein Vater - wie auch Horst Geier selbst - Diabetiker sei.

Auch bei Beate Schilling aus Hammelburg wurde im vergangenen Jahr eine Operation mehrfach verschoben: Einmal einen Tag vor der OP, beim zweiten Versuch war sie sogar bereits im Krankenhaus. Zum Glück sei es bei ihr "nur" um eine Spinalkanal-Verengung in der Wirbelsäule gegangen. Das habe zwar große Schmerzen mit sich gebracht und sie konnte nur liegen, aber: "Ich war zwar völlig verzweifelt wegen der Schmerzen, aber es war wenigstens keine lebensbedrohliche OP."

Für die Altenheim-Seelsorgerin war es selbstverständlich, sich impfen zu lassen. Bei der zweiten Impfung habe sie einen Tag Schüttelfrost und Fieber gehabt, die anderen beiden habe sie gar nicht gemerkt. Für die Arbeit werde sie jeden Tag getestet, wobei die Maßnahmen in jedem Seniorenheim unterschiedlich gehandhabt würden. Auch nachdem sie endlich operiert wurde, habe sie sich gewundert, dass im Krankenhaus niemand Mundschutz getragen habe, und eine Toilette für mehrere Zimmer genutzt wurden. Aus Beate Schillings Sicht gibt es nur einen Weg aus der Pandemie: "Wir brauchen die Impfpflicht."

Impfdurchbruch im Oktober

Einen Impfdurchbruch erlebte Krisztina Schießer (57) aus Sulzthal. Die ehemalige Pharmareferentin sei zunächst sehr skeptisch gewesen: Aus ihrem früheren Beruf wisse sie, dass die Entwicklung und Zulassung von Medikamenten bis zu zehn Jahren dauern können. Zudem beschäftige sie sich seit vielen Jahren mit alternativen Heilmethoden. "Wer heilt, hat Recht", lautet die Devise der 57-Jährigen. Allerdings müsse man auch die Grenzen alternativer Methoden anerkennen: "Bei einem Knochenbruch hilft keine Homöopathie", fasst sie ihre Einstellung zusammen. Schließlich habe sie sich überzeugen lassen, dass die Impfstoffe auf Grund der guten Vorbereitungen und des internationalen wissenschaftlichen Austausches sicher sind. Sie ließ sich im Mai und Juni impfen, auch wegen des Jobs im Einzelhandel und der Betreuung einer syrischen Familie.

Ende Oktober machte sie dann Urlaub in den Alpen. Nach der Rückkehr sei sie am ersten Arbeitstag abends "richtig ausgeknockt" gewesen. Am Dienstag schleppte sie sich erneut zur Arbeit, ging aber nachmittags zum Arzt. Das positive Ergebnis des PCR-Tests kam jedoch erst am Samstag. Bis dahin habe sie mit ihrem Mann in einem Zimmer geschlafen und der Sohn lebt auch mit im Haus: Im Gegensatz zu ihr hatten die Männer aber offenbar ausreichend Impfschutz, beide infizierten sich nicht.

Krisztina Schießer dagegen erwischte es voll: "Eine Woche war es wie eine verschärfte Grippe mit allem drum und dran, danach ging es langsam besser." Dreieinhalb Wochen dauerte die offizielle Quarantäne, danach sollte sie sich noch eine Woche isolieren. Erst nach viereinhalb Wochen wagte sie deshalb den ersten Spaziergang. Auch Geschmachs- und Geruchssinn seien weg gewesen. "Ich bin noch nicht bei hundert Prozent", beschreibt die 57-Jährige ihren aktuellen Gesundheitszustand. Trotz des Impfdurchbruchs ist sie froh, dass sie geimpft war: Als Asthmatikerin hätte Corona ansonsten für sie auch auf der Intensivstation enden können. "Ich kann nur jedem zur Impfung raten", sagt Schießer.

Impfung und Abhärtung

"Meinen Rhythmus lasse ich mir nicht mehr nehmen", sagt der 87-jährige Kurt Ottilie aus Bad Kissingen und lacht. Er habe seine drei Impfungen gut vertragen, nach der dritten habe lediglich die Schulter einige Tage geschmerzt. Trotz der Impfungen schwört er auf Abhärtung und seine Moorbäder. "Ich gehe immer barfuß durch den Schnee, früher habe ich mich sogar mit Badehose reingelegt", erzählt er. Und: Heute nehme er sein 1025. Moorbad. Wenn es die Haushaltskasse zulasse, gehe er fast jeden Freitag zum Moorbad, danach gebe es immer ein Weizenbier. Wegen Silvester muss er die Anwendung heute um einen Tag vorverlegen. "Ich fühle mich nicht eingeschränkt", sagt der 87-Jährige und macht das Beste aus der Pandemie.