Die Blechbläservereinigung Blechschaden und ihr Gründer Bob Ross sorgten mit ihrer Performance für gute Laune beim Publikum. Für manch einen Musiker war es coronabedingt ihr erster und letzter Auftritt in diesem Jahr.
Das war ein Konzert, das genau zur rechten Zeit kam. Und man hatte das Gefühl, dass der Max-Littmann-Saal restlos ausverkauft war, auch wenn drei Viertel der Plätze leer waren. Aber mehr ist in Zeiten von Corona halt nicht erlaubt. Denn wer gekommen war, wollte nicht nur eineinhalb Stunden Musik hören, sondern auch Corona vergessen. Und beides gelang ausgezeichnet.
Garant für den Erfolg ist ein Phänomen, das Autofahrer fürchten, wenn nicht die Versicherung einspringt, das aber ansonsten für gute Laune sorgt: "Blechschaden". Das ist eine Blechbläservereinigung (inklusive Schlagzeug), die der Schotte Bob Ross, bis vor kurzem Hornist bei den Münchner Philharmonikern, mit elf Kollegen aus dem Orchester vor 36 Jahren gegründet hat. Sie alle vereinte der Wille, abseits der täglichen Orchesterroutine Musik nach Lust und Laune zu machen, Spontanes und vor allem viel Humor zuzulassen.
Da war und ist Bob Ross genau der Richtige, der weiß, dass es da nicht nur auf eine perfekte Musik ankommt, sondern auch auf eine ansteckende Performance. Seine Methoden haben sich in den letzten 36 Jahren nicht wirklich abgenutzt. Man rechnet mit seinen Pointen und lacht trotzdem darüber. Ständig ist er in Bewegung, springt mitunter wie ein hyperaktives Kind zwischen seinen Musikern hin und her wie eine Antwort Schottlands auf den Pumuckl ("Ich bin nicht klein, sondern konzentriert").
Ganz unschottisch unsparsam ist Bob Ross mit Anekdoten (wahr und erfunden) und Witzen. Nur einer sei zitiert: "Was ist der Unterschied zwischen einer schottischen Hochzeit und einer schottischen Beerdigung?" (Um es spannend zu machen, finden Sie die Antwort am Ende des Textes.) Aber natürlich waren die Plaudereinlagen die Phasen, in denen die Bläser durchatmen konnten - zumal es keine Pause gab.
Das geplante Chaos ist bei ihm zu einer Art Markenzeichen geworden, wenn man nur an die Vorstellung seiner Musiker denkt. Dass zwei seiner Trompeter Bernhard Peschel und Florian Klinger heißen, bekommt man ja noch "ordnungsgemäß" mit. Aber im weiteren Verlauf wird's unübersichtlich: Ricardo sitzt hinter der Tuba - er hat sich gerade von der Tubakulose erholt. Christian mit seiner Trompete kommt aus Dresden, aber eigentlich aus Nordtirol, der Bruno vermutlich auch, Herbert ist Kitzbüheler, und Michi, der Schlagzeuger, lebt in Ingolstadt, Quirin spielt die Bassposaune. Irgendwann gibt man es auf, was den Respekt nicht mindert.
Wobei man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass Bob Ross die Namen selbst nicht alle so genau weiß. Was freilich kein Wunder ist, denn in solchen "Nebenbei-Ensembles" mit ihrem enormen Termindruck wird viel mit Einspringern gearbeitet - vor allem in Corona-Zeiten - und das auch extrem kurzfristig. Wen Bob Ross am Morgen vor einem Konzert auch immer anruft, der sagt nicht nein, sondern macht sich sofort auf die Socken. Denn die Verlockung, bei "Blechschaden" auch mal zum eigenen Vergnügen zu spielen, ist enorm groß. Und das Modell funktioniert ja auch, denn zu hören war das Einspringen so gut wie nie.
Auch für die Musiker war das Konzert im Regentenbau spürbar ein ganz besonderes: Es war coronabedingt ihr erster und letzter Auftritt in diesem Jahr. Entsprechend engagiert und auch ein bisschen euphorisch wurde musiziert. Schon die wuchtigen, schneidenden Akkorde zur Eröffnung setzten ein Signal: die Eröffnung aus Richard Strauss" "Also sprach Zarathustra". Was darauf folgte, war eine wirklich bunte und originelle Mischung aus Klassik, Jazz und Weihnachtsliedern.