Aus einer zarten Pflanze hat sich ein starker Stamm entwickelt. Innerhalb nur weniger Jahre ist die Galerie Form+Farbe zur festen Größe im Bad Brückenauer Kulturleben geworden.
Viele Menschen haben für den Ruhestand hochtrabende Wünsche. Hans Dietrich Unger hat seine Pläne ohne Wenn und Aber umgesetzt. Der ehemalige Schulleiter des Münnerstädter Gymnasiums kann sich noch gut an die Reaktionen von Freunden und Bekannten erinnern, als er seinerzeit über seine Träume philosophierte. "Bestenfalls erntete ich ein Lächeln", so Unger.
Nicht zuletzt dank seiner Kommunikationsfähigkeit fand Unger, der sich nach dem Berufsleben zwischenzeitlich intensiv der Holzbildhauerei gewidmet hatte, bald einige engagierte Mitstreiter für sein Galerie-Projekt. Hauseigentümer Andreas Hohmann stellte die Räumlichkeiten der ehemaligen Schreinerei Krug in der Bahnhofstraße kostenfrei zur Verfügung. Mitte 2014 fand eine erste Ausstellung statt. Bereits rund ein halbes Jahr später gründete sich der Verein Kunsthaus Bad Brückenau, der aktuell fast hundert Mitglieder zählt.
Verzicht auf Pomp und Schickimicki
In der Galerie Form+Farbe verzichtet man ganz bewusst auf Pomp und Schickimicki. Vernissagen sind eher lockere Zusammenkünfte in legerer Kleidung als hochtrabende Dampfplaudereien mit dem obligatorischen Glas Prosecco in der Hand. "Die Werkstattatmosphäre steht im Vordergrund. Nach wie vor leben wir häufig von der Improvisation", sagt Unger mit Blick auf die Einrichtung, die aus unterschiedlichen Quellen kostengünstig zusammengetragen wurde. Vieles haben beteiligte Künstler ganz einfach selbst gezimmert. Und obwohl bei den Ausstellungen und einer Vielzahl anderer Veranstaltungen eine durchweg familiäre Stimmung herrscht, sei gerade bei den Einheimischen noch immer eine gewisse Schwellenangst festzustellen. "Leider völlig unbegründet", wie Unger betont.
Die Galerie in der Bad Brückenauer Bahnhofstraße ist mittlerweile weit mehr als eine reine Projektionsfläche der Bildenden Kunst. So gehören Lesungen und Vorträge, Musik, Theater, Kabarett sowie die Fotografie zu den Eckpfeilern des interessanten und abwechslungsreichen Jahresprogramms. Selbst der Puppenspieler mit seinem Figurentheater für Erwachsene findet hier ein ideales Podium.
Bekannte Gäste
"In der Anfangszeit mussten wir natürlich noch nach Künstlern, Schriftstellern und Musikanten suchen, die sich bei uns präsentieren wollten", erinnert sich Unger. Inzwischen habe sich dieser Trend völlig umgekehrt. "Wir können gar nicht mehr alle Interessenten, die in irgendeiner Form auftreten wollen, berücksichtigen. Da kommen wir um die eine oder andere Absage leider nicht herum", schildert der agile Senior.
Und wie schafft man es, so bekannte Personen wie beispielsweise den Alpenkrimi-Bestsellerautor Jörg Maurer oder den Erfinder der Schoppenfetzer-Reihe Günter Huth nach Bad Brückenau zu holen? "Ich spreche die interessanten Leute einfach auf anderen Veranstaltungen persönlich an oder nehme per Telefon und E-Mail Kontakt auf", beschreibt Unger seine Vorgehensweise.
Vier bunte Quadrate
Eingeprägt in der Öffentlichkeit hat sich inzwischen nicht nur die Vielzahl für Bad Brückenau recht neuer Veranstaltungsformen, sondern auch der Außenauftritt der Galerie Form+Farbe. Dabei fallen besonders die vier bunten Quadrate ins Auge, wobei Blau für Kunst, Gelb für Musik, Grün für Texte und Lila für Bühne stehen. Diese Farbsymbolik ist laut Unger ganz spontan gewählt, "denn nicht alles muss einen tieferen Sinn haben".