Der Förderverein Hessisch-Bayerische Sinntal-Kreuzbergbahn hat die Strecke Jossa-Wildflecken seiner Aussage nach wohl gepachtet. Ob das allerdings heißt, dass bald ein Zug durchs Sinntal rollt, erscheint fraglich.
Sie haben ernst ge macht. Laut einer Mitteilung des Fördervereins Hessisch-Bayerische Sinntal-Kreuzbergbahn unterzeichnete der Verein Ende April den Pachtvertrag für die Bahnstrecke von Jossa nach Wildflecken. Die Bahn AG be schreibt den Stand der Pachtverhandlungen für die Trasse zurückhaltend. "Da müssen wir die Euphorie der Initiative ein bisschen bremsen", heißt es bei der Pressestelle in München. Es liege ein Vertragsentwurf vor. Der sei von der DB Netz aber nicht abschließend geprüft und gegengezeichnet.
"Wieder eine ganz große Hürde genommen", freut sich Vorsitzender Hermann Bul heller. Doch was wollen die Bahnfreunde ei gentlich genau? Sie wollen, das wieder ein Zug durchs Sinntal rollt - und zwar aus drei Gründen: Zum einen wollen sie die An bindung ans Schienennetz er halten.
"Eine Zerstörung der Bahnstrecke wä re viel zu kurz gedacht und brächte unserem Sinntal langfristig großen Schäden", sagt Benjamin Wildenauer, der sich im Vorstand des Fördervereins engagiert und seit Anfang Mai für die SPD im Stadtrat Bad Brückenau sitzt. Zum zweiten möchte der Verein das Alleinstellungsmerkmal einer Bahnstrecke durchs Sinntal nutzen, um - drittens - neue Gäste für die Region zu gewinnen. Dabei spricht sich der Ver ein bewusst für ein Nebeneinander von Rad und Bahn aus.
Skepsis der Kommunen Bei den meisten der betroffenen Bürgermeister stoßen die Pläne nicht auf Begeisterung. Einzig Wildfleckens Oberhaupt Gerd Kleinhenz (PWW) steht der Reaktivierung "neutral" gegenüber.
Eine Gemeinde weiter, in Riedenberg, spricht sich Bür germeister Roland Römmelt (CSU) klar für einen Radweg auf der Trasse und gegen die Bahn aus: "Grundsätzlich wäre ich ein begeisterter Bahnfreund, wenn ich eine Zukunft für die Sinntalbahn sehen würde. Allein mir fehlt der Glaube, dass das irgendjemand finanzieren soll." Auch der Stadtrat Bad Brückenau steht der Reaktivierung kritisch gegenüber. In der nächsten Sitzung am Dienstag, 20. Mai, wird über den Freistellungsantrag an das Eisenbahnbundesamt für den Streckenabschnitt im Stadtgebiet entschieden.
Den hat der Markt Zeitlofs bereits auf den Weg gebracht. "Wir haben schon eine Antwort vom Eisenbahnbundesamt erhalten", berichtet Bürgermeister Wilhelm Friedrich (CSU). Die Behörde wolle weitere Infos haben, was mit etwas bürokratischem Aufwand verbunden sei.
Das ist es Friedrich allerdings wert, schließlich blockierten die Reaktivierungspläne den dringenden Ausbau der Straße zwischen Rupboden und Eckarts.
Freistellung beantragt Ein Blick über die hessische Grenze zeigt: Auch hier formiert sich Widerstand. "Wir glauben nicht daran, dass das Konzept der Sinntalbahn greift", plädiert Carsten Ullrich (SPD), Bürgermeister der Gemeinde Sinntal für einen Rückbau der Schienen. Deshalb hat die Kommune ebenfalls einen Freistellungsantrag an das Eisenbahnbundesamt auf den Weg gebracht. Auch Günter Walther, Ortsvorsteher von Jossa, ist skeptisch: "Ich bin nicht strikt gegen die Reaktivierung der Bahnlinie.
Aber ich glaube nicht daran, dass sich die se wirklich wirtschaftlich betreiben lässt und dass die Finanzierung so sicher ist, wie das die IG behauptet". In der Tat scheint die Finanzierung der Sinntalbahn auf wackligen Füßen zu stehen. "Der Förderverein braucht weitere Akteure und Geld", heißt es in der Pressemitteilung. Danach rechne der Verein mit etwa einer halben Million Euro, um die Strecke auf Vordermann bringen zu können. "Wenn je der Einwohner im Sinntal 50 oder 100 Euro und mancher etwas mehr spenden würde, wäre das Projekt leicht finanzierbar", schlägt Wagenländer vor. Ob dies ein realistischer Finanzierungsweg ist, erscheint mehr als fraglich.
Nicht zu fassen, mit welchem Phlegma die Kurstadt ihr Potenzial nicht erkennen will. Andernorts werden auch Bahnstrecken zuerst modernisiert, mit neuen Gleisen und Bahnsteigen ausgestattet und dann in den stündlichen Bayerntakt aufgenommen. Finanziert wird das über die Bayerische Eisenbahngesellschaft durch den Freistaat Bayern. Dass ein Förderverein die Bahnstrecke nicht alleine betreiben kann, ist doch wohl klar. Im besten Fall kann er ein paar Mal im Jahr einen Ausflugsverkehr bewerkstelligen. Aber das Hauptanliegen besteht darin, der politischen Kurzsichtigkeit zu begegnen, damit keine endgültigen Fakten geschaffen werden können. Vielleicht sollten sich die Lokalpolitiker mal aufraffen und sich mit den Streckenreaktivierungen nach Dinkelsbühl und Herzogenaurach befassen. Am besten, sie fahren mal mit dem Fahrrad hin.