Seit 1771 steht der Gasthof "Zum Biber" im Herzen von Speicherz. Seine Tradition halten Gerd und Harald Ziegler seit acht Jahren gemeinsam in Ehren, passen sich aber auch in kleinen Schritten der Zeit an.
Da steckt viel Geschichte und Regionales drin. Sowohl in dem kleinen Verkaufsladen gleich rechts nach dem Eingang, als auch im Gasthof "Zum Biber" selbst. "Der Generationenwechsel ist sicher", bestätigt Gerd Ziegler, der den Gasthof 1978 von seinem Vater Rudolf übernommen hatte. Seit 2007 ist sein Sohn Harald nicht nur hinter der Theke zu finden, sondern Mitinhaber. Harald fühlt und liebt die Herausforderung, vielseitig sein zu müssen: "Es beschränkt sich nicht aufs Bier ausschenken", betont er. Hinter der Kulisse bzw. in den Kellern geht es erst richtig los.
Das Konzept der beiden Wirte heißt "Regionalität leben". So hat sich "der Biber" die höchste Auszeichnung der Dachmarke Rhön e.V., die drei Rhöndisteln, verdient. Mindestens 60 Prozent ihrer Ware beziehen die Zieglers aus der Rhöner Region. Sowohl Wild, als auch Hausgeschlachtetes landet beim Kellermeister.
Jeden Donnerstag werden die Tiere zerlegt, Wurst gekocht und geräuchert.
Von der Maische bis zum Etikett Im Herbst geht es an die Herstellung des über sämtliche innerdeutsche Grenzen hinweg bekannten Hagebuttenweins. Die Beeren bekommen die Wirte von Sammlern aus der Gegend. Vom Maischen übers Keltern und Lagern bis hin zur Abfüllung und Etikettierung geschieht alles im Hause Ziegler. Kräuter, Gemüse und Beeren kommen erntefrisch aus dem Garten von Gerds Frau Maria in die Küche.
Überhaupt wird "im Biber" nach wie vor "frisch und klassisch gekocht", und zwar durchgehend ab 11 Uhr. Jeden Tag gibt es Essen à la carte, auch für 100 Gäste gleichzeitig. "Das ist, was uns auszeichnet und abhebt." Die Zieglers versuchen, sich auf die Wünsche der Gäste einzustellen und einen hohen, aber dennoch persönlichen Standard zu präsentieren.
Der Gastronomiebereich hat 300 Plätze, im Hotelbereich gibt es 43 Zimmer mit insgesamt 79 Betten. 14 Vollzeitarbeitsplätze sind besetzt und bilden ein Team, auf das Gerd und Harald Ziegler schwören. Vom Ausschank über den Koch und die Verwaltung bis zu den Zimmermädchen haben die Zieglers "eine super Mannschaft" hinter sich: "Das hält das Ganze am Laufen."
Der Gast soll "Vertrautes wiederfinden", wünscht sich der 32-jährige Harald Ziegler. Immerhin hat der Biber schon Stammgäste in der dritten Generation. "Man darf nicht auf jedes neue Pferd hüpfen", sagt Gerd Ziegler, der seinem Sohn allerdings gerne die eine oder andere Neuerung überlässt. "Ohne Harald hätten wir heute noch kein Wlan in den Hotelzimmern." Diese sind aufgebaut und eingerahmt in historische Baumasse. Sowohl der Keller, als auch die Außenwände mit ihrem Fachwerk bis hoch zum Giebel stehen im Kern seit 1771 so da.
Bei so viel historischem Fundament kommt ein abrupter Wechsel für beide Wirte nicht in Frage. Harald Ziegler: "Ideen hat man immer." Doch lohnt es sich, auf Bewährtem aufzubauen. "Da muss man reinwachsen", ist sich der gelernte Koch und staatlich geprüfte Hotelwirt sicher.
Die Weinfässer kennt er schon aus seiner Kindheit, ebenso wie die Räucherkammer und die drei Reservierungsbücher, die noch manuell geführt werden. Wie der Wein gelingt, wann die Wurst lange genug geräuchert ist, wissen Gerd und Harald Ziegler aus Erfahrung und haben es auch im Gefühl.
"Man spürt doch, ob sich die Gäste wohl fühlen und wo was fehlt", sagt Gerd Ziegler, der seine Familie und das Team immer im Rücken hatte. Seit Jahren ist lediglich an Heiligabend geschlossen, an den restlichen 364 Tagen "sind wir immer da", so Harald Ziegler.
Seit 137 Jahren in Familienbesitz Dass in Speicherz überhaupt ein Gasthaus gebaut wurde, war der fuldischen Hofrätin Schaup zu verdanken. Jahrzehnte lang hatte die Stadt Brückenau den Bau eines weiteren Gasthauses verhindern können, da der Brückenauer Gasthof das Bannrecht hatte, das heißt ihm ein gewisses Einzugsgebiet zugesprochen worden war. Auf Grund des Einflusses der Hofrätin wurde in Speicherz das neue Gasthaus unter der Bauherrschaft von Brückenau errichtet.
Noch 1771 verlieh der damalige Fürstbischof von Bibra dem neuen Wirtshaus Namen und Wappen. Wie die städtischen Wirtshäuser wurde auch dieses zunächst verpachtet, seit 1841 ist es in Privatbesitz. 1878 kaufte der Urgroßvater von Gerd Ziegler, August Ziegler, das Gasthaus, seitdem ist es in Familienbesitz.
Unter Franz Ziegler, Gerd Zieglers Großvater, wurde der Biber vergrößert und 1927 ein neuer Saal angebaut. Auch die Einrichtung des kleinen Verkaufsladens ist Franz Ziegler zu verdanken. Rudolf Ziegler, Gerds Vater, kaufte ein Nachbargrundstück, um dort weitere Hotelzimmer zu errichten. Seit 1978 kümmert sich Gerd Ziegler um Wirtschaft und Hotel und hat selbst weiter angebaut.
Neue Wege ziehen Gäste an Die Zufriedenheit der Gäste bestätigt die Wirte in ihrer Arbeit. Viele kommen seit Jahren, immer mehr kommen wieder und empfehlen das Wirtshaus in Speicherz weiter. "Auch in der Rhön hat sich was getan", erklärt Harald Ziegler die stetig wachsende Zahl an Übernachtungen. Viele neue Wanderwege ziehen die Gäste in die Rhön. Aus einer Zwischenübernachtung wurde schon des Öfteren ein einwöchiger Urlaub in Speicherz.
"Wir haben die Zielgruppen nicht neu definiert, wir wollen nach wie vor alle ansprechen."
Regionalität pflegen Angesprochen werden die Gäste nun auch von der Kleinsten im Dreier-Bunde. Ein helles und freundliches "Hallo" erklingt in der Wirtsstube. Die knapp zweijährige Clara wächst auch schon in das Wirtshausleben hinein. Sie kann die hauseigene Leberwurst nur empfehlen. Auf Empfehlungen wollen sich ihr Vater und Großvater jedoch nicht verlassen. Sie pflegen weiterhin die Regionalität. Im Gasthof-Laden finden sich wie schon seit Langem Selbstgeräuchertes und Selbstgebranntes. Und Harald Ziegler arbeitet schon an der nächsten regionalen Spezialität: hausgeschleuderten Honig von Speicherzer Bienen.