Deutsch-amerikanische Taufe in Bad Brückenau

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Gehalten und unterstützt wird Avery von (von links nach rechts) Patenonkel John, Vater Dominik, Mutter Marlene und Patenonkel Frederick. Foto: Stephanie Elm
Gehalten und unterstützt wird Avery von (von links nach rechts) Patenonkel John, Vater Dominik, Mutter Marlene und Patenonkel Frederick.  Foto: Stephanie Elm
Das Taufwasser aus einer "Erdhalbkugel" war für Avery sehr interessant. Die Taufe empfing er wahrhaft im Kreise seiner deutsch-amerikanischen Großfamilie. Foto: Stephanue Elm
Das Taufwasser aus einer "Erdhalbkugel" war für Avery sehr interessant. Die Taufe empfing er wahrhaft im Kreise seiner deutsch-amerikanischen Großfamilie.  Foto: Stephanue Elm
 

Sie spielten in Brückenau im Sandkasten und wohnten in den USA nur wenige Minuten auseinander, ehe sie sich wiederfanden und heirateten. Nun ließen die Towers ihren Sohn in der alten Heimat taufen.

Avery Bernhard Towers hat 8383 Kilometer zurückgelegt, um das Sakrament der Taufe zu empfangen. Der kleine freundliche zehn Monate alte US-Amerikaner ist am Sonntag in der Christuskirche ein Mitglied der evangelischen Kirche geworden. Avery lebt mit seinen Eltern Marlene und Dominik in Stevenson im Bundesstaat Washington, zirka vier Stunden südlich von Seattle. Ursprünglich kommen die Eltern aus Bad Brückenau.

Glaube ist für die Eltern sehr wichtig. Marlene war bereits vor 30 Jahren in der Christuskirche getauft worden. Dominik wurde katholisch getauft, und ist in den USA zur Freikirche übergetreten. In dieser gibt es viele verschiedene Tendenzen, aber: "Es ist alles dasselbe - christlich", erklärt der 32-jährige Finanzexperte. Die Konfession ist nicht entscheidend, entscheidend ist: "In meinem Herz ist es gut."

Auch Marlene lebt im Alltag ein religiöses Leben: "Wir beten und wir haben viele gläubige Freunde." Wichtig ist dem Paar, dass sie ihrem Sohn allgemein christliche und menschliche Werte mit auf den Weg geben. "Er soll lernen, jeden zu respektieren und zu akzeptieren, wie er ist. Er soll Ehrlichkeit und Freundlichkeit lernen. Wenn er älter ist, soll er ein guter Mann mit Verantwortungsbewusstsein werden." Marlene, die bis zur Geburt von Avery als Lehrerin für autistische Kinder gearbeitet hat, möchte ihrem Sohn schon früh Bildung mitgeben. "Wenn er drei ist, richte ich ihm ein kleines Schulzimmer bei uns ein und zeige ihm schon ein bisschen Schreiben und Lesen", plant die 31-Jährige. Obwohl sie selbst ihre ganze Schulzeit in den USA verbracht hat, ist sie vom deutschen Schulsystem überzeugt. "In Deutschland ist die Schule besser." Und Dominik ergänzt: "Man muss in Deutschland härter arbeiten - that feels good." Marlene fühlt sich mit ihrer doppelten Staatsbürgerschaft doppelt begünstigt: "Ich lebe gerne in den USA. Aber wenn ich in Brückenau bin, fühle ich mich wie eine Brückenauerin." Und: "Ich bin stolz, halb Deutsche zu sein."

Unterstützung vom Paten

Bei aller behüteten und religiösen Erziehung - dass die USA ein Land mit vielen gewaltsamen Einflüssen ist, ist beiden bewusst. Avery vor negativen Einwirkungen zu bewahren, ist jedoch nicht das Ziel der Eltern. "Er muss es selber lernen", ist Vater Dominik überzeugt. Die Eltern hoffen, dass Avery das Vertrauen entwickelt und ihnen alles erzählt, damit sie ihn unterstützen können.

Sein Pate John, der nur eine Stunde von seinem Patenkind entfernt wohnt, hat bereits ein Sparbuch für Avery angelegt und wird ihm Unterstützung anbieten, sei es, ob bei der College-Wahl oder religiösen Fragen. Er möchte, dass "Avery ein liebevolles Heim hat, was auch immer kommen mag". Frederick Grote, Marlenes Großonkel, ist Averys deutscher Patenonkel. Für die Familie da zu sein, ist für ihn "eine Selbstverständlichkeit", das bisschen Internationalität soll da nicht im Weg stehen.

Der Wunsch, Avery in Bad Brückenau taufen zu lassen, hat mehrere Gründe. In den USA können Eltern nicht anstelle ihres Kindes die Taufe erbitten. Das muss jeder aus eigenem Willen für sich entscheiden. Die Eltern wollen, dass Avery von Anfang an mit in der Kirche dabei ist. Außerdem soll für den Fall der Fälle, dass den Eltern etwas zustoßen sollte, Averys Pate John ihn bei sich aufnehmen. Und: "Bei unserer Hochzeit waren unsere Familien nicht dabei gewesen. Bei der Taufe wollten wir unbedingt eine Familienfeier."

Mütter in Brückenau befreundet

Warum sich zwei Brückenauer in Seattle treffen, ist eine lustige Geschichte, wie sie das Leben manchmal schreibt. Marlene und Dominik kannten sich bereits in Brückenau, ihre Mütter waren befreundet. Laut Erzählungen von Josie, Marlenes Mutter, bestand Marlene schon als Vierjährige darauf, dass Dominik ihre Hand hielt, lehnte ihn jedoch als "boyfriend" ab. Unabhängig voneinander verschlug es die beiden Familien in die USA. Nachdem Dominiks Vater Shawn, der in der Army in Wildflecken stationiert war, 1992 abgezogen wurde, zog die Familie nach Seattle. Josie zog mit ihrem damaligen Mann und Marlene 1993 ebenfalls dorthin. Doch hatten sich die beiden befreundeten Mütter vorher bereits aus den Augen verloren. Ein Jahr lebten die Sharps und die Towers in Seattle, ohne, dass die einen von den anderen wussten. Dominiks Familie zog dann nach Kalifornien, Dominik nach der Zeit bei der Army wieder zurück nach Seattle.

Über Facebook wiedergefunden

Inzwischen hatte Uli, Dominiks Mutter, Josie über Facebook wiedergefunden und in Washington besucht. Die beiden staunten nicht schlecht, als sie erfuhren, dass ihre beiden Kinder in Seattle lebten. "Dominik und Marlene wussten nichts voneinander, obwohl sie nur 20 Minuten voneinander entfernt lebten." Josie erzählt weiter: "Und dann waren beide so allein, und dann haben wir sie verkuppelt." Auf die Familie kann man sich verlassen! "The power of the Sandkastenliebe ist sehr wichtig und intensiv", sagte Pfarrer Gerd Kirchner.

"Taufe der Verbindung"

Averys Taufe sei eine "Taufe der Verbindung" - zwischen Mann und Frau und zwischen den USA und Deutschland. Die räumliche Entfernung der beiden Familien demonstrierte er an einer Plastikhalbkugel, die er kurz darauf als Taufbecken umfunktionierte. In diese legten alle Gäste kleine Muggelsteine, die ihre Wünsche für Avery darstellen sollen.

Die Taufe selbst erfuhr Avery im Kreise seiner deutsch-amerikanischen Großfamilie, die ihn - wie seine Eltern - hält und unterstützt.