Clown macht Nachwuchs auf dem Volkersberg Mut

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Wohl gebettet: Dem Nachwuchs wird auf dem Volkersberg Stärke - symbolisch hier Anton Statt auf einem Nagelbrett - vermittelt. Foto: Stephanie Elm
Wohl gebettet: Dem Nachwuchs wird auf dem Volkersberg Stärke - symbolisch hier Anton Statt auf einem Nagelbrett - vermittelt. Foto: Stephanie Elm
Lui Böhler als Clown. Foto: Stephanie Elm
Lui Böhler als Clown. Foto: Stephanie Elm
 
Der Nachwuchs erfährt, dass man von der Gruppe getragen wird. Foto: Stephanie Elm
Der Nachwuchs erfährt, dass man von der Gruppe getragen wird. Foto: Stephanie Elm
 
Herausfinden, was in einem steckt. Foto: Stephanie Elm
Herausfinden, was in einem steckt. Foto: Stephanie Elm
 
Lui A. Böhler schlüpft nicht nur in die Rolle des Clowns, er IST der Clown. Foto: Stephanie Elm
Lui A. Böhler schlüpft nicht nur in die Rolle des Clowns, er IST der Clown. Foto: Stephanie Elm
 

Lui Böhler ist Clown auf dem Volkersberg. Intuition und Spontaneität sind sein Markenzeichen. Auch vermittelt er den Kindern Stärke. Diese zeigen sie dann bei den Vorstellungen.

Die Leichtigkeit des Clown-Seins ist ernste Arbeit. Rein technisch gesehen muss ein Clown natürlich die fundamentalen Clowntechniken beherrschen: Jonglieren, Kopfstand und Salto, Mimik.... Das reicht Lui A. Böhler bei weitem nicht: "Bei mir ist vieles intuitiv - alles aus dem Bauch heraus." Ohne Intuition und Spontaneität könnte Lui nicht Clown sein.

"Meine Arbeit lebt mit dem Publikum und vom Publikum. Ich kann nicht einfach den trockenen Text runterrasseln." Was im Publikum und der Umwelt passiert, nimmt der 45-Jährige in seine Performance auf: "Ich brauche Stimmung in der Bude." Lui will das Publikum mitnehmen und keinesfalls bloß "bespaßen". Sobald die Clownsmontur übergezogen und die rote Nase aufgesetzt ist, ist Lui nicht nur in die Rolle des Clowns geschlüpft, er ist der Clown, von der Glatze bis zur Schuhspitze.
Der Clown will das Publikum aus dem Alltag rausholen und die Sorgen vergessen lassen. Das Publikum gehe gerade deshalb in den Zirkus - genauso wie ins Kino. "Das ist der Sinn und Zweck des Clowns", betont Böhler. So ungern man das hört, aber dies geschieht über Schadenfreude. Ganz banale Dinge bringen uns zum Lachen: Das Stolpern über die eigenen Füße, mit Wasser bespritzt werden - solange es dem Clown passiert.
Dabei ist das alles andere als "Rumblödeln". "Die Ernsthaftigkeit des Clowns" ist Lui Böhler sehr wichtig. "Wenn der Clown lacht, heißt das noch lange nicht, dass das Publikum lacht." Der Charakter des dummen August ist die Clownfigur, die Lui gerne verkörpert. "August ist witzig, flegelhaft, kriegt nichts auf die Reihe, er kennt keine Hemmungen und keine Grenzen, das alles, weil er es nicht besser kann." Diese Eigenschaften erinnern an etwas Kindliches, etwas, dass unerzogen und ursprünglich ist. Diese kindliche Leichtigkeit "hätten viele Menschen gerne".

Soziologe und Psychologe

Außer einer großen Portion Kind stecken im Clown ein Soziologe und Psychologe. "Ein Clown guckt, was in der Gesellschaft passiert." Manchmal analysiert er es, manchmal nimmt er auch die Angst davor. Der Clown im Krankenhaus oder im Heim ist für Lui wichtig, denn Lachen ist gesund. Er war einmal als Clown auf einer Kinderkrebsstation. Eine Krankenschwester hat ihm erzählt, dass ein Kind nach seinem Besuch zum ersten Mal nach vier Wochen wieder gesprochen hat. "Das hat mich tief beeindruckt."

Auch auf dem Volkersberg bekommt Lui im Zirkus Schnipp positive Reaktionen. Lehrer, die mit ihren Klassen regelmäßig eine Woche buchen, berichten. Die Schulleistungen werden besser, das Selbstbewusstsein steigt, die Klassengemeinschaft wird gefestigt. Die Vorstellung am Ende der Vorbereitungswoche ist laut Lui "nur Nebenprodukt". Was in den fünf Tagen wirklich mitgegeben wird, ist ein Sinn für "Miteinander". Bei der Wahl des Themas, beim Training und bei der Erstellung der Dekoration gilt es einerseits mitzubestimmen, aber auch Kompromisse zu schließen. Lui Böhler: "Zirkus ist ein großes Miteinander. Das Team funktioniert nur, wenn die Gruppe trägt." Die Erfahrung zu machen, dass man gemeinsam etwas erreichen kann, sei für Kinder extrem wichtig. Lui sieht immer wieder leuchtende Kinderaugen, die das beeindruckende Gefühl, das der Zirkus verleiht, zurückgeben. "Nach einer Woche sind wir wie eine Familie", erzählt Lui. An eine Kinderreaktion erinnert er sich besonders.

Kind bedankt sich

Ein Jahr, nachdem ein Kind, "das mich echt gefordert hat", die Zirkusvorbereitung gemacht hatte, kam es zur Vorstellung seines Bruders und sagte zu Lui: "Weißt du noch, wie ich mich aufgeführt habe? Jetzt bin ich ganz anders und möchte dir mal ,Danke‘ sagen." Lui Böhler ist überzeugt: "In jedem Kind stecken Möglichkeiten, und Kinder brauchen Chancen, sich zu entwickeln und sich zu ändern."

Ehrenamtlich

Lui Böhler arbeitet seit 2006 im Zirkus Schnipp eng mit einem Team aus 30 Zirkustrainern zusammen. Alle sind auf dem Volkersberg in Technik, Sicherheit und Pädagogik ausgebildet worden und arbeiten ehrenamtlich. Das Zirkusprojekt wird für Schulklassen angeboten sowie Jugendgruppen und Erwachsene jeden Alters. Ersten Kontakt hatte Lui bei Zirkusfreizeiten, und: "Ich konnt a weng jonglieren." Dann bildete er sich autodidaktisch weiter. Während des Zivildienstes machte er die Ausbildung zum professionellen Clown und Feuerfakir. Mit 24 Jahren traf Lui, damals hauptberuflich Gas-Wasser-Installateur, die Entscheidung, sich als Clown selbständig zu machen. Das Zirkusfieber hatte ihn gepackt, das er nun versucht, weiterzugeben. Im Laufe der Jahre entstanden verschiedene Zirkusprojekte. 1993 gründete Lui Zirkus Blamage, fünf Jahre später Zirkus Mumm. Im Zirkus Wirbelwind ist er künstlerischer Leiter, genauso wie im Zirkus Schnipp.

Geschichte des Clowns Der Clown war immer ein "Artist, dessen primäre Kunst es ist, Menschen zum Lachen zu bringen". Der Begriff kommt aus dem lateinischen "colonus" oder altnordischen "klunni", was in beiden Fällen "Bauerntölpel" bedeutet. Bereits in der indischen Mythologie wird von einem Clown berichtet, später - im 16. Jahrhundert - unterhielten Clowns Theaterzuschauer in den Pausen. Im 19. Jahrhundert entwickelten sich die Clowntechniken, derer sich auch heute die Clowns bedienen. Die Zirkusmanege als bevorzugter Darbietungsort setzt sich durch. In der Moderne sind im Zirkus hauptsächlich die Clownstypen der "Weißclown" (weiß geschminktes Gesicht, seriös und intelligent), der "dumme August" (tölpelhaft) und der "Sprechstallmeister" oder "Ringmaster" (Zirkusdirektor) zu sehen. Quelle: Wikipedia

Statistisches Auf dem Vol kers berg finden von Ende März bis Anfang November zirka 20 Zirkusvorstellungen statt, darunter drei Vorstellungen in Ferienfreizeiten. Mehr als 900 Kinder und Jugendliche im Alter von neun bis 17 Jahren nehmen an Zirkusprojekten teil.

Nachhaltige Wirkung Das Haus Volkersberg erreichen nach den Vorbereitungswochen viele Briefe, Plakate und Dankeskarten, aus denen ersichtlich wird, wie nachhaltig die Wirkung der fünf Tage im Zirkus Schnipp sind. Hier einige Auszüge aus Briefen von Schülern: "Seit wir auf dem Drahtseil waren, trauen wir uns viel mehr zu." - "Ihr habt uns und wir haben uns gegenseitig verstanden." Auch Lehrer berichten von positiven Veränderungen in der Klasse: "Das gemeinsame Erlebnis der Aufführung vor dem Publikum, der Jubel der Eltern und Verwandten trugen ungeheuer zum Selbstbewusstsein der Schüler bei und ließen diese Woche lange nachklingen." - "Jeder findet etwas, was er kann, und womit er sich in den Dienst der Gruppe stellen kann und dafür Anerkennung erhält." - "Auch uns Lehrkräften ermöglicht dieses Projekt eine neue Sicht auf unsere Kinder." Zuschauer geben ebenfalls Rückmeldungen: "An der Vorstellung hat mich vor allem die Ernsthaftigkeit der Kinder und die Art der Anleitung durch Ihre Mitarbeiter beeindruckt!"