Bombastische Klänge aus Frankreich

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Der Eichstätter Domorganist Martin Bernreuther ist ein Virtuose auf der Königin der Instrumente. Foto: Peter Klopf
Der Eichstätter Domorganist Martin Bernreuther ist ein Virtuose auf der Königin der Instrumente. Foto: Peter Klopf

Der Eichstätter Domorganist Martin Bernreuther konzentrierte sich bei seinem Konzert in der Herz-Jesu-Kirche auf die französische Orgelschule des 19. Jahrhunderts und ihre bedeutendsten Vertreter.

Französische Orgelmusik kann faszinieren. Die Meisterwerke eines Franck, Widor, Vierne, Tournemire, Duruflé und anderen sind von den Konzertprogrammen nicht mehr wegzudenken. Grund genug für den Eichstätter Domorganisten Martin Bernreuther,bei seinem Konzert im Rahmen des Bad Kissinger Orgelzyklus sich der französischen Orgelschule zu widmen.
Mit überraschender Leichtigkeit und dennoch kraftvollem Spiel setzte er in der Herz-Jesu-Kirche mit einzigartigen Interpretationen einen Glanzpunkt nach dem anderen.

Registrieren auf der Orgel ist immer eine Gratwanderung zwischen dem Versuch, das Instrument bestmöglich zum Klingen zu bringen, und dem Bestreben, einen bestimmten Klang zu imitieren oder in die Sprache der eigenen Orgel zu übersetzen. Je nachdem, wie stark die Eigenpersönlichkeit eines Instrumentes ausgeprägt ist, wird das Eine oder das Andere im Vordergrund stehen. Auch hier bewies Martin Bernreuther ein ausgezeichnetes Händchen und stellte die Schuke-Orgel mit allen Schattierungen ihrer Register vor.

Schon mit dem Konzerteinstieg mit Théodore Dubois' (1837 -1924) eindrucksvollem bombastischem "Grand Choeur" und dem zarten, romantischen "Offertoire" aus "Douze pièces pour orgue" schuf er beeindruckende Klangwelten und einen souveränen Einstieg in die französische Orgelmusik.

Vollsinfonische Wucht

Beeindruckend auch das Allegro appassionato und das Adagio aus der 5. Sonate c-moll op. 80 von Alexandre Guilmant (1837 - 1911). Form und Tonsprache sind bei Guilmant in auffälliger Weise der deutschen Klassik und Romantik verpflichtet. Bei aller ihm eigenen überschaubaren, immer orgelgerechten, im technischen Schwierigkeitsgrad jedoch zum Teil erheblich gesteigerten Satztechnik dominiert hier der sinfonische Charakter innerhalb der zyklischen Sonatensatzform. Diese entwickelt sich hier aber zu einer mehr suitenartigen Satzfolge bei gleichzeitiger Ausdehnung der Sätze - Merkmale, die zeittypisch auch bei Bruckner und Mahler auftreten. Dabei werden die von Guilmant bevorzugten Formtypen - Sonatenhauptsatz, romantisches Charakterstück, Scherzo und Fuge - beibehalten und beispielhaft überhöht.

Eindrucksvoll auch die Pastorale aus der Symphonie d-moll op.13/2 und der "Marche pontificale" aus der Symphonie c-moll op. 13/1 von Charles-Marie Widor (1844 - 1937) als Abschluss des Orgelabends. Widors zehn Orgelsinfonien, komponiert im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts, übertragen die Form und die Klanglichkeit der Orchestersinfonie auf die Orgel. Dabei geht es Widor mit dieser Benennung nicht in erster Linie um eine Imitation des romantischen Orchesters, sondern um die Etablierung der Orgel als eines ebenbürtigen Klangkörpers.

Mit riesigem Applaus bedankte sich das Publikum beim Virtuosen Martin Bernreuther, der mit Johann Sebastian Bachs Choral "Jesus bleibet meine Freude" in der Transkription von Maurice Duruflé als Zugabe antwortete. Diese beschwingte Melodie, die er zu der freudigen Choralmelodie im Dreiertakt erfand, drückt vollendet den festlichen Überschwang barocker Religiosität aus. Allenfalls die "Air" von Johann Sebastian Bach kann es an Popularität mit seinem Satz "Jesus bleibet meine Freude" aufnehmen: Der Schlusschor aus der Kantate BWV 147 "Herz und Mund und Tat und Leben" ist in seiner Schlichtheit und Vollkommenheit zugleich zu einem wahren "Ohrwurm" geworden.

Steile Karriere

Martin Bernreuther studierte Kirchenmusik und Konzertfach Orgel an der Hochschule für Musik in München. Im Anschluss daran ermöglichte ihm der Deutsche Akademische Austauschdienst durch eine Wettbewerbsentscheidung ein Aufbaustudium in Paris. Danach wurde Bernreuther zum Professor für Orgel, Improvisation und Cembalo an die Hochschule der Künste der Katholischen Universität von Porto berufen. November 2002 wurde er zum Domorganisten am Eichstätter Dom und amtlichen Orgelsachverständigen der Diözese Eichstätt ernannt.