Experte Reinhard Kühnl von den Stadtwerken Bad Brückenau: So viel teurer werden Gas und Strom 2023

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Reinhard Kühnl von den Bad Brückenauer Stadtwerken hat für unsere Redaktion ermittelt, was die ab Januar steigenden Preise bei Gas und Strom für die Kunden des Unternehmens bedeuten.
Reinhard Kühnl von den Bad Brückenauer Stadtwerken hat für unsere Redaktion ermittelt, was die ab Januar steigenden Preise bei Gas und Strom für die Kunden des Unternehmens bedeuten.
Steffen Standke

Wenig überraschend erhöhen auch die Bad Brückenauer Stadtwerke ihre Strom- und Gaspreise zum Jahreswechsel. Doch ganz so dick, wie viele fürchten, kommt es vielleicht doch nicht. Alles hängt an staatlichen Entlastungen.

Reinhard Kühnl und seine fünf Mitarbeiter der Vertragsabteilung der Stadtwerke haben viel zu tun. Mehr als sonst zum Jahresende. Bald stehen die Endabrechnungen für 2022 an. Darüber hinaus müssen sie Tausende Briefe an die Kunden erstellen und verschicken. Darin sind Infos zu den ab Januar steigenden Preisen (für Kunden im Strom-Grundversorgungstarif sind die Schreiben schon raus). Trotzdem hat Kühnl für diese Redaktion durchgerechnet, was die Steigerungen bedeuten.

Der Stadtwerke-Mann geht von einem Haushalt mit drei Personen aus, der im Jahr 3000 Kilowattstunden (kWh) Strom verbraucht. Dafür wurden im sogenannten Sondertarif für diese Menge bisher 790 Euro pro Jahr fällig. Kühnl errechnet nach dem neuen Preis für die kWh von 50,03 Cent eine Mehrbelastung für den Drei-Personen-Haushalt von 710 Euro im Jahr. Das aber ohne staatliche Gegenmaßnahmen.

Denn die Bundesregierung hat eine sogenannte Strompreisbremse angekündigt. Diese soll noch im Dezember im Bundestag beschlossen werden. Start wäre nach derzeitigem Stand im März 2023.

Reinhard Kühnl geht - nach allem, was er weiß - davon aus, dass für die Berechnung der Bremse 80 Prozent der 2022 in einem Haushalt verbrauchten Strommenge angesetzt werden. Im konkreten Beispiel wären das 2400 kWh. Diese werden mit 40 Cent pro kWh angesetzt, was zwar weit über dem jetzigen Preis von 26,24 Cent liegt, aber auch deutlich unter dem gerade gültigen Marktpreis von mehr als 50 Cent pro kWh.

Für die restlichen 600 kWh würde der mehr am Markt orientierte, ab Januar gültige Preis der Stadtwerke fällig. Aber der lässt sich teilweise durch Stromsparen drücken, so das Kalkül der Bundesregierung.

Möglicherweise verwirrende Abschläge

Nach Kühnls Berechnung "spart" der Beispielhaushalt durch die Strompreisbremse 240 Euro brutto ein. Die Mehrbelastung im kommenden Jahr (gegenüber 2022) würde also von 710 Euro auf 470 Euro sinken. Das macht rund 40 Euro mehr an Belastung im Monat aus. Nach Informationen des Stadtwerke-Mitarbeiters soll der Strompreisdeckel im Dezember im Bundestag und Bundesrat zur Abstimmung stehen.

Die Stromkunden erhalten ihre Jahresabrechnungen von den Stadtwerken voraussichtlich wie üblich Mitte Januar. Ein "böses Erwachen", also massive Nachzahlungen für 2022 werden laut Kühnl eher die Ausnahme bleiben. Denn es gelten ja noch die "alten" Preise.

Erschrecken werden sich allerdings manche wegen der angegebenen Abschläge, die sich ja an den gestiegenen Preisen für 2023 orientierten. Allerdings sinken die voraussichtlich mit der Strompreisbremse. Die Stadtwerke wollen ihre Kunden im Februar oder März noch mal neu über die Situation informieren.

Ähnlich stellt sich die Lage für Gaskunden dar - mit einer Besonderheit. Auch dort steigen bei den Bad Brückenauer Stadtwerken die Preise, von knapp zwölf Cent pro kWh auf mehr als 20 Cent im Vollversorgertarif. Auch dort ist ab März ein Preisdeckel angedacht, aber noch nicht beschlossen. In trockenen Tüchern ist hingegen die "Soforthilfe". Was bedeutet, dass der Staat den Abschlag für Dezember 2022 beim Gas mehr oder weniger übernimmt.

Reinhard Kühnl geht in der Beispielrechnung von einem durchschnittlichen Jahresverbrauch des Drei-Personen-Haushalts von 20.000 kWh aus. Der Haushalt müsste demnach für das nächste Jahr stattliche 2200 Euro mehr zahlen.

Die bereits beschlossene Soforthilfe würde dem Haushalt laut dem Stadtwerke-Mann 140 Euro der vorhergesagten Mehrbelastung ersparen. Sollte die angedachte Gaspreisbremse - wie jetzt vorgeschlagen - schon ab Januar greifen, wäre laut Kühnl eine weitere Entlastung um 1550 Euro möglich. Auf den Beispielhaushalt kämen also "nur noch" Mehrkosten von 530 Euro im Jahr zu, also rund 45 Euro monatlich.

Macht also bei Strom und Gas zusammengerechnet monatlich 95 Euro plus. Auch was die künftigen Gasabschläge angeht, verspricht Kühnl Infopost im Februar oder März.

"Sollten die Bewohner nicht schon am Existenzminimum leben, sollten diese Belastungen für einen Haushalt stemmbar sein", glaubt er. Für gewerbliche Kunden sei die Lage weitaus dramatischer. Sie würden weitaus größere Gasmengen benötigen. Die gestiegenen Preise könnten viele von ihnen kaum oder gar nicht an ihre Kunden weitergeben. Die blieben sonst weg. Das hätten einige Geschäftskunden ihm gespiegelt.

Stabilität durch Festpreise

Auf drastische Preiserhöhungen bei Strom (über die angekündigten hinaus) müssen sich Stadtwerke-Kunden indes unterm Jahr 2023 nicht einstellen, so Geschäftsführer Torsten Zwingmann. Die Energie sei längst zu einem Festpreis eingekauft. Die Menge basiere auf Erfahrungen der Vorjahre.

Diese Einkaufspolitik bringt Stabilität, könnte sich aber nachteilig auswirken: Fällt der Strompreis wieder, profitieren die Kunden nicht davon. Zwingmann glaubt aber nicht, dass das niedrige Preisniveau von vor zwei Jahren wieder erreichen lässt.