Geratherm Respiratory stellt medizinische Geräte zur Lungendiagnostik her. Diese sind in der Corona-Krise weniger gefragt. Das könnte sich bei der Behandlung von Spätfolgen ändern.
Die Produktion läuft weiter; trotz Corona-Krise, trotz Umzugschaos und obwohl das neue Firmengebäude von außen noch mehr einer Baustelle gleicht. "Es trifft uns gerade alles sehr geballt", sagt Kunibert Schäfer, Geschäftsführer bei Geratherm Respiratory. Das Bad Kissinger Unternehmen entwickelt medizinische Geräte, mit denen Ärzte weltweit Funktionen der Lunge aber auch des Herzens diagnostizieren. Das können Großgeräte für pneumologische Fachkliniken sein, aber auch kleine Handspirometer, mit der ein Hausarzt das Atemvolumen der Lunge misst.
Ob sich die Corona-Krise positiv auf ein Technikunternehmen auswirkt, das sich auf Lungendiagnostik spezialisiert hat, sei noch nicht abzusehen. "Für uns ist die Lage sehr ambivalent. Wir können es für uns noch nicht richtig einschätzen", sagt Schäfer. Da sind allgemeine Ungewissheiten, mit denen viele Unternehmen in diesen Tagen leben müssen: Was ist zum Beispiel, wenn Mitarbeiter positiv auf das Corona-Virus getestet würden und in Quarantäne müssten. Gelingt es dann noch, den Betrieb aufrecht zu halten?
Corona bremst Nachfrage
Größer sind die Sorgen aber in Bezug auf die Lieferketten. Geratherm legt den Schwerpunkt auf die Entwicklung von Geräten und Software sowie auf den weltweiten Vertrieb über ein Händlernetz. Die meisten Einzelkomponenten für die Geräte werden von Zulieferern produziert. In Bad Kissingen geschieht dann die Endfertigung, das Aufspielen der Software und die Endkontrolle. "Wir hoffen, dass es keine Brüche in der Lieferkette gibt", sagt Schäfer. Geratherm sei besonders bei elektronischen und sensorischen Bauteilen auf Produzenten in Asien angewiesen.
Auch wirtschaftlich bremst die Corona-Krise die Firma zunächst einmal etwas aus. Bei den Krankenhäusern hat die Intensivplatzbeschaffung aktuell oberste Priorität. Da bleibt in den Klinikbudgets kein Geld mehr für die pneumologischen Großgeräte aus Bad Kissingen übrig. Es sei allerdings aktuell nicht vorgesehen, die Produktion zurückzufahren. Schäfer: "Wir werden durchproduzieren, um für die Zeit danach gerüstet zu sein." Er erwartet, dass sich der Verkauf wieder normalisiert.
Nachfrage in Asien steigt
Entwicklungsleiter Manuel Heinz geht davon aus, dass die lungendiagnostischen Geräte bei der Nachversorgung von Corona-Patienten zum Einsatz kommen können. "In Asien, insbesondere in China, ist der Absatz zuletzt wieder gestiegen", berichtet er. China ist im Gegensatz zu Europa bei der Bewältigung der Corona-Pandemie bereits einige Wochen weiter. Bei Geratherm vermuten die Fachleute, dass sich die Kliniken in China bereits auf die Corona-Nachbetreuung vorbereiten. Nach derzeitigem Wissensstand können sich bei Corona-Patienten mit schwererem Krankheitsverlauf Lungenfibrosen bilden. "Lungenfibrosen können auch bei klassischen Lungenentzündungen entstehen", erklärt Heinz. Das heißt, Lungengewebe vernarbt und verhärtet sich, das Lungenvolumen schrumpft.
Solche Patienten benötigen eine Nachbehandlung. Die Betroffenen müssen allerdings erst aus der Masse an Infizierten herausgefiltert werden. "Für so ein Screening bieten sich unsere Spirometriegeräte an", erklärt Heinz. Geratherm hat also allen Grund, zuversichtlich zu sein.
Grundsätzlich hat sich das Geschäft bei Geratherm seit der Gründung 2007 sehr gut entwickelt hat. Aus dem Ein-Mann-Betrieb ist inzwischen einer mit mehr als 20 Mitarbeitern geworden. Die Firma erwirtschaftet jährlich rund fünf Millionen Euro Umsatz, 80 Prozent davon im Ausland.