In Wildflecken ist der Wahlkampf fair und von sachlichen Argumenten bestimmt - auf den ersten Blick. Der zweite Blick zeigt allerdings, dass die Altlasten der Vergangenheit noch immer ihre Schatten werfen.
Der Markt Wildflecken hat viele Baustellen. Auf einer laufen Wolfgang Illek und Gerd Kleinhenz gerade herum. "Hier bin ich früher gelaufen. Zwölf Runden, ich habe es ge hasst." Wolfgang Illek (CSU) steht am ehemaligen Sportplatz der Rhönkaserne in Oberwildflecken, wo mittlerweile Solarmodule die Sonne einfangen. Neben ihm Gerd Kleinhenz (PWG), auch er war beim Militär, auch er kennt das Gelände, als es hier noch lebendig zuging. Heute kämpfen die beiden Ge meinderäte dafür, dass das Leben zurückkehrt.
"Wir wollen zu 90 Prozent dasselbe", sagt Kleinhenz, der ebenso wie Illek seit 18 Jahren das Geschick des Marktes im Gemeinderat mitbestimmt. Die Ansiedlung von Betrieben im Gewerbepark Kreuzberg. Eine neue Wasserversorgung für Oberwildflecken. Die Sanierung von Schule, Hallenbad und Bi bliothek. "Ich mache keinen Wahlkampf", sagt Illek.
Die Themen lägen auf dem Tisch, beide Kandidaten würden sich für die Gemeinde einsetzen, egal ob als Bürgermeisters oder als Ge meinderat.
Tatsächlich bescheinigen die Bürger den Kandidaten eine fai re Auseinandersetzung. Doch die Altlasten der Vergangenheit ho len die beiden ein. Mehr als drei Jahrzehnte lang prägten festgefahrene Grabenkämpfe zwischen SPD und CSU den Po litikstil in der Gemeinde. "Ich will dem parteipolitischen Machtkampf ein Ende setzen", verspricht Kleinhenz in seiner Werbebroschüre. "Was für Grabenkämpfe?", fragt Illek. Der Konflikt sei mit der Wahlniederlage von Walter Gutmann (CSU) gegen Alfred Schrenk (SPD) im Jahr 2002 längst Geschichte.
Werte, die zählen Eine Geschichte, die beiden nachhängt. Zum zweiten Mal tritt Wolfgang Illek als Kandidat für das Bürgermeisteramt an.
Die CSU - und nur die CSU - nominierte den 53-jährigen Physiotherapeuten, der von 2005 bis 2008 schon mal zweiter Bürgermeister war. "Ich bin sechs Jahre reifer, sechs Jah re er fahrener", sagt Illek. "Jetzt ist meine Zeit gekommen!"
"Ich hatte nie ein Parteibuch. Für mich hat Parteipolitik auf Gemeindeebene keine Bedeutung", trumpft Kleinhenz auf, ebenfalls 53 Jahre alt und Bankkaufmann bei der VR-Bank Bad Kissingen-Bad Brückenau. Seit 2008 sammelt er als zweiter Bür germeister Erfahrungen. Böse Zungen behaupten, der amtierende Bürgermeister habe Kleinhenz bewusst zu seinem Nachfolger aufgebaut. Wie also will sich Schrenks "Zögling" freischwimmen?
"Ich heiße nicht Schrenk, ich heiße nicht Gutmann. Ich heiße Kleinhenz und werde meinen Stil leben!" Als Vorsitzender des Vereinsrings Oberbach habe er schon so manches Großprojekt gestemmt, ein offener Umgang mit den Bürgern sei ihm wichtig.
"Nur wer ja sagt zur Bereitschaft, über alles zu reden [...] wird die Zukunft gewinnen", zi tiert Kleinhenz Paulus auf einem Flyer vom Dezember. "Ich bin kein regelmäßiger Kirchgänger, aber ich bin gläubiger Christ", nennt der Oberbacher Werte, die ihm wichtig sind. Glaube.
Heimat. Wolfgang Illek ist mit sieben Geschwistern in einer Großfamilie aufgewachsen. "Ich hatte eine glückliche Kindheit", erinnert er sich der gebürtige Oberwildfleckener. Die Eltern kamen als Flüchtlinge, 1988 zog Illek nach Wildflecken. Die Region ist ihm Heimat geworden. Mehr als das. "Sich einbringen für diese Heimat, das ist das Mehr", sagt der zweite Vorstand des Sportvereins. Insbesondere im Bereich des Jugendsports setzt er sich für das Zusammenwachsen in der Großgemeinde ein.
Drei Ortsteile. Zwei Männer. Ein Stuhl. "Ich bin viel ruhiger als 2008", sagt Wolfgang Illek. Für Gerd Kleinhenz ist es eine Premiere. "Nervös bin ich nicht, aber gespannt."