Vier Kitas im Landkreis bleiben bis heute geschlossen. Die Erzieherinnen kämpfen dafür, dass ihr Beruf grundsätzlich aufgewertet wird. In der nächsten Woche drohen weitere Streiks.
Die Türen zum städtischen Kindergarten Regenbogenland in Bad Brückenau blieben gestern geschlossen. Statt den Kindern lärmten die Erzieherinnen, draußen auf der Straße mit Trillerpfeifen. Sie demonstrierten für bessere Arbeitsbedingungen. "Der Beruf muss aufgewertet werden", sagt Leiterin Alexandra Wirth. Der Dokumentationsaufwand in Kindergärten habe stark zugenommen, die Anforderungen an den Beruf ebenso. Gleichzeitig sei der Personalschlüssel zu niedrig, es würden mehr Erzieher für die anfallende Arbeit gebraucht. "Wir kommen oft an unsere Grenzen", klagt Wirth. Sie wirbt um Verständnis: "Wir gehen nicht nur für uns auf die Straße, sondern letztlich auch für die Eltern und die Kinder."
Die Gewerkschaft Verdi hatte zu dem Streik aufgerufen. Bayernweit haben gestern Beschäftigte kommunaler Kitas für die nächsten 14 Tage die Arbeit niedergelegt.
Im Landkreis ist vorerst die Region um Bad Brückenau betroffen: Drei von vier städtischen Kindergärten (Regenbogenland, Wernarz und Römershag), sind gestern und heute geschlossen. 175 Kinder müssen in der Zeit anderweitig untergebracht werden. Der Kindergarten Oberbach schließt sich heute an.
"Der Streik richtet sich nicht gegen die Eltern, auch wenn sie jetzt betroffen sind", betont Sinan Öztürk, Bezirksgeschäftsführer von Verdi-Schweinfurt. Die Eltern hätten zum Streikauftakt in Bad Brückenau aber mit viel Verständnis reagiert.
Fünf Verhandlungsrunden mit der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA) sind bislang gescheitert. Verdi fordert eine grundsätzliche Aufwertung der Sozial- und Erziehungsberufe. Deren Tätigkeiten sollen höher eingruppiert werden. Dadurch sind laut Öztürk bis zu zehn Prozent mehr Gehalt möglich.
Mehr Hilfe von Bund und Ländern Die Erzieherinnen erhalten Rückendeckung aus der Lokalpolitik. "Ich habe vollstes Verständnis für die Situation der Erzieherinnen und Erzieher", sagt der zuständige Referent im Stadtrat Florian Wildenauer (SPD). Er ist der Ansicht, dass Bund und Freistaat in der Pflicht stehen, beispielsweise im Hinblick auf den Personalschlüssel und die Personalkosten. "Die Kindergartengesetzgebung sollte man hinterfragen", sagt er.
Streikpause für Mittwoch Ähnlich sieht es Bürgermeisterin Brigitte Meyerdierks (CSU). Sie kündigte an, sich für die Forderungen der Erzieherinnen bei den kommunalen Arbeitgeberverbänden einzusetzen.
Sie fordert zudem mehr Hilfe von Bund und Ländern und verweist auf 1,2 Millionen Euro Personalkosten sowie ein Defizit von 500 000 Euro, die jährlich im Kindergartenbereich anfallen.
Für den Rest der Woche sind im Landkreis keine neuen Streiks angekündigt. Laut Öztürk werden Streiks weiterhin rechtzeitig bekannt gegeben, damit sich die betroffenen Eltern einstellen können. In den nächsten Tagen wird das weitere Vorgehen abgestimmt. Unter anderem will Verdi versuchen, weitere Kitas für die Streiks zu gewinnen. Landkreisweit gibt es 15 Einrichtungen, die in Frage kommen. Einige stehen den Streiks positiv gegenüberstehen. "Wir haben bisher nichts geplant", sagt beispielsweise Renate Kröckel, Leiterin des Hauses für Kinder in Euerdorf.
Wenn der Arbeitskampf jedoch länger daure, könne sie sich vorstellen, die Kollegen zu unterstützen.
Drei von vier städtischen Kindergärten streiken. Das heißt, dass die Eltern von 175 Kindern gezwungen sind, sich für zwei Streiktage um eine alternative Betreuung zu kümmern. Gerade für Ehepaare mit zwei berufstätigen Partnern und Alleinerziehende wird der Streik zum Problem. "Die eine oder andere Mama war auf dem Schlauch gestanden", sagt Alexandra Wirth, Leiterin der Kita Regenbogenland.
Die Stadt hatte schon vergangene Woche mitgeteilt, dass es ihr aus personellen Gründen nicht möglich war, eine Notgruppe anzubieten, in der Härtefälle betreut werden. Michael Worschech, im Rathaus zuständig für die Kindergärten, berichtet, dass es mehrere Beschwerden von Eltern gegeben hatte, die nicht wussten, wohin mit ihren Kindern.
Kindergartenleiterin Wirth bittet um Verständnis und betont, dass der Streik nötig sei. Den Erzieherinnen sei die Entscheidung nicht leicht gefallen. "Wir streiken nicht leichtfertig", versichert sie. Es gebe allerdings auch viel positive Resonanz von den Eltern.
Eltern kümmern sich gegenseitig Etwa von Alexandra Schlothauer und Elvira Knittel. "Wir stehen dahinter, es geht ja um unsere Kinder", sagt Schlothauer. Ihr Sohn Nick besucht das Regenbogenland, Tochter Lucy ist ab September für eine der Gruppen für unter-drei-Jährige angemeldet. Sie hofft, dass sich durch die Streiks die Bedingungen in den Kindergärten langfristig verbessern. Zwei Tage ohne Kindergarten hält Schlothauer für überbrückbar, etwa mit kurzfristigem Urlaub und freien Tagen.
Elvira Knittel sagt, dass einige Eltern auch untereinander dafür Sorge tragen, dass die Kinder während des Streiks untergebracht sind. "Wir halten zusammen", sagt sie. Die Eltern fürchten jedoch, dass der Arbeitskampf sich in die Länge zieht. Während zwei Tage noch auszugleichen sind, wird es über einen längeren Zeitraum immer schwieriger.
Kommunale Kitas im Landkreis Bad Kissingen Streik Von den aktuellen Streiks der Gewerkschaft Verdi sind ausschließlich kommunale Kindertagesstätten betroffen. Der Großteil der Kitas im Landkreis werden jedoch von freien Trägervereinen betrieben. Die meisten gehören wiederum der Caritas an. Heute wird neben den drei Einrichtungen in Bad Brückenau auch die Kita in Oberbach bestreikt. Für den Rest der Woche sind keine Streiks angekündigt.
Kommunal Landkreisweit werden 15 Einrichtungen von Städten und Gemeinden betrieben: Kindergarten Steinach, Bad Brückenau, Römershag, Volkers und Wernarz, Haus für Kinder Euerdorf, Kindergarten Fuchsstadt und Geroda, Gemeindekindergarten Poppenlauer, Kindergarten Sulzthal, Ramsthal, Oberbach, Zeitlofs, Weißenbach sowie der städtische Kinderhort im Hammelburger Stadtteil Diebach.